Amriswil: Alles lief zu Gunsten von Jason Clermont
Bereits im Zeittraining signalisierte Jason Clermont mit seiner Kawasaki, dass er gewillt ist, seine letzte Chance auf den Titel zu nutzen. Seine beiden noch für den Titel in Frage kommenden KTM-Teamkollegen Yves Furlato als Quali-Zweiter und der als Leader angereiste Andy Baumgartner als Dritter bekamen dies bestätigt. Ebenso MXGP-Fahrer Valentin Guillod, der die Gelegenheit nutzte, um – mit Blick auf das in einer Woche stattfindende MXoN – seine 250er-Honda einem letzten rennmäßigen Test zu unterziehen.
Clermont nach Sieg im ersten Lauf auf Titelkurs
So waren es die beiden Teamkollegen Furlato und Baumgartner sowie der wieder zur alten Stärke zurückgekehrte Cyrill Scheiwiller (Yamaha), welche zu dritt durch die Holeshot-Kurve kamen. In der Reihenfolge Baumgartner, Clermont, Scheiwiller, Vincent Seiler und Furlato ging es in die zweite Runde.
In der vierten Runde dann der Führungswechsel, denn der mit großen Erwartungen in sein Heimrennen gestartete Baumgartner musste nach einem Ausrutscher zu Boden. Clermont ließ sich nicht zweimal bitten und übernahm das Tempo-Diktat. In Schlagdistanz folgten Scheiwiller und sein sehr stark fahrender Markenkollege Seiler. Furlato musste alles in die Waagschale schmeißen, um dem Trio folgen zu können, während der nach seinem Sturz nach hinten gespülte Baumgartner versuchte, sich wieder nach vorne zu arbeiten. Doch schnell war klar, dass mit ihm etwas nicht in Ordnung war; er schien nicht mehr so auf dem Bike zu sitzen, wie man das von ihm kennt. Was war geschehen?
«Andy konnte nicht richtig fahren, er hatte sehr starke Schmerzen, nachdem er vergangene Woche beim MXGP-Finale in Villars sous Écot in der letzten Runde des zweiten Laufs sehr schwer stürzte. Er kann mit dem Oberschenkel das Bike nicht richtig drücken, die starke Hüftprellung trägt das Ihre dazu bei», erklärte sein Vater Fritz Baumgartner.
Wer glaubte, dass Clermont aufgrund von Baumgartners Problemen einem lockeren Laufsieg entgegenfahren konnte, wurde überrascht. Denn es waren Scheiwiller und Seiler, die ab Rennmitte vehement versuchten, den Franzosen in die Knie zu zwingen. Phasenweise nebeneinander fahrend, boten sie den Zuschauern eine großartige und an Spannung kaum zu überbietende Show. Erst in der vorletzten Runde gelang es Clermont, sich vom Verfolgerduo entscheidend abzusetzen und einem wichtigen Sieg entgegenzufahren. Hinter Clermont, Scheiwiller und Seiler wurde Furlato Vierter. Damit hielt er die Chance auf den Vizetitel aufrecht, weil Baumgartner nach seinem missratenen Lauf «nur» Achter wurde.
Zweiter Lauf nach schwerem Sturz abgebrochen
Aufgrund der bereits düsteren Lichtverhältnisse wurde das restliche Tagesprogramm im Interesse der Open-Meisterschaft kurzfristig umgekrempelt – um die Titelentscheidung nicht durch schlechte äußere Bedingungen beeinflussen zu lassen.
Einen optimalen Start erwischte Furlato, der als Erster durch die beiden engen Startkurven kam. Direkt hinter ihm fuhr der auf Titelkurs liegende Clermont, vor Honda-Pilot Alain Schafer, Alexandre Lejeune (KTM) und Scheiwiller. Guillod und Baumgartner ihrerseits erwischten einen schlechten Start und folgten knapp in den Top-10.
Furlato als Leader und Clermont und Schafer als erste Verfolger schienen dem Feld enteilen zu können, als noch in der Anfangsphase des Rennens die rote Flagge raus kam – Rennabbruch!
Ein fürchterlicher Sturz von Robin Hanika zwang die Rennleitung zu diesem Schritt, um Hanika an der Unfallstelle durch den Rennarzt und die Sanitäter gefahrlos und bestmöglich versorgen und bergen zu können.
Da zum Zeitpunkt des Abbruchs die Hälfte der Renndistanz noch nicht absolviert war, hätte das Rennen aufgrund des Reglements einen Re-Start erfordert. Weil das Tageslicht jedoch bereits schlecht war und die Sicht für die Fahrer dadurch stark beeinträchtigt wurde, entschied sich die Rennleitung in Absprache mit den Fahrern das Rennen nicht wieder neu zu starten – es wäre viel zu gefährlich geworden.
Diese vernünftige und einzig richtige Entscheidung führte dazu, dass lediglich die Wertung des ersten Laufs zur Beantwortung der Titelfrage herangezogen wurde. Somit wurde Lauf- und auch Tagessieger Jason Clermont Schweizer Meister, vor Andy Baumgartner und Yves Furlato. Das Tagespodium bestieg Clermont als Sieger vor Scheiwiller und Seiler.
Cyrill Scheiwiller, Tages-Zweiter und Sechster in der Meisterschaft: «Ich hatte einen sehr guten Start, in Führung liegend ging es in die erste Runde. Dann verlor ich jedoch einige Plätze. Ich hab’ mich dann wieder nach vorne arbeiten können und gegen Ende des Rennens griff ich auch Clermont nochmals richtig an, weil ich an den Sieg glaubte. Leider hat’s am Ende nicht ganz gereicht. Zu Beginn des zweiten Laufs waren die Sichtverhältnisse bereits ziemlich reduziert, was eine Programmänderung zur Folge hatte. Die Strecke als solches war ganz okay; trotzdem gab es während des Tages einige zum Teil schwere Unfälle. Nachdem Robin Harnika ebenfalls sehr schwer stürzte war klar, dass unser Rennen abgebrochen werden musste. Es eine richtige Entscheidung, denn wenn ein verletzter Fahrer auf der Strecke liegt und durch die Sanitäter versorgt werden muss, dann geht die Sicherheit vor. Dass das Rennen aufgrund der prekären Lichtverhältnisse nicht mehr wiedergestartet werden konnte ist in Ordnung, wenngleich es gegen das Reglement verstößt. Angesichts dieser Situationen ist das okay, denn es gilt Safety first.»