Bobby Unser & die Formel 1: Der verlorene Amerikaner
Traurige Nachricht Anfang Mai 2021: Robert William «Bobby» Unser schloss für immer die Augen; im Alter von 87 Jahren verstarb die US-amerikanische Rennlegende (dreifacher Sieger des Indy 500 und König des Bergrennens Pikes Peak) in seinem Zuhause in Albuquerque (New Mexico). An diesem 20. Februar 2025 wäre er 91 Jahre alt geworden.
Sein langjähriger Pistenrivale Mario Andretti hat über Unser gesagt: «Wir fuhren in der fabelhaftesten Ära des Motorsports, und Bobby wurde vom wild entschlossenen Gegner zu einem sehr guten Freund.»
Bobby Unser ist einer von zehn Fahrern, die das legendäre Indy 500 drei Mal oder öfter gewonnen haben. Aber nur er und Rick Mears haben es geschafft, das grösste Autorennen der Welt in drei aufeinander folgenden Dekaden zu gewinnen. Unser erreichte das 1968, 1975 und 1981; Mears 1979, 1984, 1988, 1991.
Unsers Karriere begann im Modified-Sport, erblühte jedoch so richtig beim Pikes Peak, einem der berühmtesten Bergrennen der Welt. Der Peak galt als Hausberg der Familie Unser, unzählige Siege haben die Unsers dort errungen. Bobby alleine krallte sich dreizehn Titel, neun Mal fuhr er neuen Bahnrekord. Als seine Serie von sechs Gesamtsiegen in Serie zu Ende ging, hiess der Sieger – Unser, Al Unser, sein um fünf Jahre jüngerer Bruder.
1963 nahm Bobby erstmals am Indy 500 teil. Neben den drei Indy-500-Siegen holte er auch zwei Mal die USAC-Meisterschaft, heute entspricht das dem IndyCar-Titel.
Der 35-fache IndyCar-Laufsieger wurde nach Abschluss seiner Karriere 1982 TV-Experte und schrieb Bücher über erfolgreiches Management. 1986 kehrte er als Audi-Botschafter mit einem Quattro an seinen Hausberg zurück und überholt mit einem weiteren Sieg Rekordhalter Louis Unser, seinen Onkel.
Was die Formel 1 angeht, so ist Bobby Unser einer jener talentierter Fahrer aus den USA, die in der Königsklasse zum Star hätten werden können.
Er und sein Landsmann Mario Andretti hatten am Training zum Grand Prix von Italien in Monza 1968 teilgenommen (Andretti im Lotus, Unser in einem BRM), danach jetteten die beiden zum «Hoosier 100» in Indiana/USA, einem Dirt-Track-Rennen.
Was sie nicht ahnten – damit war der Start beim Italien-GP unmöglich geworden: Denn zwei Rennen innerhalb von 24 Stunden, das sei verboten, meinten die Offiziellen des damaligen Autosport-Verbands ACI.
Unser nahm einen neuen Formel-1-Anlauf, beim Grossen Preis der USA in Watkins Glen 1968. Unser war zu diesem Zeitpunkt als IndyCar-Sieger etwas höhere Qualität gewöhnt, was seinen Rennwagen angeht. Er war mit dem BRM in Watkins Glen überhaupt nicht zufrieden. Er fuhr von Startplatz 19 auf den elften Rang vor, dann verrauchte sein Motor.
Das Team war ziemlich skeptisch, was die Fähigkeiten von Bobby anging. So hatte Unser bei einem Test in England das Team darauf hingewiesen, mit dem Motor stimme etwas nicht, das Triebwerk verliere Leistung. Die Engländer glaubten ihm kein Wort. Als sie den Motor später auf den Prüfstand schnallten, stellte sich heraus – Bobby Unser hatte Recht gehabt.
