Erzbergrodeo: Lettenbichler schreibt Geschichte
Nach 35 km und 27 Checkpoints erreichten lediglich 8 von 500 Startern das Ziel bei der 28. Ausgabe des weltweit prestigeträchtigsten Hard Enduro Rennens in der Steiermark in Österreich. Der Kiefersfeldener Manuel Lettenbichler katapultierte seine KTM in einer atemberaubenden Zeit über die Ziellinie und liess seinen Verfolgern auch am «Iron Giant» nicht den Hauch einer Chance. Mit dem nunmehr 10. WM-Sieg in Folge schreibt er darüber hinaus Motorsport-Geschichte.
Der Deutsche Chris Gundermann holte sich beim Start aus dem Kessel heraus den Holeshot und führte das Rennen bis kurz vor dem ersten Checkpoint, genannt Wasserleitung, an. In der Auffahrt dorthin überholte ihn Lettenbichler jedoch und setzte sich im weiteren Verlauf des Rennens von den Verfolgern ab.
Beim 4. von 27 Checkpoints hatte der Dominator des Hard Enduro bereits 30 Sekunden Vorsprung vor Jonny Walker (GB, Beta), der das Erzbergrodeo bereits dreimal gewonnen hat. Nachdem Lettenbichler dann bei Checkpoint 6 kurz hinter Teodor Kabakchiev (Sherco) und Will Hoare (Rieju) zurückgefallen war, lag er nach zwei weiteren Kontrollpunkte jedoch wieder vorne und gab von da an die Führung nicht mehr aus der Hand.
Gut 30 Minuten nach Start erreichte die Führungsgruppe dann die Sektion «Carl’s Dinner Light», in der «Letti» Tempo machte und gut fünf Minuten auf den Kanadier Trystan Hart herausfahren konnte. Der Kiefersfeldener baute den Vorsprung in den folgenden Sektionen kontinuierlich aus und der Sieg war zu keinem Zeitpunkt mehr gefährdet. Insbesondere in den technisch extrem anspruchsvollen Sektionen im Wald zeigte Lettenbichler seine Extraklasse und meisterte eine kritische Stelle nach der anderen meisterhaft.
Bemerkenswert ist, dass auch in diesem Jahr keinerlei Streckenbesichtigung erlaubt war und somit insbesondere die neueren Sektionen von den Fahrern alles abverlangten. Gefragt war hier die schnelle Wahl der richtigen Linien und die Fahrer mit Trial-Hintergrund waren durch ihre Erfahrung in den technisch anspruchsvollen Passagen immer wieder im Vorteil.
Hinter Lettenbichler blieb es bis zum Schluss spannend. Trystan Hart hatte einen denkbar schlechten Start erwischt, stürzte in der ersten Kehre und hatte dann die 49 anderen Teilnehmer der ersten Reihe vor sich. Doch der Kanadier liess sich davon nicht entmutigen, überholte in den schwierigen und engen Passagen einen Gegner nach dem anderen und pilotierte seine KTM in einem wahren Kraftakt noch auf den zweiten Platz.
Hinter Hart kämpften Mario Roman (Sherco) und die Legende Graham Jarvis um den verbleibenden Platz auf dem Podium. In der Sektion «Motorex Highway» blieben beide in einer Auffahrt hängen und halfen sich gegenseitig. Hier zeigte sich wieder die Kameradschaft, die den Sport des Hard Enduro so besonders und wertvoll macht, da sich selbst die Top-Fahrer immer wieder gegenseitig in kritischen Rennsituationen helfen.
Mario Roman zollte dem mittlerweile 49-jährigen Jarvis beim Interview im Ziel allen Respekt. Noch beim Zielinterview teile Jarvis, der das Erzbergrodeo bereits fünfmal gewinnen konnte, unter frenetischem Beifall der Fans mit, dass er im nächsten Jahr und im «biblischen» Alter von 50 einen weiteren Versucht unternehmen wird. Die Leistung des auch «Silent Assassin» genannten Ausnahmefahrers ist nicht hoch genug zu bewerten, denn mit 49 als Vierter ins Ziel zu kommen und Fahrer, die nicht einmal halb so alt sind, hinter sich zu lassen, ist wohl einzigartig.
