Renault-Misere: Gerät Autoverband FIA in Zwickmühle?
Alle reden vom 16. März und dem ersten Formel-1-Saisonrennen in Australien. Aber das erste Rennen der Saison 2014 geht bereits heute zu Ende: Am 28. Februar müssen die drei im GP-Sport vertretenen Hersteller Renault, Ferrari und Mercedes beim Autoverband FIA hinterlegen, mit welcher Motorspezifikation sie antreten. Gemäss Reglement darf dann nur noch aus drei Gründen nachgerüstet werden, und die auch noch unter kompletter Transparenz vor den anderen Herstellern – nämlich in Belangen der Sicherheit oder der Standfestigkeit oder wenn es um Kostenersparnis geht. Von nachträglicher Erhöhung der Leistungsfähigkeit ist im Reglement nichts zu finden. Ein Antrag zum Nachrüsten kann überdies von den anderen beiden Herstellern angefochten werden. Und damit betreten alle Beteiligten sehr dünnes Eis.
Obschon Renault bislang stets beteuert hat, man habe mit der Leistungsfähigkeit der neuen Antriebseinheiten (also V6-Turbomotor mit Mehrfach-Energierückgewinnung) kein grundsätzliches Problem, sickert im Fahrerlager von Bahrain durch: die Franzosen hätten sehr wohl bei der FIA vorsondiert, ob eine Verlängerung obiger Frist denkbar sei. Das würde den Autoverband FIA in eine sehr ungemütliche Situation manövrieren. Um genau zu sein, würde das Ablehnen eines solchen Antrags die FIA ebenfalls in eine gefährliche Situation bringen. Die klassische Zwickmühle.
Spielen wir einmal ein paar Gedankenmodelle durch.
Nehmen wir an, Renault ersucht tatsächlich um Verlängerung der Frist. Würde die FIA zustimmen, müsste sich der Autoverband unter Leitung eines Franzosen (Jean Todt ist Präsident) sofort Vetternwirtschaft für die eigenen Landsleute vorwerfen lassen.
Ferrari und Mercedes würden zu Recht einwerfen: Wieso sollen sie darunter leiden, wenn Renault die Hausaufgaben nicht so gut erledigt hat wie sie?
Andererseits: Schmetterte die FIA das Ansinnen ab und – weiterhin hypothetisch – die Renault-Teams würden 2014 und darüber hinaus hinterherfahren, welchen Sinn würde das für die Formel 1 als Sport machen? Zudem: die Entwickung wird schrittweise und immer mehr eingefroren, bis 2020. Sollte man den Franzosen zumuten, sieben Jahre lang ohne Aussicht auf Erfolg anzutreten? Würde der Renault-Vorstand nicht die Frage in den Raum stellen: «Wenn wir keine Chance auf Siege und Titel haben – was machen wir dann überhaupt im GP-Sport?»
Die Formel 1 kann es sich schlicht nicht leisten, Renault zu verlieren. Ausser, ein anderer Hersteller würde einspringen.
Oder bietet sich vielleicht eine Hintertür? Würde Renault vor den FIA-Regelhütern argumentieren, man müsse an den Triebwerken weiterentwickeln können, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten?
Renault könnte auch ins Feld führen, schliesslich habe die FIA schon einmal ein Nachrüsten erlaubt – ein gefährlicher Präzedenzfall.
Zur Erinnerung: 2006 hatte man sich darauf geeinigt, die Motorentwicklung ab dem Wochenende des Japan-GP 2007 einzufrieren. Für 2006 hatte die Formel 1 von V10- auf V8-Sauger umgestellt und von 3 Litern Hubraum auf 2,4 Liter. Leider schien Renault gemessen an den meisten Konkurrenten (Ferrari, Mercedes, Honda, Toyota, BMW, Cosworth) im Hintertreffen und erhielt von der FIA tatsächlich die Erlaubnis zum Nachlegen.
Ob sich die Geschichte wiederholt, wird sich in den kommenden Tagen zeigen.