Bridgestone: Welche Gründe führten zum Rückzug?
Die Bridgestone-Manager Yamada und Futami in Jerez vor den Medien
Ehrlich gesagt, es kam nicht unerwartet. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Bridgestone-Manager fragen würden, ob sich die Investitionen als Einheitsreifen-Lieferant in der MotoGP-WM noch lohnen.
Kyota Futami, General Manager des Motorsport Departement bei Bridgestone, sagte es am Donnerstag in Jerez nicht offen. Aber er stellte fest: «Wir hatten in der MotoGP-WM vier Ziele. Wir wollten unsere Technologie entwickeln, unsere Marke bekannter machen, das Geschäft und den Umsatz ankurbeln und unsere Mitarbeiter stolz machen. Das haben wir alles erreicht.»
Jetzt sei es an der Zeit, ergänzte er, das Unternehmen neu auszurichten.
Wohin die Richtung gehen soll, davon hat er bisher keinen blassen Schimmer. Die Idee ist, im Zweiradgeschäft zu bleiben, neben anderen Branchen.
Bridgestone hat in der MotoGP-WM immer wieder heftige Kritiken der Fahrer einstecken müssen. Zuletzt hatte Jorge Lorenzo am lautesten geschimpft, vor zwei Jahren war es Stoner.
Kein Wunder, wenn in solchen Phasen bei Bridgestone das Ausstiegs-Szenario diskutiert wurde.
Futama dementiert allerdings, dass der Rückzug von Bridgestone per Ende 2015 damit in direktem Zusammenhang steht. «Nein. Die Kritik der Fahrer gehört zum Rennfahrergeschäft. Sie ist Teil unseres Racing-Lebens. Und wir müssen immer festhalten, dass wir bei unseren Fähigkeiten zur Reifenentwicklung sehr stark auf die Meinungen der Fahrer angewiesen sind. Mit anderen Worten: Kritik ist immer produktiv, sie bringt unsere Produkte vorwärts. Aber auch die Hersteller haben ihre Produkte entwickelt, die Motorräder sind besser geworden, die Fahrer haben sich gesteigert, ihre Fähigkeiten und ihr Können haben sich entwickelt, ihr Fahrstil hat Fortschritte gemacht. Und auf einigen Pisten haben sie unsere Erwartungen übertroffen.»
Der Tag, als Rossi kam
Es gab auch Augenblicke, in denen die Kommentare der Fahrer die Reifenfirma angestachelt haben. «Ich kann mich gut an den Tag erinnern, an dem Valentino Rossi verkündet hat, dass er künftig mit unseren Reifen fahren will. Als wir diese Worte gehört haben, sind wir sehr stolz gewesen», versicherte Futami.
Aber es gab auch schreckliche Momente, die bei Bridgestone keiner mehr erleben möchte. Was war der schlimmste Moment? «Das war in Mugello, als Nakano auf der Zielgeraden wegen eines Reifenproblems stürzte», stellte Hiroshi Yamada, Motorsport Manager bei Bridgestone, fest.
Das war 2004. Damals zerplatzte an der Werks-Kawasaki von Nakano in Mugello der Hinterreifen bei rund 300 km/h. Eine Woche später fuhr der Japaner beim Barcelona-GP wieder auf Platz 7.
«Ich war damals überrascht, dass uns Shinya trotzdem sofort wieder das Vertrauen ausgesprochen hat», erinnert sich Yamada.
Was war das schönste Erlebnis? Yamada: «Vielleicht der erste MotoGP-Sieg für uns mit Tamada in Rio 2004.»
Die grösste Schwierigkeit? Yamada: «Die Notwendigkeit, so viel Motorleistung auf einer so kleinen Kontaktfläche auf den Asphalt zu übertragen.»
Vergessen wir nicht: Wir reden hier von der Grösse zweier Kreditkarten.
Gibt es die Befürchtung, dass durch den Rückzug aus der MotoGP-Klasse die Umsätze zurückgehen könnten? «Naja, unser bestes Jahr mit Autoreifen haben wir in der Saison nach dem Ausstieg aus der Formel 1 gehabt», grinst Yamada. «Es lässt sich nicht kalkulieren, ob es im Motorradsport ähnlich sein wird.»
Ende 2015 wird eine andere Reifenfirma – wir tippen auf Michelin – das Geschäft in der MotoGP-WM übernehmen.
«Bis zum letzten Rennen werden wir uns bestmöglich anstrengen. Wir werden auch 2015 die bestmöglichen Produkte zu den Rennen bringen», sagt Yamada.
Die Dorna hat bereits eine neue Ausschreibung für 2016 unters Volk gebracht. Pirelli, Dunlop und Michelin werden als voraussichtliche Kandidaten gehandelt. Die Bewerbungsfrist läuft am 22. Mai ab.
Gibt es bei Bridgestone einen Weg zurück, wenn es wieder freien Wettbewerb mit einer anderen Marke gibt? Wenn die Dorna wieder ja zu einem offenen Reifenkrieg sagt? Yamada: «Ich weiss nicht, welche Entscheidung uns umstimmen könnte. Aber wir stehen immer für Diskussionen zur Verfügung.»