Fabio Quartararo: Erster Triumph des Wunderknaben?
Fabio Quartararo
Bei der Dutch-TT in Assen werden heute beim MotoGP-Rennen alle Augen auf Fabio Quartararo gerichtet sein. Der krasse Außenseiter aus dem neuen Petronas-Yamaha-Team hat nicht nur seinen höher eingeschätzten Teamkollegen Franco Morbidelli entzaubert, immerhin Moto21-Weltmeister 2017, sondern die gesamt Weltklasse. Seit 2008 (Lorenzo) hat kein Rookie in den ersten acht Rennen dreimal die Pole-Position erobert, Jorge gelang das damals sogar im Yamaha-Werksteam gleich bei den ersten drei Grand Prix.
Klar, Quartararo galt schon 2015 in seiner ersten Moto3-WM-Saison als «der neue Márquez», denn er hatte mit 14 und 15 Jahren bereits die spanische CEV Repsol-Championship gewonnen, das ist die heutige Junioren-WM. Danach setzte Honda durch, dass ein CEV-Titelgewinner vor dem 16. Geburtstag in der WM fahren darf. Es kam zu einer «Lex Quartararo», damit der Franzose beim spanischen Estrella Galicia 0,0 Honda-Team 2015 gleich beim ersten Rennen in Katar antreten konnte. Geburtstag hatte er erst einige Wochen später am 20. April.
Doch Fabio konnte die Ansprüche in der Moto3-WM nie wirklich erfüllen. Estrella-Galica-Teamchef Emilio Alzamora (er ist auch Manager von Marc und Alex Márquez) setzte ihn nach einem Jahr auf die Straße. Auch bei Leopard-Honda 2016 und im ersten Moto2-Jahr 2017 bei Sito Pons konnte sich Quartararo nie richtig entfalten, obwohl er immer wieder einzelne Glanzpunkte setzte.
Ex-Rennfahrer Luca Boscoscuro vertraute trotzdem in die Fähigkeiten des jungen Franzosen, er setzte ihn 2018 auf seine Speed-up. Fabio gewann den Catalunya-GP, brillierte auch in Assen und unterschrieb dann bei Petronas-Yamaha, was etliche Experten mit einem Kopfschütteln quittierten, zumal sich auch Lorenzo und Pedrosa angeboten hatten. Quartararo gewann im Oktober 2018 auch das Moto2-WM-Rennen in Motegi/Japan, aber der Sieg wurde im aberkannt, weil im Hinterreifen nach dem Sieg 0,05 bar zuwenig Luftdruck gemessen wurde.
Viele Vorschlusslorbeeren bekam Fabio Quartararo vor seiner ersten MotoGP-Saison nicht, aber. Das Risiko von Teamprinziplal Razlan Razali und Teammanager Wilco Zeelenberg hat sich bezahlt gemacht. Fabio bekam mit Diego Gubellini einen renommierten Crew-Chief, der 19 Jahre bei Gresini tätig war, 2015 und 2016 eineinhalb Jahre lang für Stefan Bradl mit Aprilia. Dann sollte er dort Sam Lowes betreuen, also wechselte Diego zu Marc VDS – und arbeitete 2017 für Rabat und 2018 für Morbidelli.
Valentino Rossi und Yamaha transferierten dann den langjährigen Crew-Chief Ramon Forcada (zuerst bei Lorenzo, dann bei Viñales) zu Petronas und Morbidelli), Gubellini durfte als eine Art Trostpreis die Betreuung von Rookie Quartararo übernehmen. In Wirklichkeit hat der Italiener damit das große Los gezogen…
Quartararo, 20 Jahre alt, am 20. April geborgen und deshalb mit der Startnummer 20 unterwegs, bestreitet heute in Assen seinen 75. Grand Prix, er strebt seinen ersten Podestplatz in der Königsklasse an. In der Moto3 hat er zwei Podiums erreicht, in der Moto2 auch, mit dem Sieg 2018 in Barcelona und mit Rang 2 im Vorjahr in Assen.
Das Team hat Quartararo im Winter darauf vorbereitet, im Lehrjahr die letzten Plätze auf dem Grid zu akzeptieren. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus.
Auch die globalen Sponsoren haben Fabio nicht im Visier gehabt. Nicht für irgendeine Energy-Drink-Firma wirbt der Yamaha-Pilot auf seiner Mütze, sondern für das französische Rennmotorrad-Museum AMV, das auch beim Sachsenring-GP zahlreiche Ausstellungsstücke präsentieren wird.
Die französischen Fans hoffen heute auf den ersten Sieg in der Königsklasse seit 20 Jahren. Quartararo hat im Qualifying die «circuit best lap» aller Zeiten gedreht, er steht zum dritten Mal nach Jerez und Cataluyna auf dem besten Startplatz.
Hochsommerliches Wetter bis 32 Grad mit einem angenehmen Lüftchen erwartet die Zuschauer und Fahrer heute bei der Dutch-TT. In drei Tagen ist hier kein Regentropfen gefallen, ein meteorologisches Wunder. Sonnenbrände statt Regenschirm, heißt die ungewöhnliche Devise.
Fabio Quartararo war gestern 20 Jahre und 70 Tage alt. Er ist jetzt der jüngste Fahrer, der zwei Pole-Positions in der MotoGP in Serie erobert hat. Diesen Rekord hat er Marc Márquez abgejagt.
Der letzte Franzose, der zweimal hintereinander auf der Pole in der Königsklasse stand, war Christian Sarron 1998, auch auf Yamaha, er schaffte sogar fünf Bestzeiten in Serie.
Wenn Quartararo den Assen-GP gewinnt, wird er mit 20 Jahren und 71 Tagen der zweitjüngste Fahrer sein, der bei einem MotoGP-Event triumphiert hat. Márquez gelang es mit 20 Jahren und 63 Tagen in Texas 2013.
Der WM-Stand nach 7 von 19 Rennen:
1. Marc Márquez 140. 2. Dovizioso 103. 3. Rins 101. 4. Petrucci 98. 5. Rossi 72. 6. Miller 53. 7. Quartararo 51. 8. Nakagami 48. 9. Pol Espargaró 47. 10. Crutchlow 42. 11. Viñales 40. 12. Morbidelli 34. 13. Aleix Espargaró 27. 14. Mir 22. 15. Lorenzo 19. 16. Zarco 16. 17. Oliveira 12. 18. Iannone 12.