Zurück nach Watkins Glen: Sein früherer Monza-Reisegefährte Mario Andretti stellte den Lotus auf Pole, «obschon ich die Piste noch nie von nahem gesehen hatte», wie Andretti erzählt. Mario führte komfortabel, als die Nase des Lotus 49 brach. Nach einem Renndrittel gab die Kupplung ihren Geist auf. Jackie Stewart (Matra) gewann vor Graham Hill (Lotus) und John Surtees (Honda).
Der BRM P138, den Unser fuhr, sollte es letztlich nur einmal in die Punkte schaffen – 1969 in Spanien, mit John Surtees am Steuer.
Bobby Unser hat nie mit Bitterkeit auf sein Formel-1-Zwischenspiel zurückgeschaut, aber er hat im Buch «American Grand Prix» auch klipp und klar gesagt: «Das war alles politischer Mist, der uns damals vor dem Start in Monza abgehalten hat. Sie haben uns um die halbe Welt fliegen lassen für gar nichts.»
«Mario und ich sind wie die Irren herumgehetzt, um alle Termine zu schaffen. Um genau zu sein, habe ich das Leben von Mario riskiert, so wie ich in Italien durch die Dörfer geheizt bin. Italienische Polizisten haben mit den Armen gerudert, aber das war uns alles egal. Mario, der in Italien geboren worden war, hat mir gesagt, wo ich durchfahren muss, denn nur er konnte die Schilder lesen. Letztlich war die ganze Aktion das vielleicht Dümmste, was ich in meinem ganzen Leben getan habe – und das alles für die Katz.»
Und auch beim Start in Watkins Glen lief nicht alles nach Plan, über das mittelmässige Material hinaus. Unser: «Vor dem Rennwochenende habe ich mir den Knöchel gebrochen, beim Basketball. Aber BRM-Chef Louis Stanley wollte unbedingt, dass ich fahre, denn er wollte nicht auf das Startgeld verzichten.»
«Die Ärzte haben mir dann Schmerzmittel gegeben, und das Zeug muss wohl ziemlich stark gewesen sein, denn im ersten Training habe ich den Wagen gleich mal neben die Bahn gesetzt, alle vier Räder waren weg.»
«Daher habe ich von BRM das Ersatzfahrzeug erhalten, dessen Kraftübertragung Mucken machte; und dessen Triebwerk sich schmalbrüstig anfühlte. Prompt ging der Motor im Rennen hoch. Louis Stanley hatte mir vor dem Wochenende versprochen, dass ich das gleich gute Material erhalten würde wie Pedro Rodríguez, also sagte ich Stanley nach dem Rennen, dass ich mit der Formel 1 durch sei, und das war’s dann für mich in der Königsklasse.»
Mehrfach-Sieger beim Indy 500
4 Siege
A.J. Foyt (USA): 1961, 1964, 1967, 1977
Al Unser sr. (USA): 1970, 1971, 1978, 1987
Rick Mears (USA). 1979, 1984, 1988, 1991
Hélio Castroneves (BR): 2001, 2002, 2009, 2021
3 Siege
Louis Meyer (USA): 1928, 1933, 1936
Wilbur Shaw (USA): 1937, 1939, 1940
Mauri Rose (USA): 1941, 1947, 1948
Johnny Rutherford (USA): 1974, 1976, 1980
Bobby Unser (USA): 1968, 1975, 1981
Dario Franchitti (GB): 2007, 2010, 2012
2 Siege
Tommy Milton (USA): 1921, 1923
Bill Vukovich (USA): 1953, 1954
Rodger Ward (USA): 1959, 1962
Gordon Johncock (USA): 1973, 1982
Emerson Fittpaldi (BR): 1989, 1993
Al Unser jr. (USA): 1992, 1994
Arie Luyendyk (NL): 1990, 1997
Dan Wheldon (GB): 2005, 2011
Juan Pablo Montoya (COL): 2000, 2015
Takuma Sato (J): 2017, 2020
Josef Newgarden (USA): 2023, 2024