Helmut Marko: «Dann geriet das ausser Kontrolle»
Sebastian Vettel und Helmut Marko
Christian Horner hielt mit süss-saurer Miene fest: «Wir wollten eigentlich nicht das Risiko eingehen, dass sich unserer Fahrer so bekämpfen. Sebastian hat dann die Dinge selber in die Hand genommen. Wir haben viel zu diskutieren.»
Wie würde Horner die Stimmung zwischen Vettel und Webber bezeichnen. Horner, in typisch britischem Understatement: «Weihnachten werden die beiden wohl nicht zusammen feiern.»
Wir warten hinter der Box auf Red-Bull-Chefberater Dr. Helmut Marko. Er kommt mit dem Handy am Ohr daher, normalerweise ist dann «Mr. Red Bull» Didi Mateschitz am Telefon. Auch der Le-Mans-Sieger von 1971 sieht nicht so aus, als würden so bald Champagner-Korken knallen.
Man hat Grund zum Feiern, aber es besteht offenbar auch Gesprächs-Bedarf ...
Vor dem Hintergrund dieser Reifensituation war gedacht, dass man nicht so schnell als möglich fährt, sondern in einer Art und Weise, dass man sicher ins Ziel kommt. Das hat über die weitest gehende Distanz auch so geklappt. Beim letzten Boxenstopp jedoch sind Webber und Vettel praktisch Rad an Rad auf die Bahn zurück gekommen. Weil Vettel eine Wahnsinns-schnelle Outlap, Webber aufgrund der abgefahrenen Walzen aber eine verhältnismässig langsame Inlap hatte.
Dann ist das ausser Kontrolle geraten. Wenn zwei solche Alpha-Tiere Rad an Rad fahren, dann hören sie auf keinen Funkspruch mehr und gar nichts. Es entstand die Gefahr, dass dieses Tempo – das sie auf einmal vorlegten – die Reifen überfordern würde. Im Übrigen müssen wir nun unsere Meinung über Pirelli leicht korrigieren. Denn die Reifen habem zum Schluss eigentlich kein Problem gemacht.
Was nun?
Wir müssen das Team-intern besprechen. Diese Szenen beweisen allerdings auch, dass es bei uns Gleichberechtigung gibt. Da gab es ja andere Teams, bei welchen klar gesagt wurde: Nein, du bleibst hinten, egal, um wieviel schneller du bist. (Dr. Marko bezieht sich auf die Stallorder an Nico Rosberg, M.B.)
Aber einem gesunden Team-Klima war das gewiss nicht zuträglich.
Abendessen werden die beiden wohl nicht zusammen.
Aber die Frage bleibt: Lässt man den Piloten freien Lauf oder muss nun ein ernstes Wort gesprochen werden?
Natürlich muss man mit ihnen ein ernstes Wort sprechen. Aber das alles ist nicht so einfach. Wir fahren da vorne ja nicht alleine herum. Da gab es auch noch zwei Mercedes, die aufrückten, das galt es ebenfalls zu berücksichtigen.
Was sagt der Doppelsieg über das Kräfteverhältnis aus?
Das ist noch zu früh. Auch Malaysia war ein aussergewöhnliches Rennen – wegen des Regens am Start. Aber es scheint, dass wir stark genug sind, um vorne mitfahren zu können.
Wie waren die beiden Stunden in der Box?
Nicht angenehm. Weil man die ganzen Kommandos mitkriegt, die Zwischenzeiten sieht, und uns war natürlich klar, dass er ganz knapp in der Nähe von Vettel wieder auf die Bahn kommen würde. Es ist schwierig, zwei Fahrer in einer solchen Situation unter Kontrolle zu behalten.
Aber so wie Mark vor der Siegerehrung erklärt hat, gab es die Vorgabe, die Positionen zu halten?
Ja, aber das bezog sich auf zuvor, als er um drei oder vier Sekunden vorne lag. Wenn die beiden natürlich auf Augenhöhe kämpfen, ist das schwer umzusetzen. Ich hoffe, dass wir das intern nun lösen können.