Wegen Oliveira: Portimao träumt von MotoGP-Rennen
Anfang der 1990er-Jahre war Paolo Pinheiro ein vielversprechender Nachwuchsfahrer in Portugal, ein Sturz beendete seine Karriere. Heute ist er Geschäftsführer des «Autódromo Internacional do Algarve» in Portimao.
Im September 2013 wurde Pinheiros Firma «Parkalgar Servicos», die sich um das Management der Rennstrecke kümmert, von der staatlichen Firma «Portugal Capital Ventures» übernommen, nachdem Parkalgar der portugiesischen Wettbewerbsbehörde ADC zufolge 160 Millionen Euro Schulden angehäuft hatte.
SPEEDWEEK.com empfing Pinheiro in seinem Büro an der Rennstrecke.
Weshalb habt ihr in Portugal in der Mitte von Nirgendwo eine Rennstrecke gebaut?
Ich würde das hier nicht nirgendwo nennen. Wir sind an der Algarve, einer großartigen Ferienregion, nur zehn Kilometer vom Strand entfernt.
Das Projekt umfasst mehr als die Rennstrecke, wir haben den Offroad-Park, die Kart-Strecke, die Apartments und das Hotel. Als nächstes kommt ein Technologie-Park hinzu.
Wir haben genügend Platz für fast 90.000 Zuschauer auf der Rennstrecke, es wird aber immer schwieriger Zuschauer zu bekommen. Die Strecke ist an 300 Tagen im Jahr gebucht, das ist ganz gut. Wir haben nur 20 Regentage im Jahr, bei uns kann man immer fahren.
Was hat das gesamte Projekt gekostet?
200 Millionen Euro, die Finanzierung läuft 20 bis 30 Jahre. Ursprünglich hatten wir geplant, dass die Apartments und das Hotel verkauft werden, zur Eröffnung 2008 kam aber die große Immobilienkrise, deshalb hinken wir etwas hinterher. Als uns unsere Kunden damals mitteilten, dass sie nicht weitermachen können, hat uns das hart getroffen.
Verdient ihr Geld mit der Rennstrecke?
Ja, die Strecke ist profitabel. Das ganze Areal ist 300 Hektar groß. Wenn man so viel Infrastruktur hat, wäre die Strecke alleine nicht rentabel, weil so viele Rechnungen zu bezahlen sind. Mit allem Drumherum geht es.
Wie viele Zuschauer hattet ihr bei der Superbike-WM letzten Sonntag?
20.000. Motorsport-Veranstaltungen müssen den Fans Zusätzliches bieten, damit sie an die Rennstrecke kommen. Sie müssen näher an die Rennen herankommen und es braucht Helden.
Als ich jung war fuhren Troy Bayliss, Noriyuki Haga, sie waren berühmt. Es wird etwas Zeit brauchen, bis Fahrer wie Tom Sykes diesen Level erreichen.
Die Fans brauchen Helden, denen sie zujubeln können. Mit Superbike-Rennen ist es sogar in Spanien schwierig, weil sie niemanden haben. In MotoGP gibt es Pedrosa, Márquez, Lorenzo, mit ihnen ist es einfacher.
Hast du schon mal darüber nachgedacht, ein MotoGP-Rennen zu veranstalten?
Natürlich, Marc Márquez war schon zum Testen hier, damals noch auf der Moto2-Maschine. Er war sehr beeindruckt von der Rennstrecke, wie jeder Fahrer.
MotoGP hat in Portugal mehr Fans als Formel 1, mit MotoGP hätten wir sicher bessere Zuschauerzahlen.
Die MotoGP-Fahrer sind viel berühmter als die Superbike-Piloten, das kann man nicht vergleichen. Es gab mal eine Zeit, da waren sie nicht auf dem gleichen Level, die Lücke war aber nicht so groß wie heute.
MotoGP ist zu teuer für euch?
Wir wollten erst unsere Situation stabilisieren und die Rennserien behalten, die wir hatten, wie Superbike und Blancpain Sportwagen. Wir machen Schritt für Schritt, so langsam können wir über MotoGP nachdenken.
Wie setzen sich eure Zuschauer zusammen? Sind es hauptsächlich Portugiesen?
Nein, wir haben viele Briten, Franzosen, Italiener und Deutsche. So lange es keinen portugiesischen Fahrer in einem portugiesischen Team gibt, wird sich daran auch nichts ändern.
Miguel Oliveira hat vor kurzem seinen ersten Moto3-Grand-Prix gewonnen.
Er ist der Einzige, der in Portugal Fans an die Rennstrecke bringen kann. Er ist ein großartiger Fahrer, sehr schnell und er wird noch besser.
Ich bin mir sicher, er wäre auch auf einem Superbike schnell, er ist sehr talentiert.
Hältst du die heutigen Topfahrer der Superbike-WM für zu langweilig, mangelt es an Charakterköpfen?
Fogarty, Bayliss, Haga, sie wurden als Superbiker berühmt. Es hängt vom jeweiligen Charakter ab.
Vor zehn Jahren gab es viele Slides, Stürze, es war Action auf der Strecke. Slides sind heute viel kontrollierter, die Motorräder sind sicherer geworden. Egal was wir sagen, das hat Auswirkungen auf das Publikum. Leute kommen um Slides und Stürze zu sehen. Ich mag das nicht, aber so ist die Realität.
MotoGP hat den Sound. Superbikes hören sich wie Serienmaschinen an. Es muss etwas unternommen werden, um es für die Fans aufregender zu machen.
Wie lange läuft euer Superbike-Vertrag?
Bis 2017.
Du sagst, es gibt in Portugal Interesse an Motorsport, aber hauptsächlich an MotoGP und Formel 1?
Genau, so ist es doch eigentlich überall. MotoGP hat heute einen sehr hohen Level, der Sound und der Speed der Bikes sind aufregend, die Fahrer auch. Ich würde sagen, MotoGP ist Superbike zwei Schritte voraus.
Interessant an Superbike ist, dass ein guter Fahrer auch mit weniger Budget Weltmeister werden kann, als das in MotoGP der Fall ist.
Gibt es Pläne, in Portugal Rennfahrer heranzuziehen?
Die letzten Jahre wurde wegen der Finanzkrise nichts für die Portugiesische Meisterschaft getan, um junge Fahrer nach oben zu bringen. Es gibt junge Fahrer, sie sind vom WM-Level aber noch weit entfernt.
Weshalb gibt es in Spanien so viele Rennfahrer und in Portugal nicht?
In Spanien gibt es zehn Rennstrecken, Sponsoren, Nachwuchsserien, eine Tradition. Wenn ein junger Fahrer beginnt, weiß er was zu tun ist. Wenn du 100 Nachwuchsfahrer hast, sind zwei oder drei von ihnen in fünf Jahren wirklich gut.
In Portugal haben wir fünf. Wenn einer von ihnen gut wird, ist das wie ein Wunder.
Abgesehen von Spanien und Italien gibt es in Europa kein Land, aus dem viele gute junge Fahrer kommen. Es fehlt an Hingabe und Renntradition.