Forward fährt KLX: Sparsamer Umgang mit der Wahrheit
Simone Corsi im November 2013 beim Test in Almeria
Nach der Exklusiv-Meldung von SPEEDWEEK.com geriet das italienische Team NGM Forward Racing in Zugzwang. Es kündigte heute hastig ein neues Moto2-Technik-Projekt an und wird mit der «Forward KLX» bereits von 18. bis 20 Februar in Jerez testen.
Forward übernimmt einfach die Kalex-Bikes des Avintia-Blusens-Teams, für das 2013 Kyle Smith und Toni Elias fuhren.
Dieses Projekt sei Dank der Erfahrung der letzten Jahre entwickelt worden, in denen Forward verschiedene Moto2-Maschinen wie Suter, FTR und Speed-up eingesetzt hat, will uns Forward weismachen.
Das ist wahrlich ein sparsamer Umgang mit der Wahrheit, um das Wort Lüge zu vermeiden. Denn Forward behauptet, man habe mit diesem Projekt bereits nach dem Valencia-Test im letzten November begonnen. Forward könne bei diesem Projekt auch auf die Unterstützung von Öhlins, Brembo, Akrapovic, 2D und FTR zählen, wird verlautbart.
Naja, bei diesem Firmen kann jedes Team Federelemente, Bremsen, Auspuffanlagen und Data-Recording-Equipment kaufen.
Und von FTR hat SPEEDWEEK.com erfahren, dass die startklaren Moto2-Maschinen für die bedauernswerten Mattia Pasini und Simone Corsi in England stehen, aber nicht ausgeliefert werden, weil Forward die Zahlungsfrist nicht eingehalten hat.
Kann ein Fahrer so ahnungslos sein?
Mit dem Informationsfluss zwischen dem Forward-Team und den Piloten dürfte es auch nicht zum Besten bestellt sein. Denn Simone Corsi sagte beim Almeria-Test am 28. November 2013 zu SPEEDWEEK.com: «Wir haben hier FTR-Maschinen des Jahrgangs 2012 getestet, bis Februar werden wir die neuen 2014-Maschinen von FTR erhalten.»
Corsi wusste sogar vor wenigen Tagen noch nichts von diesem ominösen Forward-KLX-Projekt. «Simone hat mich vor rund zehn Tagen angerufen, als ich in Japan war», erzählte JiR-Teambesitzer Luca Montiron heute in Valencia. «Er fragte, ob ich ihm für die Tests eine TSR anbieten kann. Er hat behauptet, die FTR-Maschinen werden erst mit Verspätung fertig.»
Die Wahrheit dürfte so aussehen: Forward kann die FTR-Maschinen nicht bezahlen.
Das will FTR aber nicht inoffiziell bestätigen, weil zwischen FTR und Forward eine aufwändige Zusammenarbeit für die Open-M1-Yamaha in der MotoGP-Klasse besteht. FTR baut für die Maschinen von Aleix Espargaró und Colin Edwards Chassis, Schwingen, Verkleidungen und so weiter.
Weil die Moto2-Pläne mit FTR gescheitert sind, wurde von Forward zu einer Notlösung gegriffen und das Kalex-Material von Blusens-Avintia übernommen.
Kalex hat gegenüber SPEEDWEEK.com angekündigt, dass Forward keinen technischem Support erhalten wird, weil den existierenden Teams wie Pons, MarcVDS, Italtrans, Dynavolt, Idemitsu und SAG schriftlich die Ausrüstung von maximal zwölf Fahrern zugesagt wurde. Am Schluss wurde mit Einverständnis der Teams um zwei Fahrer auf 14 aufgestockt – Syahrin und Shah kamen noch dazu.
«Das Motorrad von Kyle Smith hat bereits 31 Stürze hinter sich», erzählte Kalex-Chef Alex Baumgärtel.
Marc-VDS-Teammanager Michael Bartholemy ist verärgert. «Was Forward jetzt macht, ist nicht normal», schimpft er.
Jürgen Lingg, Technik-Direktor des Dynavolt Intact GP-Teams, sieht dem neuen Projekt gelassen entgegen. «Sollen sie doch fahren mit dem krummen Schrott...»
Die Kalex-Eigentümer Klaus Hirsekorn und Alex Baumgärtel (aus ihren Vornamen setzt sich KALEX zusammen) haben heute früh in Valencia alle Kundenteams zu einer Krisensitzung zusammengetrommelt. «Kalex und alle Teams waren sich einig, dass niemand Teile an diese Truppe verkauft. Wenn sich alle daran halten, werden sie nicht weit kommen», meint Jürgen Lingg.
Baumgärtel: «Von uns kriegt Forward keine Teile»
Alex Baumgärtel erfuhr von SPEEDWEEK.com von den Plänen der Forward-Truppe und vom neuen Kürzel «KLX». «Von uns kriegen sie jedenfalls keine neuen Teile», versicherte Baumgärtel. Und was sagt er zur Typenbezeichnung KLX? «Besser als Kalex, denn die Bezeichnung würde ich nicht zulassen», beteuert Designer Baumgärtel.
Eines der beiden Chassis könnte schon ein paar Sollbruchstellen aufweisen. «Kyle Smith hat damit 31 Stürze fabriziert», weiss Baumgärtel.
«Wir wollen nicht mehr an einen Chassis-Hersteller gebunden sein», sagt Marco Curioni, Managing Director bei Forward. «Kalex war 2013 Weltmeister. So haben wir eine gute Basis. Wir haben jedoch Raum für Verbesserungen gesehen. Jetzt sind wir nicht mehr an eine Partnerschaft gebunden, die uns nicht genügend technische Freiheiten lässt.»