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Freitag, der 13.: So abergläubisch sind die GP-Stars

Kolumne von Mathias Brunner
​Wir haben Freitag, den 13.: Der Eine oder Andere guckt heute lieber zwei Mal nach links und rechts, bevor er über die Strasse geht. Man weiss ja nie. Aber wie abergläubisch sind eigentlich die Rennfahrer?

Alberto Ascari packte jeweils das nackte Grausen, wenn er eine schwarze Katze erblickte. Tazio Nuvolari konnte nicht auf seine Schildkrötenbrosche verzichten. Alles skurriler Aberglaube leicht verschrobener Italiener aus der Steinzeit des Rennsports, meinen Sie? Mitnichten. Fragen Sie doch mal Sebastian Vettel, der nicht ohne seine Glücksmünze im Rennschuh in seinen Formel-1-Renner stieg. Oder Sergio Pérez, der stets ein Papstbild im Rennwagen mitführt.

In der hochprofessionellen Motorsportwelt ist durchaus noch Platz für Aberglaube, wenn auch nicht mehr in Auswüchsen wie früher. Wir sind zu diesem Freitag, dem 13. einigen Geschichten nachgegangen, haben Gründe für dunkle Gedanken gefunden, erzählen von merkwürdigen Begebenheiten, für die einen reine Zufälle, für die anderen Fügungen des Schicksals, unvermeidlich nach düsteren Vorzeichen.

Nehmen wir Antonio und Alberto Ascari, Vater und Sohn.

Beide Italiener kamen an einem 26. ums Leben, beide waren dabei 36 Jahre alt. Beide wurden vier Tage nach einem schweren Unfall getötet, beide hatten zuvor 13 GP-Siege errungen. Beide hinterliessen eine Gattin mit zwei Kindern. Beide starben ausgangs von schnellen Linkskurven.

Der Kuriositäten nicht genug: Der andere Fahrer, der wie Alberto Ascari ins Hafenbecken von Monaco fiel (Paul Hawkins 1965), kam ebenfalls an einem 26. ums Leben: in Oulton Park 1969.

Und als ob das alles nicht genug wäre: Ascaris Wagen trug die Nummer 26, was bekanntlich zwei Mal der Unglücks-13 entspricht. Die Geschichte, wonach in Ascaris Taschen 13.000 Lire gefunden wurde, ist jedoch frei erfunden.

Wenn Ascari mal in Schwung gekommen war, konnte ihn nicht einmal der grosse Juan Manuel Fangio aufhalten. Aber der Italiener war auch zeitlebens von Selbstzweifeln zerfressen, die in einem bisweilen absurden Aberglauben gipfelten.

Sein langjähriger Freund Gigi Villoresi wusste: «Wenn wir unterwegs waren und eine schwarze Katze kreuzte die Strasse, dann kehrte Alberto auf der Stelle um. Nie im Leben hätte er diese Strasse weiter befahren. Das ist mir an seiner Seite einige Male passiert. Er hat seine Meinung nur dann geändert, wenn von links eine zweite schwarze Katze gekommen wäre. Aber mal ehrlich: Wie gross ist die Chance, dass so etwas passiert? Also fuhren wir halt Umwege.»

Ascari, am Rennlenkrad todesmutig, war als Fussgänger ein Hasenfuss: Vor dem Überqueren einer Strasse guckte er nach links, nach rechts, dann nochmals nach links, erneut nach rechts. Übervorsichtiger geht es nicht.

Ascari war auch ein Zahlenfetischist. An Tagen mit Zahlen, die einen Bezug zum Todestag seines Vaters hatten, trat er bisweilen nicht zu Rennen an. Umso erstaunlicher, dass er in Monza den Wagen von Castellotti übernehmen und testen wollte.

Die genauen Umstände von Alberto Ascaris Todesfahrt wurden nie geklärt. Völlig ungewöhnlich für den abergläubischen Ascari hatte er sich beim Sportwagentest von Eugenio Castellotti in Monza dessen Helm ausgeliehen und um den Wagen gebeten. Seine einleuchtende Erklärung: «Wenn man vom Pferd fällt, dann ist es am besten, wenn man gleich wieder aufsitzt.»

Bis heute hält sich die Legende, dass Ascari in der Curva Vialone einem Mann ausweichen wollte, der unerlaubt die Bahn kreuzte. In Italien ist heute noch davon die Rede, dass jener Mann das auf dem Totenbett einem Pfarrer gebeichtet haben soll – er sei der Grund für den tödlichen Unfall gewesen.

Alles Hörensagen.

So wie jene Version, wonach der angebliche Unfallverursacher derart von Schuldgefühlen geplagt worden sei, dass er im Irrenhaus landete.

Wo wir eben bei einem GP-Star wie Ascari sind. Wenn wir von den Formel-1-Stars sprechen, dann hat das mit den Sternen im astrologischen Sinne nichts zu tun. Die Bezeichnung «Star» (Stern) für eine Berühmtheit geht vielmehr zurück auf das Filmstudio Paramount in Hollywood.

1914 hatte Paramount-Chef Adolph Zukor 24 Schauspieler unter Vertrag genommen. Um darauf hinzuweisen, wie viele Grössen sein Studio vorweisen kann, ordnete er im Firmenlogo eine Kette von Sternen über dem berühmtem Paramount-Berg an. Jeder Stern stand für Schauspieler wie Mary Pickford, Douglas Fairbanks, Gloria Swanson oder Rudolph Valentino.

Kurioserweise stehen über dem Logo von Formel-1-Partner Paramount+ (Streaming-Dienst der Amerikaner) 13 Sterne. Ausgerechnet!

