Forward: Schulden bei FTR – jetzt zu Kalex?
Das Moto2-Team von Forward Racing gab in den letzten Tagen Zweifel auf. Der Team-Truck tauchte am Sonntag plötzlich in Almeria auf, doch die Piloten Mattia Pasini und Simone Corsi fuhren nicht auf die Strecke.
Kein Wunder: Denn der britische Chassis-Hersteller FTR hat die neuen Rolling Chassis für die Saison 2014 nicht herausgerückt, weil die Rechnungen nicht fristgerecht bezahlt wurden.
«Forward steckt anscheinend finanziell in der Klemme», sagte ein FTR-Sprecher gegenüber SPEEDWEEK.com. «Angeblich haben einige Sponsoren bisher nicht bezahlt. Oder sie warten auf Geld der Teamvereinigung IRTA. Oder sie wollen sich ganz auf das MotoGP-Projekt mit FTR und den Yamaha-M1-Piloten Aleix Espargaró und Colin Edwards konzentrieren. Die für Forward gebauten 2014-Maschinen befinden sich bei uns in England.»
Forward hat für die beiden MotoGP-Fahrer YZR-M1-Motorenpakete geleast, Yamaha stellt letztjährige Chassis und Schwingen zur Verfügung, das kostet 800.000 Euro pro Fahrer. FTR hat die Verkleidungen gebaut, schrittweise sollen auch Chassis und Schwinge bei FTR entwickelt und konstruiert werden.
Der mehrlichtige Italiener Giovanni Cuzari, der früher Auto-Rallyes bestritten hat, soll mit seiner Firma Media Action Sponsor FIAT an das Yamaha-Werksteam vermittelt haben. Jetzt ist er CEO des Forwards-Teams. Er gilt im GP-Paddock als schillernde Figur und hat zum Beispiel im Schweizer Tessin ein Appartment an Jorge Lorenzo verkauft, das im Herbst angezündet wurde. Es habe sich um einen Racheakt gegenüber Cuzari gehandelt, war zu hören.
Cuzari setzte im Vorjahr Edwards und Corti auf FTR-Kawa in der MotoGP-WM ein, dazu vier Fahrer mit Speed-up in der Moto2: Corsi, De Angelis, Pasini und Cardús.
Bei der Firma Suter Technology in Turbenthal/CH stand Forward aus der Saison 2012 noch mit rund 150.000 Euro in der Kreide. «Wir haben uns kürzlich aussergerichtlich geeinigt», erklärte Firmenchef Eskil Suter beim IRTA-Test in Valencia gegenüber SPEEDWEEK.com. Jetzt türmt sich bei FTR der nächste Schuldenberg auf.
Deshalb ist Forward in Valencia nicht aufgetaucht und ist somit gegenüber der Teamvereinigung IRTA vertragsbrüchig geworden. Denn die Teilnahme an den neun Testtagen in Valencia und Jerez (zweimal) ist Pflicht.
Und bei der Firma ExternPro werden natürlich für Forward alle Einheitsmotoren für die Saison 2014 vorbereitet.
Forward will Kalex-Bikes von Avintia einsetzen
Inzwischen ist durchgesickert, dass die Forward Racing-Truppe jetzt im Avintia-Teamhauptquartier in Barcelona aufgekreuzt ist und das letztjährige Kalex-Material von Kyle Smith und Toni Elias für den Jerez-Test vorbereitet, der am Dienstag beginnt. «Forward betrachtet die Kalex-Bikes als Übergangslösung. Sie wollen damit testen, bis sie bei uns das FTR-Material bezahlen können», meint unser FTR-Informant.
Die Kalex-Eigentümer Alex Baumgärtel und Klaus Hirsekorn raufen sich die Haare. Denn sie haben ihren Moto2-Teams schriftlich zugesagt, in der Moto2-WM maximal zwölf Bikes an den Start zu bringen. Inzwischen wurde das Aufgebot wegen Hafizh Syahrin (Petronas) und Azlan Shah (Idemitsu) bereits auf 14 Fahrer erhöht.
Was passiert, wenn Forward jetzt das Avintia-Gerümpel kauft? Klaus Hirsekorn: «Gute Frage. Für uns wäre das natürlich Scheisse. Wir haben schon genug Hauen und Stechen gehabt, um von den anderen Teams noch Syahrin und Shah bewilligt zu kriegen.»
Kalex-Designer Alex Baumgärtel wirkt ratlos. «Letztes Jahr haben alle existierenden Moto2-Teams von uns unterschrieben, dass es keinen Technik-Support von Kalex gibt, wenn sie unser Material an ein anderes Team verkaufen. Dieses Agreement hat auch Avintia unterzeichnet», erzählt er. «Das Gerücht, dass Forward das Material von Avintia kaufen will, ist bereits zu uns durchgedrungen.»
Ohne Kalex-Support wird Forward in der WM nicht weit kommen. «Das Chassis von Kyle Smith hat schon 31 Stürze hinter sich», weiss Baumgärtel. «Das ist schon beim zweiten Rennen in Texas 2013 in der Wand gesteckt.»
Und was passiert, wenn ein existierendes GP-Kundenteam von Kalex unter der Hand Ersatzteile an Forward verscherbelt? «Ich schliesse aus, dass eines unserer Teams so etwas macht», ist Baumgärtel überzeugt.