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Hervé Poncharal: «Dann pocht das Herz sehr schnell»

Von Günther Wiesinger
Hervé Poncharal umarmt Dani Holgado

Hervé Poncharal umarmt Dani Holgado

Mit Daniel Holgado kämpft das Red Bull KTM Tech3 Team im vierten Jahr in der Moto3-WM erstmals um den Titel. Hervé Poncharal erklärt, was die Arbeit mit den jungen Fahrern im Vergleich zur MotoGP besonders macht.

Das Red Bull KTM Tech3 Team tritt 2023 zum vierten Mal in der Moto3-Weltmeisterschaft an, die erst ein Thema wurde, als sich der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer im August 2019 beim Österreich-GP zum Rückzug als Moto2-Chassis-Lieferant entschloss, um mehr Manöver und Budget in die MotoGP-Aufholjagd investieren zu können. Tech3 setzte damals in der Moto2-WM Marco Bezzecchi und Philipp Öttl ein. Und im Red Bull KTM Ajo Team verlor Brad Binder den Titelfight gegen Alex Márquez nur um drei Punkte.

Damals war Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal anfangs etwas enttäuscht, denn er hatte sich von 2010 bis inklusive 2018 mit der Eigenbau-Mistral 610 an der Mittelgewichtsklasse beteiligt und hatte dann wegen des späten Zeitpunkts Mühe, für 2020 noch vielversprechende Moto3-WM-Piloten zu finden. Mit den unerfahrenen Talenten Sasaki und Öncü war damals kein Staat zu machen; sie schlossen die WM auf den Positionen 16 und 17 ab.

2021 verbesserte sich das Tech3-Duo auf die WM-Ränge 9 und 11.  Aber dann brauchten die Pierer-Gruppe und Red Bull Platz für jüngere Fahrer, Sasaki stand plötzlich als WM-Neunter auf der Straße. «Die Nachfrage nach Ayumu hielt sich stark in Grenzen»,  schildert Husqvarna Factory Teamchef Peter Öttl. «Ich sah sein Potenzial und habe ihn gerne genommen.»

In Poncharals Tech3-Team wurde also der Japaner Sasaki gegen Adrián Fernández getauscht, der als Bruder von Raúl (Moto2-WM-zwieter 2021) nur genommen wurde, um die Familie Fernández friedlich zu stimmen und Raúls Yamaha-MotoGP-Träume zu stoppen. Adrián kam aber im Vorjahr über den 20. WM-Rang nicht hinaus...

Sasaki hingegen kämpfte 2022 auf der Husky um den Moto3-WM-Titel, wurde WM-Vierter und eroberte in Assen und Spielberg seine ersten beiden GP-Siege.

Nach drei Jahren Aufbauarbeit wurde im Herbst vom Pierer-Konzern für 2023 noch der WM-Fünfte Deniz Öncü für 2023 ins Ajo-KTM-Team beordert, weil Jaume Masia zu Leopard-Honda zurückkehrte.

Aber Hervé Poncharal hatte vorgesorgt und sich mit Daniel Holgado geeinigt, den er schon für 2022 als Stammfahrer haben wollte. Er wurde aber dann firmenintern zu Ajo transferiert, weil dort der Deal mit David Alonso nicht zustande kam.

Hervé Poncharal und Tech3 haben also einige Jahre gebraucht, bis in der Moto3-WM die Titeljagd möglich wurde. Der Franzose musste in den ersten drei Jahren einige Rückschläge hinnehmen, blickte aber immer auf das große Bild. «Wenn Stefan Pierer als Firmenchef Wünsche äußert, kommt man ihnen gerne nach», hält Poncharal fest.

Der Red Bull-KTM-Tech3-Teamchef traute Holgado schon im Herbst einiges zu, denn der Junioren-Weltmeister von 2021 hatte 2022 im Ajo-Team als Rookie neun Top-Ten-Ergebnisse erzielt und sich auf den elften WM-Rang vorgearbeitet.

Nach drei Siegen in Portimão, Le Mans und Mugello ging Holgado trotz des Ausrutschers in Assen als WM-Leader in die Sommerpause – 16 Punkte vor Jaume Masia (Honda) und 26 Zähler vor Ayumu Sasaki (Husqvarna).

Die Moto3-Fahrer von Red Bull KTM Tech3

2020: Deniz Öncü, Ayumu Sasaki
2021: Deniz Öncü, Ayumu Sasaki
2022: Deniz Öncü, Adrián Fernández
2023: Daniel Holgado, Filippo Farioli

«Es stimmt, als mir Stefan Pierer in Österreich 2019 sagte, ich müsse in die Moto3-Klasse wechseln, war ich zuerst schockiert», räumt Poncharal ein.

