BMW-Megatest: WM-Bike wäre nur dritte Wahl
BMW Motorrad Motorsport bot Journalisten und Testfahrern auf der Grand-Prix-Strecke in Jerez die einmalige Möglichkeit, die S1000RR in sieben verschiedenen Konfigurationen zu fahren: Von der normalen Serienversion bis zum Superbike aus der Weltmeisterschaft.
SPEEDWEEK.com stellte sich die Frage, wie ein normaler sportlich ambitionierter Motorradfahrer die Unterschiede zwischen den verschiedenen Rennmaschinen beurteilt. Als Testfahrer wählten wir Michael Reich aus Bad Waldsee, er fährt privat eine S1000RR Baujahr 2011, verfügt nur über rudimentäre Rundstreckenerfahrung, war nie zuvor in Jerez und fuhr auch noch nie mit Slicks. Auch die im Rennsport übliche Umkehrschaltung war ihm neu.
Das Prozedere war immer gleich: Inlap, eine schnelle Rune, Outlap. Zum Anpassen an das Motorrad bleibt da keine Zeit. Anpassung des Bikes an den Fahrer: Fehlanzeige. Unser Testpilot musste so klarkommen, wie ihm das jeweilige Rennteam die Maschine servierte.
Es ging los mit der Serienversion der S1000RR, Baujahr 2014, es folgten Bikes aus der Endurance-WM und der IDM. Als krönender Abschluss kam das Superbike-WM-Motorrad von Sylvain Barrier. Da BMW in dieser Weltmeisterschaft nach Evo-Reglement antritt, sind Motor und Elektronik nahe an der Serie, das Chassis ist jedoch ebenso maximal modifiziert wie bei den richtigen Superbikes.
«Ich bin ein bisschen enttäuscht von dem Ding», meinte Michael Reich. «Das Bike rutscht. In Kurve 11 gebe ich Gas und komme im halben Slide raus, wenn du ein bisschen zu viel Gas gibst. Vielleicht bin ich mit dem WM-Motorrad auch etwas mutiger geworden. Das war das letzte Bike, ich kannte die Strecke ein bisschen besser und es ist deshalb gerutscht. Oder es rutschte, weil alte Schlappen drauf waren und ich für die IDM-Bikes neue Reifen hatte? Wahrscheinlich hätte das alles nichts ausgemacht, wenn ich kein so ein Schisser wäre – schreib das nicht – aber ich habe mich auf den IDM-Bikes wirklich wohler gefühlt. Was ich gar nicht brauchen kann, ist wenn man den Gasgriff so weit nach unter drehen muss, am Besten noch nachgreifen. Ich glaube, dass ich auf Reiterbergers Motorrad am Schnellsten war.»
Davon abgesehen, dass ein Rennfahrer alles besser macht als ein Hobby-Pilot: Wo verlieren normale Menschen die meiste Zeit, haben wir uns gefragt und BMW um einige Daten gebeten. Die Antwort: beim Bremsen!
Übertrieben gesagt: Ein normaler Motorradfahrer bremst nicht. Ende der Gegengeraden in Jerez nützte Reich 69 mm Federweg vorne, von 125 mm Maximum. WM-Pilot Barrier brauchte 116 mm. Unser Testfahrer verzögerte mit -0,57 g, Barrier mit -1,13 g.
Die größten Speed-Unterschiede gibt es am Scheitelpunkt von schnellen Kurven, der Volllastanteil eines Hobbypiloten ist deutlich geringer.
Ist es wirklich so, dass die Rennmotorräder immer einfacher zu fahren sind, je besser sie werden, fragten wir unseren Testpiloten. «Ja, viel einfacher. Wenn ich alle bisherigen Bikes miteinander vergleiche, sind die Unterschiede riesig. Mir haben die IDM-Bikes am besten getaugt, die WM-Maschine nicht so. Warum, kann ich allerdings nicht sagen.»
Technische Daten WSBK BMW S1000RR EVO #52:
MOTOR / ELEKTRIK / KRAFTÜBERTRAGUNG
Bauart: Wasser-/ölgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Titanventile pro Zylinder, zwei obenliegende Nockenwellen, Motor entspricht Serienversion der BMW S1000RR, jedoch handselektierter Einzelaufbau unter Ausnutzung aller positiv wirkenden Toleranzbereiche innerhalb der Homologationsgrenzen
Hubraum: 999 ccm
Nennleistung: 198 PS
Bohrung x Hub: 80 x 49,7 mm
Verdichtungsverhältnis: 14:1
Kraftstoffsystem: Serienversion BMW S1000RR
Kupplung: EVR Anti-Hopping Kupplung
MASSE / GEWICHTE
Länge: 2056 mm
Breite: 532 mm
Radstand: 1450 mm
Nutzbares Tankvolumen: 24 l
Leergewicht: 168 kg
Race-Specials-Ausstattung:
DTC Dynamic Traction Control, 4 Fahrmodi Rain, Sport, Race, Slick, Bedatung frei wählbar bzgl. Fahr-Parameter durch Race Calibration Kit 2, Speziell angepasster Rennkabelbaum, LiPo4 Batterie, EVO Hinterradaufhängung, Karbon-Verkleidung, handgefertigter 24-Liter-Tank, Alu-Heckrahmen und Karbon-Sitz, CNC-gefräste Gabelbrücke, Lenkkopfwinkel und Nachlauf einstellbar, Vollaluminium Racing Kühler, Volltitan-Abgasanlage (Akrapovic).
Renn-Fahrwerk: Öhlins EVO (Spezifikation von FIM festgeschrieben)
Renn-Bremse: Brembo EVO (Spezifikation von FIM festgeschrieben)
Räder (geschmiedet): Marchesini
Renn-Reifen: Pirelli