Mercedes: Vom DTM-Einstieg bis zu den ersten Titeln
Mercedes 1990 in der DTM
Im August 1983 ist der neue 190 E 2.3-16 zu seinen Weltrekordfahrten in Nardò unterwegs. Zu dieser Zeit hat Mercedes-Benz die Arbeit an einer Rallye-Version des W 201 aufgegeben und konzentriert sich nun darauf, die Kompaktklasse als Rennsportwagen für die Rundstrecke aufzubauen. Bereits 1984 zeichnet sich die mit diesem Fahrzeug mögliche Rückkehr von Mercedes-Benz in den internationalen Motorsport ab: Für das offizielle Eröffnungsrennen des neuen Nürburgrings am 12. Mai 1984 stellt Daimler-Benz 20 identische Fahrzeuge des Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 bereit.
Das neue, betont sportliche Modell der Kompaktklasse hat wenige Tage zuvor auf dem neu gestalteten Kurs seine Presse-Fahrvorstellung absolviert. Am Start sind 20 ehemalige Nürburgring-Sieger, die entweder beim Großen Preis von Deutschland oder beim 1.000-Kilometer-Rennen Erfolge für sich erzielt haben – darunter Jack Brabham, Hans Herrmann, Phil Hill, Denis Hulme, James Hunt, Alan Jones, Niki Lauda, Klaus Ludwig, Stirling Moss, Alain Prost, Keke Rosberg, Jody Scheckter, Ayrton Senna und John Surtees.
Die Fahrer, deren Liste sich wie ein «Who’s Who des Motorsports» liest, steuern je einen der in technischer und optischer Hinsicht weitgehend seriennahen 190 E 2.3-16 um den neuen Kurs. Augenfälligster Unterschied zum reinrassigen Serienfahrzeug ist der eingebaute Überrollkäfig. Sieger des Eröffnungsrennens wird der damals 24-jährige Ayrton Senna, der sich bereits als großes Nachwuchstalent der Formel 1 einen Namen gemacht hat.
1985 erhält der 190 E 2.3-16 die Homologation («Übereinstimmung»: festgelegtes Reglement, wonach ein Fahrzeug für Rennwettbewerbe in bestimmter Mindeststückzahl gebaut sein muss, um in eine bestimmte Wettbewerbskategorie eingestuft zu werden) für die Rennen der Gruppen A und N. Besonders wichtig für Mercedes-Benz wird dabei die internationale Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft. Mit dem bis zu 220 kW (300 PS) starken 190 E 2.3-16 nehmen zunächst 1986 einige Privatteams, darunter auch AMG, in der Gruppe-A-Meisterschaft teil. Mit dem Rennsport-Tourenwagen, dessen 16-Ventil-Motor von AMG präpariert wird, sichert sich Volker Weidler 1986 auf Anhieb den Vizetitel. 1988 treten dann gleich fünf Mannschaften mit Werksunterstützung von Mercedes-Benz in der DTM an. Roland Asch holt den 2. Platz der Gesamtwertung dieser Saison mit dem 190 E 2.3-16 Gruppe A. Diese Saison markiert endgültig den Wiedereinstieg von Mercedes-Benz in den Rennsport – denn gleichzeitig engagieren sich die Stuttgarter auch in der Gruppe C offiziell als Werksteam.
Auf Basis des Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 entsteht 1989 der 190 E 2.5-16 Evolution als eine neue Variante, die auf ihren Einsatz in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft ausgerichtet ist. Der Name des Wagens verrät, dass unter der Haube nun ein neuer Motor arbeitet: Der 2,5-Liter-Sechzehnventiler leistet bis zu 250 kW (340 PS). Um auf das vom Reglement vorgeschriebene Gewicht von 1.040 Kilogramm zu kommen, entfernen die Ingenieure nahezu die komplette Innenausstattung, außerdem kommt bei vielen Karosserieteilen – zum Beispiel Motorhaube, Kofferraumdeckel und Spoiler – der Werkstoff Kevlar® als extrem reiß- und zugfeste Kunstfaser für hohe Belastungen zum Einsatz.
1990 folgt der AMG Mercedes Rennsport-Tourenwagen 190 E 2.5-16 Evolution II, dessen Motor nun 274 kW (373 PS) leistet. Die Arbeiten an dem Wettbewerbsfahrzeug beginnen schon im August 1989. Um das Fahrzeug zu homologieren, muss Mercedes-Benz mindestens 500 Exemplare des Typs bauen, im Mai 1990 verlassen die letzten der 502 produzierten Wagen die Bänder im Werk Bremen. Danach übernimmt AMG die weitere Optimierung und Ausstattung des Rennsportwagens. Sein Renn-Debüt gibt der Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 Evolution II am 16. Juni 1990 auf der Nordschleife des Nürburgrings. Seit dem DTM-Finallauf am 15. Oktober 1990 auf dem Hockenheimring sind alle vom Werk unterstützen Teams auf Evo-II-Stand.
Die ersten Titel
In vielen spannenden Rennen gegen die Konkurrenz von Audi, BMW und Opel sind die schnellen Mercedes-Benz Tourenwagen immer häufiger erfolgreich, was sich auch bald in Titeln auszahlt: In der Saison 1991 wird Klaus Ludwig Vizemeister auf Mercedes-Benz, und die Stuttgarter werden erstmals Markenmeister der DTM. 1992 holt Ludwig dann den Meistertitel zusammen mit der Markenmeisterschaft, Kurt Thiim auf Platz 2 und Bernd Schneider auf Platz 3 machen den dreifachen Triumph perfekt. Roland Asch holt mit dem Boliden der Klasse 1 im Jahr 1993 den Vizetitel der Fahrerwertung, gefolgt von Bernd Schneider, auch die Markenmeisterschaft geht an Mercedes-Benz. Mit insgesamt 52 Siegen beenden die Evo-Modelle Ende 1993 ihre Rennsportkarriere. Ihnen folgt ab der Saison 1994 die Mercedes-Benz C-Klasse, die zum erfolgreichsten DTM-Fahrzeug aller Zeit werden wird.
Im April 1994 gewinnt Mercedes-Benz erstmals mit dem neuen Rennsport-Tourenwagen auf Basis der C-Klasse in der DTM. Der 2,5-Liter-Sechszylinder ist vom Triebwerk des Typs E 420 abgeleitet und entwickelt in der Rennversion mehr als 294 kW (400 PS). Mit dem Wagen, unter dessen Karosserie sich reine Renntechnik verbirgt, gewinnt Klaus Ludwig die Fahrerwertung der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft 1994, gefolgt von Teamkollege Jörg van Ommen. Den Markentitel gewinnt Mercedes-Benz zum vierten Mal in Folge.
Die kurze Zeit der ITC
1995 erhält die DTM eine Schwesterserie, die International Touring Car Championship (ITC). Mercedes-Benz tritt in diesem Jahr mit einem weiterentwickelten Tourenwagen an, dessen Fahrersitz nun weiter nach hinten und zur Wagenmitte hin platziert ist, was dem Fahrer mehr Sicherheit bringt. Die selbsttragende Karosserie mit dem integrierten Überrollkäfig ist ein integrales Gebilde, das in dieser Generation des Rennsport-Tourenwagens eine um bis zu 300 Prozent höhere Steifigkeit als frühere Konstruktionen erreicht. Bernd Schneider gewinnt die DTM und ITC 1995 überlegen, in beiden Serien sichert sich Mercedes-Benz auch die Markenwertung.