DTM im TV: Erst Aufschwung, dann Absturz
Quotenabsturz der DTM
Die Meinungen gingen ein wenig auseinander. 1,29 Millionen Fans: Die Verlegung der Übertragung des ersten Rennens auf dem Lausitzring in die Abendstunden, gekoppelt an das DFB-Pokalfinale, hatte sich ausgezahlt. Seit dem Comeback von BMW in der DTM war das der beste Samstagswert, daneben waren 200.000 Zuschauer mehr dabei als in der vergangenen Saison im Gesamtschnitt (1,09).
«Das ist sicherlich für einen Samstag ein sehr gutes Ergebnis. Damit hat sich für mich der Schritt, in dieses Zeitfenster zu gehen, grundsätzlich schon bewährt», sagte Audis DTM-Leiter Dieter Gass SPEEDWEEK.com. Timo Scheider meinte hingegen: «Wenn es nur 1,3 Millionen waren, dann ist das vielleicht nicht die Zahl, die man sich erhofft hat, gerade so kurz vor dem Pokalfinale.»
So oder so: Für die DTM sind die TV-Quoten in dieser Saison wichtig. Sehr wichtig. Noch wichtiger als sowieso schon, denn der Vertrag mit der ARD läuft nach dieser Saison aus. Und Verhandlungen über eine Verlängerung gibt es derzeit nicht, bestätigte DTM-Chef Hans Werner Aufrecht. «Wir haben vereinbart, dass wir erst abwarten, wie das neue Format angenommen wird», sagte Aufrecht «spox.com». Deshalb setzen die Verantwortlichen sehr auf die Verlegung einiger Samstagsrennen in den späten Nachmittag oder Abend und hofften am vergangenen Samstag vor allem auf das Zugpferd «König Fußball». Klar: Bei zwölf Millionen Zuschauern ab 20 Uhr hätte man ab 18 Uhr tatsächlich auf ein wenig mehr als 1,3 Millionen hoffen können.
Trotzdem sprach der Trend eigentlich für die DTM. 0,71 Millionen beim ersten Rennen, danach 1,21 Millionen beim zweiten Lauf in Hockenheim, schließlich 1,29 Millionen vor dem Pokalfinale. Doch am Sonntag, beim vierten Lauf, folgte der böse Absturz. Denn das zweite Rennen des Wochenendes verfolgten nur noch 0,82 Millionen Zuschauer, der Marktanteil lag bei enttäuschenden 6,6 Prozent.
Ein herber Rückschlag, keine Frage. Zum Vergleich: Das letztjährige Rennen auf dem Lausitzring – allerdings im September – sahen 1,13 Millionen. Der Tiefstwert 2014 lag bei 0,83 Millionen, beim vorletzten Rennen in Zandvoort. Da war der Titelkampf allerdings auch längst entschieden. Vor dem vorzeitigen Titelgewinn von Marco Wittmann war die Quote am Sonntag stets über der Millionen-Marke geblieben.
Wie sind die extremen Schwankungen zu erklären? An einer plausiblen Erklärung beißt sich aufgrund der zahlreichen Komponenten und Einflüsse nicht nur die DTM die Zähne aus. Aus sportlicher Sicht dürfte das Interesse am Sonntagsrennen durch die Dominanz von Audi, die am Ende einen Vier- und Fünffach-Triumph gefeiert hatten, gedämpft worden sein. Einfluss auf das Zuschauerverhalten dürfte aber vor allem der im Gegensatz zum Saisonauftakt geringere Unterhaltungsfaktor gespielt haben.
«Spannend ist anders», hatte es BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt auf den Punkt gebracht. «Es ist schwierig, hier zu überholen. Klar können wir uns mehr Überholmanöver wünschen. Aber wir haben nun einmal die Charaktere unseres Autos. Das werden wir nicht ändern», sagte Scheider. Auch das DRS verpuffte oft wirkungslos, da das Feld teilweise eng beisammen lag und so fast jeder die Überholhilfe nutzen konnte. Immerhin hatte sich die Audi-Armada auch untereinander bekämpft und fuhr nicht nur brav hintereinander her.
«Ich muss natürlich ein bisschen durch die Audi-Brille schauen. Ich fühlte mich gut unterhalten und unsere Fahrer haben sich auch durchaus gegenseitig überholt. Dass das Publikum die Marken enger gegeneinander kämpfen sehen möchte, das kann ich nachvollziehen. Aber wir müssen uns für unser Ergebnis nicht entschuldigen», sagte Gass.
Für Scheider ist es vor allem wichtig, dass nicht gleich wieder gejammert oder kritisiert wird. Denn im Gegensatz zu anderen Rennserien wie zum Beispiel der Formel 1, die bei RTL 2014 im Schnitt eine Million Fans verloren hatte, hielt sich der Verlust in der DTM, wenngleich auch auf niedrigerem Grundniveau, in Grenzen. Und im Grunde ist man bei den Quoten 0,71/1,21/1,29/0,82 genauso schlau wie vorher, wo die Reise denn nun hingeht, auch wenn der aktuelle Trend nach unten zeigt. Denn im Schnitt saßen bei den ersten vier Rennen gut eine Million Fans vor dem TV. Und einem neuen Format sollte man auf jeden Fall mehr Zeit als zwei Rennwochenenden geben.
«Ich glaube, dass der Weg, den wir gehen, nach wie vor der richtige ist», sagte Scheider: «Mit den Mitteln, die wir aktuell haben, machen wir für den Fan momentan alles richtig.» Und eigentlich wollte Scheider ja nicht meckern, doch eine Großzahl der Piloten trauert dem abgeschafften Optionsreifen immer noch hinterher. «Dass man das anders entschieden hat, hat bei den Fahrern natürlich schon ein bisschen für Zähneknirschen gesorgt. Wir haben den Standardreifen und den müssen wir nutzen. Und momentan gelingt den Audis das am besten und das ist das Schöne an der Sache. Was die Spannung betrifft, ist noch viel Potenzial da», so Scheider.
Für den zweimaligen Meister ist aber auch klar, dass der späte Sendetermin grundsätzlich von Vorteil ist. Denn ganz unabhängig vom Unterhaltungsfaktor sitzen viele Menschen Samstag- oder Sonntagnachmittag schlicht nicht mehr vor dem Fernseher. «Dass die spätere Uhrzeit ein Vorteil ist, ist so. Ich habe auch nichts gegen ein Nachtrennen oder auch mal um 20.15 Uhr zur Prime Time fahren. Die ARD soll uns ruhig mal eine Zeit geben», sagte Scheider. Spätere Startzeiten gibt es in dieser Saison am Samstag noch auf dem Norisring, in Zandvoort und in Spielberg. Die Prime Time ist allerdings nicht dabei.