Wolff-Wut über Verstappen-Manöver: «Absolute Sauerei»
Toto Wolff
Die Emotionen kochten über. Freude. Jubel. Ungläubiges Staunen. Aber auch Unverständnis. Ja, sogar Wut war bei Lewis Hamiltons beeindruckendem Sieg beim 19. Saisonrennen in Brasilien dabei. Kontroverse Diskussionen.
Im Zentrum dieser Diskussionen stand das beinharte Duell zwischen Mercedes-Superstar Hamilton und seinem Red-Bull-Titelrivalen Max Verstappen. In der spannenden Schlussphase hatte sich der Niederländer mit allen Mitteln gewehrt, wobei er in Kurve vier über das Limit hinausging und den Briten von der Strecke drängte – eine Untersuchung wurde aber nicht eingeleitet.
Verstappen konnte sich in der Szene in der 48. Runde vor Hamilton halten, wurde aber zwölf Runden vor Schluss endgültig überholt.
Lewis Hamilton: «Spielt keine Rolle»
Hamilton sieht den Zwischenfall nach seinem Husarenritt von Startplatz zehn deshalb verständlicherweise gelassen. «Ich muss mir das noch einmal ansehen, aber letztendlich war es ein Rennunfall. Und es spielt eigentlich keine Rolle, denn ich habe das Ergebnis geholt, das ich brauchte», sagte er.
Wesentlich wütender war da sein Teamchef.
Toto Wolff redete sich regelrecht in Rage. Bei dem Österreicher kam nach dem nervenaufreibenden Rennen alles Schlechte des Rennwochenendes zusammen – von der Motorenstrafe über die Disqualifikation im Qualiyfing, Startplatz 20 im Sprintrennen und die beiden Aufholjagden von Hamilton in Sprint und Hauptrennen inklusive des Fast-Crashs. Da konnte ihn auch der Sieg nicht mehr besänftigen.
Bei Wolff mussten die Emotionen raus.
«Wir wussten, wir haben eine Startplatzstrafe. So ist es nun mal. Dann disqualifiziert zu werden, während munter an Max' Auto herumgeschraubt wird vor dem Rennen, und dann diese absolute Sauerei, keine Strafe zu bekommen für das Rausdrängen», legte Wolff los: «Das ganze Wochenende wurden uns Sachen an den Kopf geworfen, aber am Ende haben wir gewonnen und sind Dritter geworden. Und jetzt schauen wir mal, was in den nächsten 30 Minuten passiert. Vielleicht gibt es noch einen Protest«, konnte er sich Sarkasmus nicht verkneifen.
Für das Duell zwischen Hamilton und Verstappen gab es zunächst Lob für den Rivalen. «Hartes Racing, super, Max fährt sensationell mit dem Messer zwischen den Zähnen, das kann er und positioniert sich auch gut», so Wolff.
«Irgendwo gibt es eine Grenze»
Das «Aber» folgte auf dem Fuße: «Wenn er es macht, muss er mit einer Fünf-Sekunden-Strafe rechnen. Aber es so unter den Teppich zu wischen, ist eigentlich peinlich für die Rennleitung. Keine Frage: Es wird gegen uns geschossen», findet Wolff.
Er kündigte an, dass man in den nächsten Tagen alles aufarbeiten werde, denn das könne man nicht auf sich sitzen lassen: «Da werden Entscheidungen getroffen, die nicht nachvollziehbar sind. Es hilft ja jetzt auch nicht, schmutzige Wäsche zu waschen. Das machen wir dann direkt. Irgendwo gibt es eine Grenze.» Wolff hatte am Samstag bereits bei der Hamilton-Disqualifikation wegen des illegalen Heckflügels an einen Witz gedacht.
Die Gegenseite sieht das Duell übrigens wenig überraschend anders.
«Die beiden kämpfen hart, es gibt keinen Kontakt, ich habe damit kein Problem. Es ist die richtige Entscheidung», sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. «Wir haben immer gesagt: 'Lasst sie Rennen fahren.' Und das ist hartes Racing zwischen zwei Fahrern, die um die WM kämpfen. Eine Strafe wäre etwas hart gewesen.»
Für Sky-Experte Timo Glock ist hingegen klar: Es hätte eine Untersuchung geben müssen. «Max' Ziel war, egal wie, vor Hamilton zu bleiben. Dann wäre die Chance da gewesen, dass Hamiltons Reifen überhitzen und er nicht mehr angreifen kann», erklärte der DTM-Pilot. Deshalb habe Verstappen so dagegengehalten, so Glock, «denn er hat weniger zu verlieren. Das hätte wahrscheinlich jeder Rennfahrer so getan Es ist trotzdem eine Fehlentscheidung, das hätte eine Untersuchung geben müssen.»
Bei aller Mercedes-Wut: Hamilton konnte trotz der Strafen den Rückstand auf Verstappen auf 14 Punkte verkürzen. Drei Rennen stehen noch an. Klar ist: Es wird emotional bleiben.