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Auto 2022: So aufregend wird die neue Formel 1

Von Mathias Brunner
Knappe acht Monate vor dem Beginn der WM 2022 erhalten wir ein 1:1-Modell der kommenden Formel-1-Fahrzeuge zu sehen: Mit dieser Rennwagen-Generation sollen die Fahrer nach Herzenslust angreifen können.

Die Formel 1 steht vor einer neuen Ära: Ab 2022 wird mit komplett andersartigen Rennwagen gefahren, samt Niederquerschnittreifen. Ende Oktober 2019 zeigte Formel-1-Sportchef Ross Brawn in Texas ein Windkanalmodell, und seine Mitarbeiter Nikolas Tombazis (Chef der FIA-Einsitzerkommission) und Pat Symonds (langjähriger Formel-1-Techniker) freuten sich über die guten Fortschritte bei der Feinarbeit mit der Aerodynamik. Nun hat die Formel 1 am Donnerstag vor dem britischen Grand Prix in Silverstone das 1:1-Modell eines solchen 2022er Rennwagens präsentiert, um das Interesse der Fans anzufachen.

Schon die ersten Entwürfe der Formel 1 sowie das Windkanalmodell hatten unter den Fans weitgehend positive Reaktionen erzeugt. Auf den sozialen Netzwerken wurden von den meisten Fans die schnörkellose, moderne Linienführung gelobt. Das in Silverstone gezeigte Modell ist eine logische Weiterführung dieses Konzepts.

Formel-1-CEO Stefano Domenicali: «Das ist für uns ein wichtiger Tag, denn mit diesem 2022er Auto sollen unsere Rennhelden den Fans weltweit eine bessere Show bieten können – mit einer höheren Leistungsdichte im Feld, mit tollen Zweikämpfen und Überholmanövern; dies alles dank eines neuen Autos, das elegant und futuristisch ist und die GP-Anhänger begeistern soll.»

Ross Brawn: «Wir wollten, dass die neuen Autos aggressiv und attraktiv sind. Und wir sind auf das Ergebnis stolz. Der Kern: Der beste Fahrer soll gewinnen, aber mehr Teams als heute sollen gewinnen. Der Frontflügel ist einfacher, der Wagenkörper baut mehr Abtrieb auf. Die Autos sind also nicht mehr so abhängig vom Abtrieb, der über Flügel erzeugt wird.»

Nikolas Tombazis: «Wir werden auch die Anzahl von Entwicklungen der Teams beschränken, damit die Leistungsdichte bewahrt bleibt. Wir behalten uns vor, jederzeit einzugreifen, wenn wir das Gefühl haben, dass unsere Ziele kompromittiert werden. FIA und Formel 1 waren einer Meinung: Wir wollen besseren Sport, wir wollen, dass die Fahrer einander besser folgen können. Das erlaubt mehr Zweikämpfe. Somit war klar, dass wir die Aerodynamik grundlegend ändern müssen.»

Pat Symonds: «Wir begannen vor vier Jahren, noch nie ist so viel Arbeit in eine Rennwagengeneration geflossen. Die Arbeit in Sachen Flussdynamikberechnung war intensiv. Jedes unserer Modell in der Simulation hatte 550 Millionen Berechnungspunkto. Zum Vergleich: Wenn jemand an seinem Laptop dieses Auto berechnen müsste, dann würde er 47 Jahre lang dran sitzen.»

Eigentlich hätte die Formel 1 schon 2021 komplett neue Rennwagen erhalten sollen, Autos, die aerodynamisch weniger sensibel sind und es daher den Piloten erleichtern, sich an einen Gegner heranzupirschen und ihn zu überholen. Aber vor dem Hintergrund der Coronakrise haben sich der Autosport-Weltverband FIA, «Formula One Management» und die Rennställe im März 2020 darauf geeinigt, in der Saison 2021 aus Kostengründen nochmals die 2020er Chassis zu verwenden.

Nach jahrelanger Vorbereitung und ausführlichen Flussdynamikberechnungen, wie die Formel-1-Rennwagen der Zukunft aussehen müssten, ging die FIA wochenlang in den Windkanal von Sauber in der Schweiz um zu bestätigen, was mit den neuen Rennern anvisiert wird. Nikolas Tombazis, Einsitzer-Chef des Autosport-Weltverbands FIA: «Kern unserer Forschung bestand darin, den Abtriebsverlust des Verfolgers zu verringern.»

Der Grieche vertieft: «Wir arbeiten daher mit einem einfacheren Frontflügel und mit einem Diffusor, der mehr Abtrieb generiert. Auf diese Weise ist die Rolle des Frontflügels weniger dominant beim Erzeugen von Abtrieb, und er ist – beim Hintermann – weniger anfällig auf Strömungsveränderungen.»

«Grundsätzlich haben sich im Windkanal die Zahlen aus der Simulation bestätigt. Es gab keine Überraschungen. Wenn wir davon ausgehen, dass heute die Anströmung um 50 Prozent verschlechtert wird, wenn ein Pilot einem anderen Auto folgen will, dann lagen wir mit dem neuen Modell bei zehn bis fünfzehn Prozent.»

Formel-1-Sportchef Ross Brawn: «Wir wollten Rennwagen, mit welchen die Piloten gut attackieren können. Wir wollen, dass das Feld zusammenrückt, dass die Teams überleben können und, last but not least, dass die Autos aufregend aussehen, schon im Stillstand. Wir wollten auch keine Autos, die ständig Teile verlieren. Die neuen Renner werden erheblich robuster sein als die heutigen.»

Tombazis: «Die Schwerpunkte der neuen Renner aus technischer Sicht – ein einfacherer Frontflügel, wir haben keine seitlichen Luftleit-Elemente mehr, im Grunde ist dieses Auto ein Flügelauto, will heissen, Abtrieb wird weniger über die Flügel erzeugt, welche Luftwirbel produzieren, sondern mehr mit dem Wagenkörper. Als Ergebnis können sich die Rennwagen besser folgen.»

«Die Aerodynamik um das Vorderrad wird vereinfacht, dennoch haben wir genügend Bereiche, in welchen sich die Teams abheben können – Seitenkästen, Motorverkleidung, Lufteinlässe, Diffusor, Unterboden. Wir wollten sicherstellen, dass die Teams kreativ sein können.»

Tombazis weiss: Den hellen Köpfen bei den Teams ist es völlig egal, ob die Luftwirbel für den Verfolger abnehmen. Sie sind einzig und allein daran interessiert, ein schnelles Auto zu machen. Daher sagte Formel-1-Berater Pat Symonds: «Wir haben ausführlich geprüft, wie widerstandsfähig unser Reglement ist. Ich bin sicher, am Ende werden wir die besagten zehn Prozent nicht halten können, weil die Aerodynamiker ständig am Optimieren ihrer Rennwagen sein werden. Aber auch so wird es für den Hintermann massiv leichter sein, einen Gegner zu verfolgen.»

Natürlich tauchte bald die Frage auf: Um wieviele Sekunden pro Runde werden diese Renner langsamer sein als die gegenwärtigen Autos? Nikolas Tombazis: «Wir gingen zu Beginn von drei bis dreieinhalb Sekunden pro Runde aus. Aber das steht für uns nicht im Mittelpunkt. Es geht vorrangig darum, ein Auto zu bauen, das besseren Sport erlaubt.»

«Uns ist klar, dass wir vielleicht nicht alles erreichen, was wir uns als Ziele gesetzt haben. Vielleicht bringt ein Team alles perfekt in Einklang und hat dadurch einen Vorteil. Aber wir sind darauf vorbereitet.»

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