Sorgenkind Renault: 60 Prozent der Probleme gelöst?
Renault-Sportchef Cyril Abiteboul mit Christian Horner, Teamchef von Red Bull Racing
Viele Formel-1-Experten glauben: der Vorsprung von Mercedes ist auf Antriebsseite so gross, dass er auf Jahre hinaus anhalten könnte. Einer, der das nicht glaubt, ist Cyril Abiteboul, Direktor von Renault Sport F1. Der Franzose sagt: «Ich würde nie verlangen, dass man ein Reglement ändern, um den Rückstand auf einen Konkurrenten aufzuholen. Ich sehe überhaupt keinen Grund, wieso wir nicht auf das Niveau von Mercedes kommen sollten. Das ist doch nur eine Frage der Zeit.»
Wer die Renault-Fahrer von Red Bull Racing und Toro Rosso in Melbourne herummurksen sah, würde diesen Worten kaum glauben schenken: die Antriebseinheiten der Franzosen waren schlecht fahrbar und die Leistung war auch mangelhaft.
Abiteboul begründet seine Logik damit, dass Renault mehr Entwicklungswertmarken einsetzen kann als Mercedes und Ferrari. Von den 2015 möglichen 32, so genannten Token hat Mercedes vor der Saison zur Entwicklung 25 verbraucht, Ferrari erst 22, Renault sogar erst 20.
Abiteboul weiter: «Gleichzeitig ist uns auch klar, dass wir schneller entwickeln müssen. Die nächsten beiden Jahre werden richtungsweisend sein, denn das Reglement sieht ja vor, dass man als Motorenhersteller von Jahr zu Jahr weniger Teile modifizieren darf. Da muss man sehr sorgfältig abwägen, um welche Elemente man sich jetzt kümmern sollte und welche später kommen sollen. Es gilt, die Wertmarken so effizient als möglich einzusetzen. Du musst auch abschätzen, wie viele Vorteile es bringt, welche Bereiche des Motors zu entwickeln. Es geht nicht nur darum, der Schnellste bei der Entwicklung zu sein. Es geht darum, was sich auf der Rennstrecke und auf der Stoppuhr am meisten auswirkt.»
Das Reglement der Antriebseinheiten sieht vor – bis Ende 2017 sind 35% des Motors festgelegt und dürfen nicht mehr verändert werden, bis Ende 2018 sind es 98%.
Abiteboul sagt: «Es ist wichtig, sich also nicht verlocken zu lassen, sondern die Ruhe zu bewahren. Alle Entwicklungspläne müssen auch auf Mittelfristigkeit ausgelegt sein, eine Überreaktion jetzt bringt nichts.»
«In Malaysia haben wir in Sachen Fahrbarkeit zugelegt. Aber es war nicht möglich, von Melbourne bis Sepang alle Probleme zu lösen. Ich würde sagen, wir haben 60 Prozent der Probleme gelöst. Und das hat schon einen enormen Unterschied gemacht.»
Zur Erinnerung: in Malaysia kamen alle Renault-Autos unter die besten Zehn, allerdings auf den Rängen 7 bis 10, und mit Toro Rosso vor Red Bull Racing, weil es bei RBR grosse Schwierigkeiten mit den Bremsen gab.
Cyril Abiteboul: «In China kommt in Sachen Fahrbarkeit noch mehr, dann kümmern wir uns um Leistung. Ich sehe uns nicht um Meilen von Mercedes entfernt. Das sehen wir anhand unserer Messungen. Wir wissen, was zu tun ist, und wir sind nicht überrascht davon, wo wir liegen.»