Formel 1 anno 2014: Nicht rohe Motorkraft entscheidet
Viele im Formel-1-Fahrerlager sind überzeugt: Wem mit den neuen Formel-1-Antriebseinheiten (V6-Turbomotor plus Mehrfach-Energierückgewinnung) der grosse Wurf gelingt, der wird im Vorteil sein. Anders gesagt: Wird die Formel-1-WM der kommenden Saison durch die Motorenpartner entschieden? Wird Weltmeister, wer einfach das richtige Aggregat im Heck hat? Und falls dem so wäre – wer ist hier im Vorteil? Mercedes, Ferrari oder Renault? Solche Fragen stellt sich auch der Engländer Andy Cowell, Formel-1-Motorenchef bei Mercedes-Benz. Und der Triebwerksspezialist kommt zu einigen überraschenden Antworten.
Der 44-Jährige aus Blackpool weiss: «Es stimmt zwar, dass wir im kommenden Jahr zwischen den drei Motoren grössere Leistungsunterschiede erleben werden als heute. Das liegt jedoch am Reglement. Der Autoverband FIA fror die Motorenentwicklung weitgehend ein, jenen Herstellern, die vor 2008 ein Leistungsmanko hatten, wurde etwas mehr Spielraum gegeben. Als Ergebnis hatten wir Motoren, die alle mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau angesiedelt waren.»
«2014 wird das anders. Sowohl in Sachen Leistungsentfaltung als auch in Sachen Standfestigkeit wird sich die Bandbreite vergrössern. Wir haben zudem nicht mehr acht Aggregate zur Verfügung wie in diesem Jahr, sondern nur noch fünf Einheiten für die komplette Saison.»
Cowell weiter: «Allerdings halte ich das nicht für den WM-entscheidenden Faktor im kommenden Jahr. Ich glaube vielmehr, dass man in diese Vergleiche auch die aerodynamischen Änderungen mit einbeziehung muss sowie die Anpassungsfähigkeit an die Reifen.»
Ebenfalls ein Faktor werden die Strafen spielen. Die FIA arbeitet an unterschiedlichen Strafen für einzelne Elemente, die kaputt gehen und vorzeitig getauscht werden müssen. Ein einzelner Turbolader fällt in Sachen «Plätze zurück in der Startaufstellung» weniger ins Gewicht als ein kapitaler Motorenplatzer.
Cowell weist auch darauf hin: «Alle reden von der Leistung. Dabei geht eine ganz andere Herausforderung fast etwas unter – wir dürfen 2014 nur noch 100 Kilo Sprit verbrauchen, das ist ein Drittel weniger als in diesem Jahr. Ich würde das als eher aggressives Ziel bezeichnen.»
So oder so dürfen wir uns 2014 auf einige Überraschungen gefasst machen.