Der Sherco-Werksfahrer Teo Kabakchiev, der eigentlich als 6. ins Ziel kam, wurde nach dem Rennen wegen dem Auslassen des Checkpoints 5 zusammen mit Will Hoare (Rieju) und Marc Fernandez (KTM) nur bis Checkpoint 4 gewertet und verliert somit wertvolle WM-Punkte.
Mitch Brightmore schaffte es als Achter innerhalb der 4 Stunden Renndauer ins Ziel und war somit bester Fahrer der Junioren-WM-Wertung.
Manuel Lettenbichler erklärte: «Ich bin wirklich müde jetzt, es war so ein verrücktes Rennen. Als ich in einige neue Sektionen reinfuhr, dachte ich mir: ‚Seid ihr verrückt geworden?‘ Aber sie haben hier mit der Strecke dieses Jahr einen guten Job gemacht und irgendwie habe ich doch immer die richtigen Linien gefunden. Den dritten Sieg hier beim Erzbergrodeo zu holen, ist schon der Wahnsinn. Aber den 10. Sieg in Folge in der WM einzufahren ist fast noch verrückter.»
Trystan Hart sagte: «Der Start war natürlich denkbar schlecht und ich musste das Feld von hinten aufrollen, das war ein bisschen wie ein Kriegsgebiet. Aber an den engen Stellen habe ich dann hier mal vier und dort mal fünf Fahrer überholen können. In Carl’s Dinner war ich dann auf die zweite Position vorgefahren und fühlte mich wirklich gut, war nicht müde. Bei einer Auffahrt kurz nach Carl’s Dinner brauchte ich drei Anläufe, Teo und Graham kamen näher und ich habe dort viel Zeit verloren. Danach habe ich aber keine großen Fehler mehr gemacht. Ich habe das Podium hier nun ein paarmal erreicht und werde mich verbessern, um es dann doch mal ganz nach oben zu schaffen.»
Mario Roman kommentierte seinerseits: «Wenn du zum Erzbergrodeo kommst, erwartest du immer ein schweres Rennen. Aber diesmal habe ich es als zehnmal härter empfunden. Es waren viele neue Sektionen dabei, schwierige Felspassagen und im Wald war es sehr rutschig. In den ersten 45 Minuten des Rennens habe ich viel gelitten, aber danach ging es ganz gut, ich konnte an einer Auffahrt vier Fahrer überholen und bin Graham sehr dankbar, dass er mir in Motorex Highway geholfen hat. Ich habe sogar kurz darüber nachgedacht, auf Graham zu warten, denn es ist großartig, mit einem solchen Fahrer hier so um den dritten Platz gekämpft zu haben.»
Ergebnis Red Bull Erzbergrodeo:
1. Manuel Lettebichler (KTM), 2:47:23,277 Stunden
2. Trystan Hart (KTM), 3:07:40,648
3. Mario Roman (Sherco), 3:21:47,03
4. Graham Jarvis (KTM), 3:23:39,296
5. Wade Young (GASGAS), 3:39:48,824
6. Jonny Walker (Beta), 3:40:28,735
7. Mitch Brightmore (Husqvarna), 3:48:32,153
8. Matthew Green (KTM), 3:56:31,455
WM-Stand nach 2 von 7 Rennen:
1. Manuel Lettenbichler (KTM), 45 Punkte
2. Mario Roman (Sherco), 32
3. Wade Young (GASGAS), 29
4. Mitch Brightmore (Husqvarna), 24
5. Teodor Kabakchiev (Sherco), 21
6. Francesc Moret Clota (Sherco), 18
7. Marc Riba Lazaro (KTM), 17
8. Matthew Green (KTM), 17
9. Will Haare (Rieju), 13
10. Vaclav Nedved (KTM), 12
Junioren:
1. Mitch Brightmore (Husqvarna), 42 Punkte
2. Ashton Brightmore (GASGAS), 37
3. Richard Moorhouse (Beta), 28
4. Robert Crayston (KTM), 27
5. Barnabas Csizmazia (Husqvarna), 20