Schnitzer-Aus und Lamm-Tod: Farfus wird emotional
Augusto Farfus mit Charly Lamm
In der heutigen Zeit können sich Journalisten glücklich schätzen, wenn sie einen Fahrer in Ruhe und entspannt interviewen können. Aber wir haben vor allem auch dann Glück, wenn der Fahrer reden und sich erklären will, Details preisgibt und tiefe Gedanken und Eindrücke teilt. Wenn nicht das übliche PR-Blabla dabei herauskommt, sondern gehaltvolle Dinge, ehrliche Worte.
Augusto Farfus gehört in die Kategorie Fahrer, die das sagen, was sie denken. Als SPEEDWEEK.com zum zweiten Lauf der Saison 2021 der PURE ETCR ins Motorland Aragon reiste, konnten wir mit ihm über viele Themen sprechen, unter anderem auch über das unglückliche Ende des Teams Schnitzer und den tragischen Tod seines Mentors Charly Lamm.
Schnitzer-Teamchef Charly Lamm ging Ende 2018 in den Ruhestand und verstarb plötzlich und unerwartet im Januar 2019. Dann kam Corona und viele Hersteller «richteten sich neu aus», wie es auch heute noch so schön heißt. Und das ohne Rücksicht auf Verluste oder Traditionen. BMW war einer der Hersteller und beendete die Partnerschaft mit Schnitzer Ende 2020 nach mehr als 50 Jahren. Die bittere Folge: Schnitzer Motorsport wird abgewickelt, was den Verlust von jahrzehntelangem Erfolg, Geschichte und Tradition bedeutet.
Als wir den früheren WTCC- und DTM-Fahrer Farfus darauf ansprechen, ist er den Tränen nahe, gibt aber einen tiefen Einblick in seine Gefühlswelt.
«Es ist sehr schwer für mich, darüber zu sprechen. Ich hatte eine ganz besondere Beziehung zu Charly Lamm. Er war der beste Mensch, den ich je in meinem Leben kennengelernt habe. Wann immer wir zusammenkamen, hat er sich immer sehr um mich gekümmert. Die Art und Weise, wie er beim letzten Rennen, das ich 2018 für Schnitzer in Macau gefahren bin, gearbeitet hat, war fantastisch. Von Minute 1 an, wie das Rennen lief, das Ergebnis [Farfus gewann das Qualifikationsrennen mit der schnellsten Runde und das Finale der GT3-Kategorie] und so weiter, es gab keinen besseren Weg, seine Karriere zu beenden: auf dem Podium, als Sieger.
Es gab viele unvergessliche Momente, in denen Charly und ich zusammen waren. Zum Beispiel, als wir das letzte Mal zusammen waren, nach Macau 2018. Am Flughafen gingen wir Essen und der Kellner fragte ihn, was er wolle, und dann fragte er: 'Und für Ihren Sohn?', weil er dachte, ich sei Charlys Sohn, und wir sahen uns an und fingen an zu lachen.
Das ist das Bild, das ich von Charly habe, das eines positiven Mannes. Und zu sehen, wie Schnitzer, das ich für das größte Team in der Geschichte des Motorsports halte, von der Bühne verschwindet, das tut sehr weh.
Ich möchte nicht Details gehen, warum das Team nicht weitergeführt wird, weil es sehr komplex ist, und ich möchte auch nicht wütend werden, aber nur damit man mich versteht: Heutzutage sind 80 oder 90 Prozent der Rennwagen, die man im BMW-Museum sehen kann, nicht die von Schnitzer, sondern die von Charly Lamm. Er war für ihre Entstehung und Entwicklung verantwortlich.
Aber sein Engagement ging darüber hinaus. Man konnte ihn am Sonntag um Mitternacht anrufen und er würde zwei Stunden mit einem reden, wenn es nötig wäre.