MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Meine Lobeshymne auf Jeffrey Herlings

Kolumne von Adam Wheeler
Berechtigte Frage auf dem Hintern von Herlings: Wer kann dieses Geschoss stoppen?

Berechtigte Frage auf dem Hintern von Herlings: Wer kann dieses Geschoss stoppen?

Normale Massstäbe gelten für das MX2-Ausnahmetalent nicht, 2014 könnte der KTM-Star in der MX1-WM bereits Tony Cairoli herausfordern. Und im August Ken Roczen in den USA?

In der jüngeren Vergangenheit gab es Gerüchte, MX1-Motocross-Weltmeister Tony Cairoli könnte für ein Gastspiel in der US-Meisterschaft gegen die besten Amerikaner antreten. Dieser Fokus auf Cairoli ist nicht unverdient, denn er war und ist noch immer ein begehrenswertes Rennfahrer-Gesamtpaket. Nach sechs Rennen in dieser Saison scheint sein Stern aber ganz langsam zu sinken. Unter dem Zelt des KTM-Werksteams, nur wenige Meter neben Cairoli, mausert sich ein anderer Fahrer immer mehr zum kommenden Mann.

MX2-Fahrer Jeffrey Herlings kommt langsam in eine Position, wo er der schnellste, mutigste und unaufhaltsamste Fahrer der Welt wird (im Rahmen der GP, vielleicht sogar darüber hinaus). Das Verlangen, Cairoli zu sehen, wird von der Show, die um Herlings aufgebaut wird, in den Schatten gestellt.

Zuerst die Statistiken. Herlings ist gerade einmal 18 Jahre alt und hat schon 23 GP-Siege vorzuweisen. Noch bevor er sich in den USA legal ein Bier kaufen kann, kann er erfolgreichster niederländischer Motocross-Fahrer werden. Er braucht nur noch vier weitere Siege, um Dave Strijbos zu schlagen. Sein Weg in die Geschichtsbücher des Weltverbandes FIM ist geebnet. Er ist seit sieben Events und 13 Rennen in diesem Jahr ungeschlagen, erst am letzten Sonntag musste er sich als Zweiter erstmals in einem Lauf geschlagen geben. Im vergangenen Jahr holte er 18 Rennsiege und neun GP-Erfolge. Sogar ein Fahrer mit dem Speed und dem Talent eines Tommy Searle konnte da nicht viel gegen ihn ausrichten.

Herlings ist nicht der typische MX2-Fahrer. Er ist knapp 1,80 Meter groß und seine 250 SX-F fährt er mit einem unzähmbaren Fahrstil, als ob er auf einem Zweitakter sitzen würde. Für Nicht-Eingeweihte sieht es manchmal so aus, als ob er auf der Strecke manchmal kurz vor einem Desaster stünde, doch er hat kaum Stürze und verletzte sich nur einmal ernsthaft in vier Jahren in der WM. In seiner Debütsaison 2010 wurde er von einer ausgekugelten Schulter gestoppt. Das MX2-Feld führt er mit einer Minute Vorsprung an, mit seinen Rundenzeiten und seinem Stil wäre er auch in der MX1-Klasse vorne dabei... und das auf einer 250er!

Im Moment vereint Herlings die unschlagbare Kombination aus Jugend, Energie, Fitness, enormes Selbstbewusstsein und dem gewissen Hauch Arroganz. Es ist schwer, eine Schwäche auszumachen.

Wenn der Niederländer seine Trainingsrunden dreht, gibt er alles. In den Rennen kann er in den letzten zwei Runden nochmals explodieren. Das zeigt nur, dass es neben dem vorhandenen Talent auch harte Arbeit dahintersteckt (hier verdient aber auch Coach Stefan Everts einiges an Lob). Bis zum Ende gibt er alles. In Portugal erzielte Herlings seine beste Rundenzeit in der 20. von 21 Runden.

In Agueda haben wir ihn zwischen den beiden Rennen auf einer Couch angetroffen. Er alberte mit seiner Freundin herum und ich habe ihn gefragt, ob er die MX2 nicht ein wenig spannender machen könnte und falsch herum an das Startgatter stehen könnte. Er lachte herzlich und schien den Witz zu mögen. Er strahlt eine Aura aus, die zeigt, er ist der Beste. Hinzukommen das Gefühl der Sicherheit, Euphorie und Zuversicht. Die «84» gewinnt nicht nur, sie beeindruckt und ist ein seltenes Phänomen im Profisport.

Wenn das – offen gesagt – Unmögliche passiert, dass Herlings (fast) alle verbleibenden Rennen gewinnt und sein größter Rivale, Teamkollege Jordi Tixier, immer Zweiter wird, kann er sich die Motocross-Krone schon in Belgien Mitte August aufsetzen. Zwei Events vor dem Finale in Herlings´ Heimat Lierop.

Dadurch könnte die Teilnahme am US-Motocross-Event in Lake Elsinore am darauf folgenden Wochenende gegen Ken Roczen, Eli Tomac und Blake Baggett realistisch sein, sollte er nicht in Matterley Basin beim Grand Prix antreten. Für die amerikanischen Fans wird es aber sowieso schwer werden, die Fähigkeiten von Herlings im Sand live zu sehen. Das Moto X 338 National in Southwick fällt auf das gleiche Wochenende wie der populäre Grand Prix im schwedischen Uddevalla.

Die MX1-WM winkt schon für 2013, doch Herlings verneinte Gerüchte mit Nachdruck, er könnte KTM trotz eines Vertrags bis und mit 2014 vorzeitig verlassen. Cairoli und Herlings also gemeinsam in Orange in der MX1-WM? Ein angsteinflössendes Szenario...

Der Brite Adam Wheeler ist einer der renommiertesten Journalisten im GP-Fahrerlager und schreibt regelmässig für SPEEDWEEK.com.

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