MotoGP in Katar: Flutlicht, Sand und Standhaftigkeit

Start! Die MotoGP-Saison 2024 begann in auf Strecke von Losail
Als die MotoGP-Weltmeisterschaft im Jahr 2004 erstmals Station in Katar machte, ahnte kaum jemand, dass sich dieses Event inmitten der Wüste als Dauerbrenner im Kalender etablieren würde. Binnen eines Jahres wurde nahe Doha ein Hightech-Rennkurs in den Sand gestampft – heute ist der Lusail International Circuit aus der MotoGP, aber auch aus der Formel 1, nicht mehr wegzudenken.
Entworfen wurde die Strecke vom deutschen Architekten Hermann Tilke. Sie bietet eine interessante Mischung: Schnelle, flüssige Kurven werden durch mehrere 90-Grad-Ecken ergänzt. Besonders auffällig: Viele Beschleunigungsphasen erfolgen in Schräglage – eine Herausforderung für Fahrwerk und Reifen. Die über einen Kilometer lange Start-Ziel-Gerade ist ideal für Topspeed, die technischen Sektoren hingegen verlangen präzise Balance beim Setup.
Beim Premierengrandprix 2004 erlebte die MotoGP gleich ihr erstes Drama in der Wüste. Wegen eines Regelverstoßes – Rossis Mechaniker hatten seine Startposition mit einer Bürste gereinigt, um den Grip zu verbessern – wurde der Yamaha-Star ans Ende der Startaufstellung versetzt. Rossi kämpfte sich eindrucksvoll durchs Feld, stürzte aber. Der erste Katar-Sieger hieß stattdessen Sete Gibernau auf Honda.
Damals wurde noch samstags gefahren – aus Rücksicht auf die islamischen Traditionen. Erst mit der Einführung des Nachtrennens 2008 wich man auf den Sonntag aus, um in Europa bessere TV-Quoten zur Primetime zu erzielen.
Das Nachtrennen wurde zum Markenzeichen. Installiert wurde ein gigantisches Flutlichtsystem von Musco Lighting – mit über 3600 Leuchten auf rund 500 Masten. In nur 175 Tagen realisiert, war es damals das größte permanente Beleuchtungssystem der Welt. Die Ausleuchtung ist so gleichmäßig, dass Schattenbildung oder Blendung praktisch ausgeschlossen sind – ein entscheidender Sicherheitsfaktor für die Piloten. Seit 2020 leuchten moderne LEDs die 5,4 km lange Strecke nachhaltiger und energieeffizienter aus. Kein Geheimnis ist, dass der Strom weiterhin von zusätzlichen Dieselgeneratoren erzeugt wird. Verglichen mit dem alten System konnte man den CO₂-Ausstoss deutlich verringern.
Tagsüber würde das Fahren ohnehin zur Tortur: Temperaturen jenseits der 40-Grad-Marke und trockene Hitze setzen Mensch und Maschine zu. Das Nachtrennen ist nicht nur spektakulär – sondern auch sinnvoll.
Eines hat sich in Katar über die Jahre nie wirklich geändert: leere Tribünen. In den Anfangsjahren kamen selten mehr als 10.000 Zuschauer pro Wochenende, 2021 waren es pandemiebedingt nur 1.500. Auch 2024 blieb man mit gut 15.000 Besuchern am Rennsonntag deutlich hinter anderen Events zurück – in Le Mans pilgerten fast 300.000 Fans an die Strecke. Warum hält sich Katar so hartnäckig im Kalender
Die Antwort: Finanzkraft und Marketingstrategie. Der Staat Katar subventioniert das MotoGP-Wochenende großzügig – wie auch das Formel-1-Rennen – und will sich als globale Sportnation etablieren, ein Querverweis zur vergangenen Winter-Fußball-WM vor zwei Jahren sei gestattet. Katar war zudem der erste GP im Nahen Osten – für die Dorna ein Türöffner zu einem neuen Markt. Der Standort ist dank des Hamad International Airport hervorragend angebunden, die Logistik läuft reibungslos. Der Vertrag mit Katar läuft aktuell bis 2031, das Verhältnis zwischen Organisatoren und Promoter gilt als vorbildlich.
Trotz geringer Publikumsresonanz: Sportlich hat der Katar-GP oft abgeliefert. Die lange Gerade bietet Überholmöglichkeiten per Topspeed-Vorteil – besonders bei den europäischen Herstellern. Auch Kurven wie T10, T12, T15 oder T16 laden zum Anbremsen und Vorbeiziehen ein. In Moto3 und Moto2 gab es in Katar regelmäßig Windschattenschlachten bis zur Ziellinie – Fotofinishes inklusive.
Der Kurs ist auch technisch relevant: Gripniveau, Reifenmanagement und Chassis-Balance lassen sich hier früh in der Saison unter trockenen Bedingungen bewerten.
Im Vorjahr gewann Francesco Bagnaia den Saisonauftakt auf Ducati. Vieles spricht dafür, dass auch 2025 ein rotes Motorrad ganz vorne landen wird – auch wenn Yamaha die erfolgreichste Marke am Platz ist und der Rekordsieger Jorge Lorenzo heißt.
Mit Spannung wird zudem das Comeback von Jorge Martin erwartet – zuletzt musste der Weltmeister verletzungsbedingt passen. Auch wenn Katar nicht mehr den Saisonauftakt markiert: Langweilig wird es im Wüstenstaat mit Sicherheit nicht.