Haug sieht Gefahr für Formel E: Eine Herkulesaufgabe
Norbert Haug
Er hat es selbst erlebt. In der DTM mit drei Herstellern, in der Formel 1 mit noch mehr Autobauern, die zwar dabei waren und den Serien Vielfalt brachten. Aber daneben auch eigene Meinungen, große Ziele, eigene Interessen. Und damit bisweilen arg viele Diskussionen. Norbert Haug hat als Motorsportchef von Mercedes unzählige Diskussionen geführt. Sinnvolle. Und auch ganz viele unsinnige.
«In einer Zeit, als fünf Hersteller in der Formel 1 waren, gab es Meetings, die waren so kontrovers, dass man sich an deren Ende noch nicht einmal aufs Datum des nächsten Treffens einigen konnte», sagte Haug dem kicker.
«In der DTM sehen wir ja, wie schwer es ist, drei Hersteller zu koordinieren. Zehn wie in der Formel E sind eine Herkulesaufgabe», so Haug weiter.
Bei den Diskussionen um die Ausrichtung der Motorsport-Königsklasse ab 2021 kann man auch heute noch erkennen, wie wenig in eine gemeinsame Richtung gedacht wird. Oder zumindest nicht genug. Alle wissen, dass etwas getan werden muss. Von den eigenen Vorteilen wollen aber nur die wenigsten etwas abgeben.
Auch in der DTM war und ist man sich oft nicht einig. 2017 zogen sich zum Beispiel Diskussionen um Performance-Gewichte durch die gesamte Saison, erst zwei Events vor dem Ende fiel die Entscheidung, sich davon zu trennen. Verbunden mit Diskussionen, wie man die Gewichte, die das Feld performancetechnisch zusammenhalten sollten, adäquat ersetzen kann.
Es kann zwar am Ende nur einen Sieger geben, im Idealfall kämpfen aber alle drei Hersteller bis zu den letzten Metern um den Titel. So die Intention. Wenn aber ein Hersteller jahrelang auf den letzten Metern steckenbleibt, kann es Probleme geben.
Auch in der Formel E wird es nur einen Sieger geben können. Vor allem in der Zukunft, wenn weitere Hersteller nachrücken. Politische Spielchen drohen, ein Wettrüsten. Noch werden die Kosten durch viele Einheitsbauteile wie die Williams-Batterie oder das Chassis in Grenzen gehalten. 817.000 kostet ein Elektro-Bolide. «Noch kann man in der Formel E relativ unauffällig verlieren. Aber das wird sich ändern», sagt Haug.
Aber: «Die Voraussetzungen an sich sind in der Formel E erst einmal sehr gut. Wenn es wirklich klappen sollte, die zehn Hersteller konstruktiv zu koordinieren, wäre das eine grandiose Leistung.» Er selbst findet die Formel E gut, muss sich aber noch an den Sound gewöhnen. «Weil ich nicht weiß, ob ich die Straßenbahn oder ein Rennauto höre.»