Dauerhafter Erfolg oder Strohfeuer?
Hoffentlich sind die Tribünen in Austin auch 2013 voll
Es ist bestimmt die beste der neuen Formel-1-Rennstrecken der letzten Jahre, der Kurs vor den Toren von Austin in Texas. Flüssige und enge Kurven, schnelle Passagen, lange Geraden und Spitzkehren. Und die Zuschauerzahl war beeindruckend, weit mehr als 100 000 Besucher allein am Sonntag an der Strecke, und schon am Freitag waren wahrscheinlich mehr Zuschauer vor Ort, als in Bahrain bei allen GP zusammenaddiert.
Ist das der Durchbruch für die Formel 1 in den USA? Da bin ich noch nicht so sicher. Auch in Indy waren die Tribünen anfangs voll. Denn eine Formel-1-Begeisterung in den USA allgemein gibt es noch nicht. Als ich 1993 erstmals in den Staaten war, fand ich in der Tageszeitung «USA today» nach gefühlten 20 Seiten Football, 20 Seiten Baseball, 10 Seiten Eishockey und 10 Seiten NASCAR eine Kurzmeldung. «Michael Schumacher gewann auf Benetton das Formel-1-Rennen von Portugal. Der Franzose Alain Prost auf Williams wurde Zweiter und ist Weltmeister!» Wie die Kollegen berichtet haben, hat sich an dieser umfangreichen Berichterstattung für die Formel 1 in den USA noch nichts geändert.
Deshalb wird erst die Zukunft zeigen, wie die Rennstrecke von Austin generell angenommen wird. Der Motorrad-Grand-Prix im nächsten Jahr wird schon einen gewissen Aufschluss geben. Interessanter wird aber sein, wie die Fans des amerikanischen Rundstrecken-Sports die Strecke annehmen werden. Alle Versuche, auf modernen Strecken Rennen der ALMS etc. durchzuführen, sind kläglich gescheitert und wurden schnell wieder eingestampft. Diese Art von Rennsport ist kommerziell nur erfolgreich auf den alten Naturstrecken wie Lime Rock, Road Atlanta, Laguna Seca oder Sebring. Dort gibt es fast nur Naturtribünen, die Fans können mit den Wohnmobilen bis an den Zaun zur Strecke fahren. Diese Strecken kommen auch mit 1-2 publikumswirksamen Events im Jahr hin. Was vor allem am Alter liegt, sie sind längst bezahlt und die Infrastruktur alles andere als modern.
Der Kurs in Texas bietet nur an der langen Geraden Stellplätze für Camper, ansonsten nur Tribünen, auf denen man nass werden, vor allem sich in Texas auch ganz schön die Glatze verbrennen kann. Diese Art Tribünen hat der amerikanische Rennfan bislang nur bei Ovalrennen oder Stadtkursen akzeptiert. Die Zeit wird zeigen, ob der Fan in Texas anders ist als die meisten amerikanischen Fans und ob die Mexikaner regelmässig kommen; oder aber der Erfolg des ersten Grand Prix vor allem nur darauf beruhte, weil es eben etwas Neues war.
Kein Land dieser Erde hat so viele Rennstrecken wie die USA, was alleine schon damit begründet ist, dass es schon immer eine Automobilindustrie gab und das Land nicht eben klein ist. Aber in keinem anderen Land der Erde wurden so viele permanente Strecken oder Ovale auch wieder geschlossen, weil sie sich finanziell nicht getragen haben. Riverside, Nazareth, North Wilkesboro, um nur einige zu nennen, wo auch noch in der jüngeren Vergangenheit tolle Rennen stattfanden und die heute geschlossen sind oder, wie Riverside, längst unter einem Einkaufszentrum liegen.
Rund 100 Meilen östlich von Austin ist das kleine Städtchen College Station. Auch hier gibt es ein Denkmal amerikanischer Rennstrecken-Kunst. Der «Texas World Speedway» entstand 1969 und ist neben Daytona, Fontana, Indianapolis, Michigan, Pocono und Talladega einer von sieben Superspeedways der USA. NASCAR oder IndyCar gastieren schon seit mehr als 30 Jahren dort nicht mehr. Der Rennbetrieb ist eingestellt, die Tribünen teilweise baufällig. Ein Versuch, den Kurs als offizielle NASCAR-Teststrecke zu reanimieren, ist bislang nicht von Erfolg gekrönt. Einzig Fahrertrainings finden noch im Infield statt. Hoffen wir, dass der fantastischen Anlage in Austin dieses Schicksal auf lange Sicht erspart bleibt.