Lewis Hamilton: Vettel soll das nur ein wenig spüren
Monza-Sieger Lewis Hamilton
Medienrunde mit Lewis Hamilton am Abend nach seinem 59. GP-Sieg. Es ist bezeichnend für den jüngsten Trend, dass der Engländer als erster GP-Star in diesem Jahr zwei Siege in Folge erringen konnte. Und damit erstmals seit gut einem Jahr alleiniger WM-Leader ist. Das Pendel ist wieder auf die andere Seite geschwungen, weg von Ferrari.
Es ist auch bezeichnend, in welcher Stimmung der Engländer herangefedert kommt: Gut drauf, entspannt, selbstsicher – und sehr hungrig. Nicht nur auf GP-Siege. «Nachher verdrücke ich ein Riesen-Eis», kündigt der neue WM-Leader an.
Schon in wenigen Tagen sitzt Hamilton wieder im Auto: «Ich habe mich für den Test gemeldet», meint Lewis, um dann grinsend anzufügen. «Also mehr oder weniger selber gemeldet.»
Mercedes-Benz ist an der Reihe, mit Pirelli die 2018er Reifen zu testen, die Reise geht nach Le Castellet in Südfrankreich.
Hamilton versucht, die beiden Siege von Mercedes in Belgien und Italien einzuordnen: «Wir haben zwar in Spa-Francorchamps das Rennen gewinnen können, aber wenn du jeweils auf einen Grand Prix zurückblickst, dann erkennst du immer Bereiche, in welchen du einen besseren Job hättest machen können. In Belgien gab es Pistenbereiche, in welchen Ferrari schneller war. Daran haben wir gearbeitet. Wir haben versucht, die Abstimmung so zu ändern, dass wir diese Schwächen ausmerzen können. Das scheint uns gelungen zu sein. Und was wir in Belgien und Italien gelernt haben, das sollte uns auch bei den kommenden Rennen zugute kommen. Selbst wenn ich für Singapur ein ganz starkes Ferrari erwarte.»
Einmal wäre Hamilton der Monza-Sieg fast durch die Finger geglitten. Lewis rutschte in Runde 19 kurz neben die Bahn, hatte zwei Räder schon im Kies. Hamilton: «Mein Fehler. Ich kam zu weit auf den Randstein, der Wagen hüpfte und rutschte zu weit nach links. Das und ein kurzer Radblockierer in der ersten Kurve waren die einzigen beiden Fehler.»
Auf dem Siegerpodest musste sich Hamilton einige Buhrufe und Pfiffe anhören. Lewis nimmt das gelassen hin: «Auf so etwas musst du gefasst sein, wenn du in Monza Ferrari schlägst. Das ist doch immer so. Du bist der Bösewicht hier, wenn du keinen roten Anzug trägst. Ohne Valtteri und mich hätte Ferrari gewonnen. (Beginnt zu grinsen.) Es gibt Tage, da macht es mir nichts aus, der Bösewicht zu sein.»
«Ich habe versucht, mit der Situation respektvoll umzugehen. Denn ich bewundere die Leidenschaft der italienischen Fans. Ich finde immer, sie wirken eher wie Fussballfans (lacht wieder), also von der aggressiven Sorte! Aber das ist alles nur Ausdruck ihrer Liebe für Ferrari. Ich sehe auch die britischen Flaggen. Und jedes Jahr überzeuge ich vielleicht den einen oder anderen Italiener, mich zu unterstützen.»
Wie komfortabel war die Führung für den fünffachen Monza-Sieger? «Komfortabel genug, um auf alle Fragen der Gegner eine Antwort zu haben. Mit Tempo rausnehmen musst du aufpassen. Da kannst du schnell in einen Bereich kommen, in dem du anfängst, Fehler zu machen. Ich fuhr schnell genug, um Bottas hinter mir zu halten. Aber ich hatte noch ein paar Zehntel in der Hinterhand. Zum Schluss nahm ich nochmals Tempo auf. Das mache ich oft. Wenn es zur Ziellinie geht, dann ist der Fahrer sehr leicht, die Reifen fühlten sich noch gut an, ich wollte ausloten, was der Wagen in Sachen Handling macht, um meinen Technikern später noch mehr Angaben machen zu können. Alles war im grünen Bereich.»
Was bedeutet es dem dreifachen Champion, in der WM wieder ganz oben zu stehen? Lewis: «Es ist jedes Mal ein erhebendes Gefühl, deinen Namen dort oben zu sehen. Die letzten Rennen waren wirklich solide. Ich habe in mir in den letzten Grands Prix, vielleicht mit dem Sieg in England, noch mehr Tiefe gefunden. Mein Herz ist immer der grosse Antrieb, der Kopf ist eher das Ruder. Und das alles geht derzeit in die richtige Richtung.»
«Silverstone hat mich wirklich angespornt. Ich hoffe, dieser Funke ist auch auf die anderen Rennen übergesprungen, was meine Leistung betrifft. Ich weiss, dass wir wir grossen Aufgaben stehen.»
«Ich hoffe, ich kann das Bild umdrehen. Es gab einen Zeitpunkt früher in der Saison, da lag ich um 25 Punkte hinten, ich glaube, es war in Monaco. Nun will ich versuchen, selber einen entsprechenden Vorsprung zu erarbeiten. Vettel soll nur ein wenig spüren, wie sich das anfühlt.»