Sauber-Team: Rettung nur dank Hilfe aus Russland?
Mitte Mai 2013 tauchten erste Gerüchte auf, Sauber stehe vor einem Abkommen mit neuen Geldgebern aus Russland. Die Spur führte zum staatlichen Schwergewichtler Gazprom – dem grössten Erdgasförder-Unternehmen der Welt (Umsatz 2011: 120 Milliarden Euro) und dem grössten Arbeitgeber Russlands (rund 450.000 Fachkräfte).
Gazprom ist in der Formel 1 kein Unbekannter: Im August 2002 ging Minardi-Rennstallbesitzer Paul Stoddart (der das Team später an Red Bull verkaufte, daraus wurde Toro Rosso) ein Abkommen mit Gazprom ein. Der unbekannte Sergej Zlobin erhielt für 2003 den Posten eines Testfahrers, mit 33 Jahren war der erste russische Formel-1-Fahrer aber nicht eben ein Nachwuchstalent. Bald wurde klar, dass Zlobin nicht das Zeug zum Formel-1-Stammfahrer besass. Das Abkommen zwischen Minardi und Gazprom zerfiel.
Das Moskauer Unternehmen wurde später mit dem ersten Vollzeit-GP-Piloten aus Russland in Verbindung gebracht, Vitaly Petrov. Aber über die wahre Unterstützung aus Russland für den WM-Zehnten von 2011 (mit Renault) muss ein fettes Fragezeichen gesetzt werden. Wäre sie so nachhaltig, wieso hat Petrov dann für 2013 keinen Platz mehr in der Formel 1 gefunden? Bei Caterham wurde er durch die Bezahlfahrer Charles Pic und Giedo van der Garde verdrängt.
Der russische Staat hält 50 Prozent am Unternehmen Gazprom plus eine Aktie, im Aufsichtsrat hält die Regierung die Mehrheit der Sitze. Russische Formel-1-Berichterstatter hier auf dem Nürburgring sagen: Ohne Zustimmung des russischen Präsidents Putin gibt es keine Entscheidung für ein so weitreichendes Engagement wie jenes von Gazprom in der Formel 1.
Dennoch taucht im Zusammenhang mit Sauber und Gazprom aus verschiedenen Informationsquellen immer wieder der Name Petrov auf. Vitaly ist möglicherweise der Schlüssel zum Geld aus Russland. Mit dem Argument gegenüber Gazprom und Putin – beim ersten Grossen Preis 2014 in Sotschi (Russland) müsse doch ein einheimischer Fahrer am Start stehen. Ein Argument, das die Unterstützung von Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone findet.
Undurchsichtig ist, ob es sich bei den Sauber-Verhandlungen im Osten um klassisches Sponsoring handelt oder um den Verkauf des Rennstalls. Für ein Mittelfeld-Team mit dieser exzellenten Infrastruktur ist ein Verkaufspreis von 100 bis 120 Millionen Dollar realistisch. Die Frage ist: Wäre ein neuer Besitzer auch bereit, die Schuldenlast (in unbekannter Höhe) zu tragen?
Was läuft da mit dem Sohn des FIA-Präsidenten Todt?
Andere Informanten verraten uns auf dem Nürburgring: In die Zukunft von Sauber ist die Familie Todt verstrickt. Peter Sauber und Jean Todt verbindet eine langjährige Freundschaft. Der frühere Ferrari-Rennleiter, dann -Direktor ist heute Präsident des Automobil-Weltverbands FIA. Auf dieser Freundschaft basiert auch die jahrelange Ferrari-Partnerschaft in Sachen Motoren.
Jean Todts Sohn Nicolas (Teamchef des GP2-Rennstalls «ART Grand Prix», Manager der Grand-Prix-Fahrer Felipe Massa, Pastor Maldonado und Jules Bianchi) wird seit Jahren nachgesagt, er wolle endlich Formel-1-Teamchef werden. Ein Übernahmeversuche von Toro Rosso ist gescheitert. Es ist unklar, ob das angebliche Interesse von Nicolas Todt an Sauber mit den Verhandlungen in Russland verbunden ist oder nicht.
Russland ist für Sauber vielleicht jener Strohhalm, der in Mexiko längst verdorrt ist: Sauber-Sponsor Telmex hat klar gemacht, dass die Familie Slim an einer Übernahme des Rennstalls nicht interessiert sei.