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Jago Geerts (Yamaha): So nah und doch so fern

Von Adam Wheeler
Jago Geerts ist zum bereits zweiten Mal in dieser Saison verletzt, die MX2-Titelchancen deshalb nur noch rechnerisch intakt – auch wenn ein Antreten in Arnhem am Wochenende noch nicht ausgeschlossen ist.

Als 18-Jähriger stand Jago Geerts 2018 zum ersten Mal auf einem GP-Podest. In den vergangenen vier Jahren landete er in der WM-Tabelle jeweils in den Top-3, dreimal davon war er sogar Zweiter. Seinen Titeltraum in der MX2-Klasse sieht Belgiens bester GP-Fahrer seit Clement Desalle nun aber endgültig dahinschwinden. Der Yamaha-Werksfahrer liegt bereits 104 Punkte hinter WM-Leader Andrea Adamo zurück und könnte nach Uddevalla auch noch den 16. von total 19 Grand Prix im niederländischen Arnhem am kommenden Wochenende verpassen. Eine Entscheidung darüber wird laut Yamaha später in der Woche fallen.

Fakt ist: Geerts erreicht das Alterslimit für die MX2-Klasse, hat für 2024 aber bereits einen MXGP-Vertrag bei seinem langjährigen Arbeitgeber Yamaha unterzeichnet. Die zweite Verletzung der laufenden Saison war ein herber Rückschlag im Kampf um den ersten Motocross-WM-Titel eines Belgiers seit seinem aktuellen Coach Steve Ramon 2007 in der Königsklasse.

Auf einen handgelenksnahen Bruch von Elle und Speiche, zugezogen im Quali-Rennen um Frankreich-GP im Mai, folgte in der Anfangsphase des ersten Wertungslaufs in Finnland Ende Juli ein gebrochenes linkes Schlüsselbein, als Geerts dem direkt vor ihm gestürzten Hakon Osterhagen nicht ausweichen konnte.

Den Schweden-GP hatte der Yamaha-Star zwei Wochen später zwar ins Auge gefasst, letztendlich entschied er sich auf ärztlichen Rat aber dagegen. «Wir haben es am Donnerstag versucht», verriet Teammanager Michele Lavetti. «Nach ein paar Runden ging es aber nicht mehr. Dabei waren nicht die Schmerzen das Problem, Jago hatte aber nicht genug Kraft im Arm. Es wäre gefährlich gewesen, so einen Grand Prix zu bestreiten.»

«Zwei Tage, nachdem er wegen des Sturzes in Frankreich operiert worden war, hat er uns gesagt, dass er zurückkehren und um diesen Titel kämpfen würde. Keiner hat es geglaubt, aber er hat es getan», erzählte Team Principal Hans Corvers. «Er ist bis auf zehn Punkte rangekommen.»

«Der Sturz in Finnland war aber ein bisschen anders. Wir wissen alle, wie es in der Türkei ausgegangen ist», erinnerte Corvers an das dramatische WM-Finale 2022 in Afyon, als Geerts den MX2-Titel mit 754 zu 758 Punkten an Tom Vialle verlor. «Wir wissen alle, wie er danach zurückgekommen ist, und dann nach dem Frankreich-GP erneut. Dieses Mal aber, aus mentaler Sicht… Ich habe Tränen gesehen. Ehrlich gesagt, es war dieses Mal härter als der verlorene Titel im Vorjahr.»

«Er kämpft immer noch», schob der Teamchef nach. «Am Donnerstag war es noch etwas zu früh. Mental ist er aber immer noch stark, denn er hat starke Schmerzen. Es war eine vierstündige Operation und kein schöner Bruch. Wenn er elf Tage nach der OP noch immer versucht, ein Motorrad zu fahren, dann kann man nicht behaupten, dass er mental niedergeschlagen wäre oder aufgeben würde.»

