In Gedenken an René Hofer: Ein historischer GP-Sieg
27. Oktober 2021, Pietramurata: MX2-Sieger René Hofer
«Und, bist du jetzt beruflich oder privat hier», bekam ich von René Hofer lachend entgegengeworfen. Denn schon eine ganze Weile bevor ich anfing für SPEEDWEEK.com zu berichten, kreuzten sich unsere Wege im Fahrerlager immer mal wieder.
Spätestens als er 2018 in der EMX125-Europameisterschaft einen Sieg nach dem anderen einheimste, war der junge, zunächst noch etwas schüchterne Österreicher nicht mehr zu übersehen. Ein Beckenbruch setzte seiner Siegesserie damals ein Ende.
Der «Hofabua» legte aber schon 2019 mit dem vierten EMX250-Gesamtrang eine weitere Talentprobe ab, ehe er im Vorjahr mit Führungsrunden beim Auftakt in Matterley Basin fulminant in seine erste MX2-WM-Saison startete – um dann nach der Corona-bedingten Zwangspause in Kegums erneut durch eine schwere Verletzung ausgebremst zu werden.
Nach der Operation am linken Oberarm und harten Reha-Monaten kam der Red Bull-KTM-Werksfahrer im Laufe der Saison 2021 immer besser in Schwung. Schon bei seinem Comeback-Rennen in der italienischen Meisterschaft, als er in Montevarchi noch von Armpump geplagt wurde, erklärte er zielstrebig: «Ich kann diese Saison noch nutzen, um reinzukommen und Erfahrungen zu sammeln. Ich werde mein Bestes geben und hoffe, dass am Ende ein paar Podiums rauskommen.»
Der berühmte Knopf ging dann Ende September mit dem Gewinn der MX2-Wertung beim Motocross der Nationen in Mantua auf. Nur eine Woche später stand Hofer in Teutschenthal erstmals in seiner WM-Karriere auf dem Podest. Der endgültige Durchbruch folgte mit dem ersten GP-Sieg im zweiten Arco-Rennen.
Österreichs erster GP-Sieger der MXGP-Ära
Ich war für jenen 27. Oktober, dem Mittwoch des Arco-Triples, tatsächlich mehr aus persönlichem Interesse vom MotoGP-Wochenende in Misano direkt nach Pietramurata gekommen. «Aber wenn du hier so eine Performance ablieferst, komme ich nicht drum herum, auch noch für ein Interview bei dir vorbeizuschauen», bat ich den strahlenden und noch etwas ungläubigen Premierensieger um ein kurzes Gespräch. «Ja, sicher», stimmte er gewohnt freundlich zu.
So rätselten dann ein Oberösterreicher und eine Südtirolerin darüber, wie historisch sein soeben eingefahrener MX2-Sieg tatsächlich war. An ein paar MX3-Siege von Matthias Walkner konnte ich mich noch erinnern, 2012 war ich – ebenfalls in Arco – live dabei, als dort für den heutigen Rallye-Star die österreichische Bundeshymne gespielt wurde. Abgesehen davon waren wir relativ ahnungslos.
«Hat überhaupt schon einer einen GP gewonnen, abgesehen vom Heinz Kini? In der MXGP-Ära sicher nicht, vielleicht Sigi Bauer oder Erwin Machtlinger – es ist auf jeden Fall lange her», schmunzelte René. «Es ist richtig fein, dass es jetzt einmal geklappt hat.»
Die Statistik war aber vorerst ohnehin egal, es war ein Tag großer Emotionen. Ein Tag, der bleibt. Einer dieser faszinierenden Momente, die den Sport für mich ausmachen: Wenn die vielen Rückschläge mit einem Mal vergessen sind und die unzähligen harten Trainingsstunden belohnt werden. Wenn ein Traum wahr wird. Renés Grinsen war noch breiter als sonst und richtig ansteckend. Man konnte gar nicht anders, als sich für ihn, seine Familie und sein Team mitzufreuen.
Nachträglich war dann auch schnell recherchiert: René Hofer war tatsächlich Österreichs erster Motocross-GP-Sieger in einer der Hauptklassen seit Heinz Kinigadner 1987. Rechnet man auch die inzwischen abgeschaffte MX3-Klasse mit, war zuletzt Matthias Walkner 2013 siegreich.
Das sollte nur der Anfang sein, waren sich viele Experten einig. Dass wir von der #711 noch viel mehr erwarten durften, bewies Hofer dann auch gleich mit einem weiteren Laufsieg in Arco und zweimal Pole-Position beim Saisonfinale in Mantua.
Wie gerne hätten wir noch über viele weitere Erfolge berichtet.
René Hofer künftig nicht mehr im Fahrerlager über den Weg zu laufen, mag man einfach nicht wahrhaben. Es fällt unglaublich schwer zu akzeptieren, dass seiner aufstrebenden Karriere und seinem jungen Leben nun ein plötzliches und so unfassbar tragisches Ende gesetzt wurde.
Wir werden dich vermissen, René, auf und vor allem neben der Strecke.