«Aber ich habe immer zugestimmt und verstanden, wenn bei KTM Konzepte oder Strategien geändert wurden. Wir lieben die Moto3 jetzt, und sie hat mir immer schon gefallen. Vor 2020 hatte das Zuschauen noch den Vorteil, dass wir als Team nicht beteiligt waren und das Spektakel in Ruhe genießen konnten. Wenn du dann mitfährst, pocht das Herz sehr schnell, das kann ich dir sagen.»

«Die Moto3 ist eine extrem schöne Klasse, denn wir haben von KTM ein sehr konkurrenzfähiges Motorrad, das ist unbestritten. Außerdem arbeite ich gern mit den Rookies zusammen, die die Weltmeisterschaft entdecken. Die Arbeit mit den Moto3-Jungs unterscheidet sich von der MotoGP, in der du es mit professionellen und erwachsenen Piloten zu tun hast, die viele Jahre GP-Erfahrung haben. Sie haben meist schon in der Moto3- oder Moto2-Klasse gewonnen und kennen das Geschäft. Sie haben ihre Entourage, sie haben ihre angestammten Arbeitsmethoden. Das muss man respektieren, das ist erfreulich, denn die MotoGP ist die prestigeträchtigste Motorradrennserie der Welt.»

«In der Moto3 ist es ziemlich anders. Die jungen Fahrer erwarten Ratschläge von dir, sie wollen geneinsam über die Strategie diskutieren, das gefällt mir», räumt Poncharal im Interview mit SPEEDWEEK.com ein. «Manchmal tauschen wir Ideen aus. Ich weiß nicht alles, ich bin nicht der größte Guru auf der Welt. Aber es findet ein positiver Gedankenaustausch statt. Und am Ende des Wochenendes kommen die jungen Fahrer und bedanken sich für die Hilfe. Sie könnten meine Enkelsöhne sein. Das ist ein gutes Gefühl. Denn ich umgebe mich gern mit jungen Leuten – das hält mich jung.»

Moto3-Ergebnis Assen (25. Juni):

1. Masia, Honda, 20 Rdn in 34:14,619 min
2. Sasaki, Husqvarna, + 0,081 sec
3. Öncü, KTM, + 0,276
4. Ortolá, KTM, + 0,324
5. Muñoz, KTM, + 0,401
6. Rueda, KTM, + 0,507
7. Veijer, Husqvarna, + 0,819
8. Fenati, Honda, + 1,056
9. Kelso, CFMOTO, + 1,341
10. Nepa, KTM, + 2,024
11. Toba, Honda, + 11,736
12. Moreira, KTM, + 12,254
13. Alonso, GASGAS, + 12,317
14. Artigas, CFMOTO, + 12,592
15. Yamanaka, GASGAS, + 12,594

Ferner:
25. Holgado, KTM, + 1:14,539 min

Moto3-WM-Stand nach 8 von 20 Rennen:

1. Holgado, 125 Punkte. 2. Masia 109. 3. Sasaki 99. 4. Ortolá 94. 5. Öncü 94. 6. Moreira 77. 7. Alonso 65. 8. Artigas 57. 9. Rueda 52. 10. Nepa 46. 11. Suzuki 38. 12. Toba 36. 13. Muñoz 35. 14. Yamanaka 35. 15. Veijer 27. 16. Odgen 20. 17. Salvador 20. 18. Kelso 19. 19. Migno 17. 20. Fenati 16. 21. Bertelle 11. 22. R. Rossi 10. 23. Furusato 6. 24. Azman 5. 25. Aji 4. 26. Farioli 2. 27. Whatley 1.

Konstrukteurs-WM:

1. KTM, 186 Punkte. 2. Honda 134 3. Husqvarna 102. 4. GASGAS 73. 5. CFMOTO 62.

Team-WM:

1. Leopard Racing, 147 Punkte. 2. Red Bull KTM Ajo 146. 3. Angeluss MTA Team 140. 4. Red Bull KTM Tech3, 127. 5. LIQUI MOLY Husqvarna Intact GP 126. 6. Valresa GASGAS Aspar 100. 7. MT Helmets-MSi 82. 8. CFMOTO Racing PrüstelGP 76. 9. SIC58 Squadra Corse 46. 10. CIP Green Power 37. 11. BOE Motorsports 35. 12. Rivacold Snipers Team 27. 13. Vision Track Racing Team 21. 14. Honda Team Asia 10.

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