Die meisten Rennfahrer meiden die 13. Mit der in vielen Ländern als Unglückszahl geltenden 13 versuchten sich in der Formel-1-WM nur drei Fahrer: der Mexikaner Moisés Solana (1963 beim Heimrennen in Mexico-City, Ausfall), die Renn-Amazone Divina Galica (beim britischen Grand Prix 1976, nicht qualifiziert) und bis Ende 2015 Pastor Maldonado.

Übrigens ist die 13 nicht in allen Ländern ein Unglücks-Bote. In Italien beispielsweise trifft das eher auf die 17 zu.

Nicht nur Zahlen scheinen Unglücksbringer zu sein (manche Fluggesellschaften verzichten auf Reihe 13, manche Hotels auf den 13. Stock), sogar auch Farben.

So galt jahrelang im US-amerikanischen Motorsport die Farbe Grün als unheilbringend. Erst mit den grossen Sponsoren änderte sich das: Dollars (die übrigens weitgehend grün sind) waren dann doch wichtiger als Aberglaube.

Der Grund für das Misstrauen gegenüber der Farbe Grün liegt mehr als hundert Jahre zurück: Am 16. September kam Lee Oldfield bei einem Rennen auf dem Messegelände von Syracuse von der Bahn ab (wegen eines Reifendefekts), der Wagen stürzte in die Zuschauer, neun Menschen kamen ums Leben, vierzehn wurden zum Teil schwer verletzt.

Der Rennwagen war grün.

1920 wurde Gaston Chevrolet (Bruder des Firmengründers Louis Chevrolet) bei einem Rennen in Beverly Hills (Kalifornien) getötet.

Der Rennwagen war grün.

Es geht noch schräger. Bis in die 80er Jahre wurden im NASCAR-Sport auf vielen Rennstrecken keine Erdnüsschen als Snack verkauft, denn ganze Nüsse oder die Schalen davon im Fahrerlager liegen zu lassen oder gar in einem Rennwagen, galt als Unheilbringer. Wieso? 1937 kam es in Langhorne und Nashville zu zwei tödlichen Unfällen. Beide Male wurden in den Cockpits anschliessend Erdnussschalen entdeckt.

Die Wurzeln des Rennsports gründen teilweise bei Rennen auf Jahrmärkten und Messen, klar gab es dort reichlich Erdnüsse, es ist nur logisch, dass wir einige davon in Rennwagen finden würden. Es ist freilich völlig unlogisch, sie als Weichensteller für Unfälle zu betrachten.

Aberglaube ist noch heute weit verbreitet: Viele Rennfahrer steigen prinzipiell nur von einer bestimmten Seite in den Rennwagen.

David Coulthard trug eine Weile lang seine Glücksunterhosen. Als er das gute Teil endlich in Pension schickte, trug er es weiter um die Rennstrecken der Welt, in einem Plastiksack, zusammen mit einem Kleeblatt. Einer von McLaren hat die Hose dann entsorgt. Vermutlich entsprach sie nicht ganz den Qualitätsansprüchen von Ron Dennis.

Stefano Modena stülpte bisweilen die Rennhandschuhe um. Alexander Wurz fuhr mit unterschiedlich farbenen Rennstiefeln.

Ach ja: Der grosse Enzo Ferrari war abergläubisch und stellte prinzipiell an einem Freitag keine Autos vor!

Emerson Fittipaldi erzählte einmal über eine andere Rennlegende, den grossen Juan Manuel Fangio: «Es geschah beim Grand Prix der Schweiz 1954 auf dem superschnellen Bremgarten-Kurs bei Bern. Am Freitagabend vor dem Rennen fuhr Fangio mit seiner Frau noch eine Runde um die Piste, als ihm eine schwarze Katze vor den Wagen lief. Er konnte nichts mehr tun und überfuhr das Tier. Die Katze war sofort tot. Wir Südamerikaner mögen zwar katholisch sein, aber wir sind auch abergläubisch. Juan Manuel war da keine Ausnahme. Es war ihm unglaublich peinlich – und, als er schlafen ging, machte er sich grosse Sorgen. Es war ja nicht nur, dass ihm eine schwarze Karte über den Weg gelaufen war, was in Brasilien und Argentinien als böses Omen gilt, er hatte sie auch noch überfahren und getötet.»

Fangio fand in dieser Nacht kaum Schlaf. Am Sonntag hatte er böse Vorahnungen für das Rennen. «Fangios Pointe war aber: „Als das Rennen startete, vergass ich meinen Aberglauben und gewann trotz meiner ursprünglichen Sorgen.“» Von da an war Fangio geheilt, was schwarze Katzen anging.

Nanou van Melderen, damals Freundin des unvergessenen französischen Rennfahrers François Cevert, war davon überzeugt, dass eine Wahrsagerin vorhergesagt hatte, dass sich ihr Weg mit jenem von François kreuzen würde.

1966 ging sie zu der Frau zurück, um mehr zu erfahren. Die Wahrsagerin meinte (ohne zu wissen, dass es sich um Cevert handelt), dass ihr Freund in seinem Metier viel Erfolg haben werde, dass dieser Erfolg sie aber entzweien würde.

François fand das alles Papperlapapp und besuchte die Frau selber. Die Wahrsagerin wusste nicht, dass er der Freund von Nanou war, sie wusste auch nicht, dass er Rennfahrer war.

Sie wiederholte, dass er in seiner Arbeit viel Erfolg finden würde, aber seinen 30. Geburtstag nicht erleben werde. Cevert lächelte die düstere Vorhersage weg.

Er kam bei einem Unfall im Training zum Grossen Preis der USA 1973 in Watkins Glen ums Leben.

Mit 29 Jahren.


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