Fontana: F1-Starthilfe von Lotus und Regazzoni
Fontana: «Ich musste schon immer gewinnen, um weitermachen zu können»
Für Alex Fontana ging in diesem Winter ein Traum in Erfüllung: Der 20-jährige Sohn eines Tessiners und einer Griechin wurde neben Marco Sörensen, Marlon Stockinger, Oscar Tunjo, Esteban Ocon, Alex Albon und Dorian Boccolacci ins neu gegründete Lotus F1 Junior Team aufgenommen. Fontana, der 2012 in der Formel 2 einen Sieg errungen hat und am Ende den siebten Gesamtrang belegte, wird für Jenzer Motorsport in der GP3-Serie antreten.
Der Meister der European F3 Open Serie von 2011 durfte schon drei GP3-Gastauftritte für das Schweizer Nachwuchsteam bestreiten. Schon bei seinem ersten Rennwochenende auf dem legendären Circuit de Spa-Francorchamps in Belgien liess Fontana mit dem sechsten Platz im zweiten Lauf aufhorchen. Auch 2012 konnte er bei seinem zweiten GP3-Rennwochenende in Belgien punkten: Im zweiten Rennen kam er als Vierter über die Ziellinie. Das reichte, um sich beim Formel-1-Team Lotus zu empfehlen. Wie der bisher wichtigste Karriereschritt in seinem Leben zustande kam und was er in seiner ersten Woche im Formel-1-Werk erlebte, erklärt Fontana im Gespräch mit SPEEDWEEK.de.
Wann hast du zum ersten Mal erfahren, dass Lotus dich beobachtet?
Alex Fontana: Der erste Kontakt fand im Oktober statt. Ich habe einen Anruf bekommen und man sagte mir, dass jemand über mich gesprochen hätte und man mich gerne treffen würde. Ich weiss bis jetzt nicht, wer das war, der für mich Werbung gemacht hat. Wir haben uns dann in der Schweiz getroffen und ein paar Wochen später, nachdem sie meine Performance auf und neben der Strecke, also auch meine Medienarbeit, analysiert hatten, riefen sie wieder an. Sie haben mir gesagt, sie seien sehr interessiert; wir trafen uns erneut. In der vergangenen Woche war ich im Formel-1-Werk in Enstone und wurde zusammen mit den anderen Junior-Teammitgliedern auf Herz und Nieren getestet.
Wie sahen diese Tests in Enstone aus?
Das waren physische und medizinische Tests. Wir hatten den ganzen Tag zu tun, haben nebenbei alle Abteilungen des Werks kennen gelernt, alle relevanten Leute getroffen und die Sport-Einrichtungen genau unter die Lupe genommen. Wie wir in den einzelnen Tests abgeschnitten haben, wurde uns nicht mitgeteilt, erst am Ende haben wir erfahren, dass wir im Programm sind.
Wie wurde das verkündet?
Ich hatte ein letztes Meeting mit dem Geschäftsführer des Lotus-Formel-1-Teams, Patrick Louis, Junior-Team-Manager Gwen Lagrue und Marketing- und Kommunikationschef Stephané Samson. Das letzte Wort hatten Patrick Louis und Lotus-Teamchef Eric Boullier, der aber in Jerez beim Formel-1-Vorsaisontest war.
Seid ihr in Enstone von Anfang an die sieben Auserwählten gewesen? Oder waren noch andere Piloten da?
Am Anfang waren wir neun Leute. Warum wir letztlich nur noch sieben waren, die ins Junior-Team aufgenommen wurden, weiss ich nicht. Marco Wittmann war auch dabei, aber im Rahmen des Gravity-Sport-Programms, also nicht als Junior-Team-Anwärter, denn er fährt in diesem Jahr in der DTM.
Wie sieht das Förderprogramm genau aus? Wann und wie oft trefft ihr euch in Enstone?
Das steht noch nicht fest. Im Grunde könnte jederzeit ein Anruf kommen, dann würde ich gleich losrennen. Man hat uns aber gesagt, dass es vor allem in der Anfangsphase wichtig ist, dass wir möglichst viel Zeit mit unserem Team verbringen, um uns einzuleben. In der Sommerpause verbringen wir eine Woche mit dem Junior-Team-Sponsor Quicksilver. Es wird eine Art Camp, bei dem wir in Frankreich verschiedene Sportarten wie Windsurfen und Klettern betreiben werden.