«Es ist sein sechstes Jahr mit uns und vier Mal hat er um den Titel gekämpft. Es ist also besonders hart für ihn, weil wir wissen, wie hart er arbeitet. Der Titel im Vorjahr hätte seiner sein sollen, in diesem Jahr umso mehr… Aber es sieht ganz so aus, als sollte es einfach nicht sein. Für ihn – und für das Team – ist es sehr schade. Es ist hart für ihn und für die Mannschaft.»

Zwei Knochenbrüche innerhalb von drei Monaten sind für den langjährigen Titelanwärter besonders schmerzlich, gerade weil er zuletzt seine Fehlerquote verringert hatte und – auch nach Veränderungen in seinem Privatleben – gereift schien.

«Motocross wird immer Motocross sein, solange ein Motor und zwei Räder zum Einsatz kommen, und solange wird es auch Stürze geben», meinte Corvers dazu. «Wenn du auf ein Bike steigst, weißt du, dass du morgen oder übermorgen einmal stürzen wirst. In der Vergangenheit hatte Jago Mühe und wir konnten keine Lösung finden. Er fand sich auf dem Boden wieder und wir fragten uns: ‚Wow, wie war das denn möglich?‘ Im Vorjahr war es dann schon viel besser und in diesem Jahr war es okay. Natürlich ist er ein paar Mal gestürzt, aber das passiert allen. Als er im Winter entschieden hat, nach Monaco zu ziehen – und das nicht nur aus finanziellen Gründen, aber aufgrund der Bedeutung, die das für seine Lebensweise hatte – haben wir auch auf dem Motorrad eine Veränderung gesehen. Er war reifer und stärker. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich noch weiter entwickelt, und ich glaube, das wird ihm auf der 450er helfen.»

Gut möglich, dass Jago Geerts seinen Fokus in absehbarer Zeit auf die neue Aufgabe lenkt. «Solange es mathematisch noch nicht erledigt ist, wird Jago nicht aufhören, an die MX2 zu denken, davon bin ich überzeugt», entgegnete Lavetti. Maximal 240 Punkte sind in dieser Saison auch noch zu holen, Geerts‘ Rückstand ist mit 104 Punkten aber beträchtlich. «Ich habe ihn gefragt, ob er anfangen will, mit der 450er zu fahren und das nächste Kapitel seiner Karriere vorzubereiten. Er aber hat geantwortet: ‚Nein, wir arbeiten weiter.‘»

In den nächsten Wochen wird aber der Moment kommen. Schon beim Motocross der Nationen wird Geerts wie im Vorjahr für Belgien in der Königsklasse antreten.

Corvers traut seinem Schützling auch in der MXGP-Klasse einiges zu. «Er ist ein smoother Fahrer, er überdreht nicht und ist nicht so aggressiv. Die 450er wird besser zu ihm passen. Ich will nicht sagen, dass er um den Titel kämpfen wird, aber mit Sicherheit wird er ‚dabei‘ sein. Er hat der Welt im Vorjahr beim Motocross der Nationen gezeigt, dass er es kann. Die Zukunft sieht gut aus. Ich hoffe, er hat auch das Glück, um wenigstens einen Titel holen zu können.»

MX2 WM-Stand nach 15 von 19 Events:

1. Andrea Adamo (I), KTM, 663
2. Liam Everts (B), KTM, 583, (-80)
3. Jago Geerts (B), Yamaha, 559, (-104)
4. Simon Längenfelder (D), GASGAS, 546, (-117)
5. Kay de Wolf (NL), Husqvarna, 501, (-162)
6. Thibault Benistant (F), Yamaha, 462, (-201)
7. Lucas Coenen (B), Husqvarna, 461, (-202)
8. Roan van de Moosdijk (NL), Husqvarna, 433, (-230)
9. Kevin Horgmo (N), Kawasaki, 425, (-238)
10. Rick Elzinga (NL), Yamaha, 306, (-357)

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