Dann fällt diesmal der obligate Besuch bei deinen griechischen Verwandten aus?
Ich besuche die Familie meiner Mutter für gewöhnlich in der Sommerpause. Ob das in diesem Jahr klappt, weiss ich aber nicht. Die Sommerpause dauert drei Wochen, und ich will nicht zwei Tage vor dem nächsten Rennwochenende nach Hause kommen. Ich nehme mir jeweils eine Woche Zeit, um mich zuhause auf den nächsten Renneinsatz vorzubereiten.
Du bist der einzige Junior-Team-Pilot, der in der GP3 antreten wird. Wieso das?
Wir waren etwas spät dran, ich stand schon in Verhandlungen mit Andreas Jenzer. Den Vertrag hatte ich aber noch nicht unterschrieben. Als wir das Patrick Louis sagten, meinte er, man müsse das anschauen, aber er kenne das Team Jenzer und für das Junior-Programm sei es gut, auch in der GP3 vertreten zu sein. Es gibt ein LotusGP-Team in der GP3, aber das hat die Namensrechte von Lotus Cars gekauft, hat mit dem Formel-1-Team in Enstone also nichts zu tun.
Hast du deinen neuen Dienstwagen schon gesehen?
Ja, ich war vorgestern bei Jenzer in Lyss und habe die Sitzprobe gemacht. Wir haben auch ein paar Sponsoren-Logos gemacht und aufgeklebt. Es sieht wunderschön aus, die neuen Aerodynamik-Teile sehen sehr gut aus. Auch der 400 PS starke Motor macht einen super Eindruck. Er klingt sicher auch besser als sein Vorgänger.
Der überarbeitete GP3-Renner ist also ein Fortschritt?
Definitiv. Der Vorgänger war auch zu einfach zu fahren, einfacher noch als ein Formel-3-Renner. Man kam auf Anhieb mit dem Auto zurecht. Der neue GP3-Bolide ist anspruchsvoller, Neueinsteiger haben es nicht mehr so leicht. Für mich ist es nicht so neu, einen so schnellen Rennwagen zu fahren, ich bin ja das 450 PS starke Formel-2-Auto gefahren, das ist sicher ein Vorteil. Es ist auch gut, dass ich mit Patric Niederhauser einen sehr starken und erfahrenen Teamkollegen habe. Wir kommen sehr gut zurecht. Es ist wichtig, dass wir beim ersten Test gut zusammenarbeiten, denn das neue Auto bietet auch die Chance, die übliche Rangordnung durcheinander zu bringen. Wir wissen, dass ART und Arden die Top-Teams waren, das kann sich aber ändern. Vor allem in den ersten Rennen können wir wichtige Punkte holen, wenn wir uns gut vorbereiten.
Welche Leistungsziele musst du von Lotus aus erfüllen?
Es gibt kein definiertes Leistungsziel, etwa dass ich diesen oder jenen Platz erreichen muss. Es geht darum, konstant besser zu werden, die Leistungskurve muss nach oben zeigen.
Du bist der erste Schweizer Pilot nach Sébastien Buemi, der in ein Förderprogramm eines Formel-1-Teams aufgenommen wurde. Hat sich der Druck dadurch erhöht? Oder bist du jetzt entspannter, weil du auf diese professionelle Unterstützung zählen kannst?
Natürlich sehe ich es als grossen Gewinn an, Teil des Junior-Teams zu sein, aber man hat natürlich immer den Erfolgsdruck. Ich werde in der GP3 gegen Piloten wie etwa Kevin Korjus antreten, der schon Formel-1-Erfahrung hat. Aber das ist nicht neu für mich. Ich musste mich bisher immer gleich beweisen, musste gewinnen, um weitermachen zu können. Aber ich gehe mental gestärkt in die Saison, die so super begonnen hat. Bisher habe ich zusammen mit meinem Vater und Alessia Regazzoni alles selbst gemacht, vor allem für meinen Vater, der mit seiner Arbeit schon viel zu tun hat, ist die Unterstützung von Lotus eine grosse Hilfe.
Wie sieht die Unterstützung von Clay Regazzonis Tochter Alessia genau aus?
Sie hat super Arbeit geleistet, hat mich mit ein paar wichtigen Schweizer Sponsoren zusammengebracht. Sie ist eine sehr grosse Hilfe. Lotus kam aber von selber auf mich zu. Alessia Regazzoni wird mich weiter bei den Rennen begleiten und unterstützen. Lotus findet das sehr gut.