MX-Gespann-DM: Vorzeitiger Titel für Clohse/Verhagen

Aus unterschiedlichen Gründen wird häufig bemängelt, dass die Deutsche Meisterschaft der Seitenwagenklasse einerseits international ausgeschrieben ist, andererseits die Fahrer des DMSB-Pokals mit an den Rennen teilnehmen. Einer dieser Gründe: Bei zahlreichen Nennungen ausländischer Gespanne kann der Nachwuchs bereits an der Qualifikationshürde scheitern und dann nicht an den Hauptrennen teilnehmen. Die Kehrseite der Medaille wurde einmal mehr beim DM-Rennen in Reutlingen offenkundig: Hätten sich dort nicht einige hochkarätige Gastteams angesagt, wäre die zweite Startreihe weitgehend unbesetzt geblieben.

Denn kurz vor Ende der DM-Serie haben sich die Reihen im deutschen Lager bereits deutlich gelichtet. In Reutlingen fehlten Axel Richter mangels Beifahrer, Silvio Senz mit zwei gebrochenen Rippen und die Reimann-Brüder mit diversen Prellungen nach ihrem Sturz in Pflückuff. Einen tragischen Grund hat das Ausbleiben von Thomas Kutschke. Auf der Autobahn platzte am Fahrzeug des Nachwuchsfahrers in der Vorwoche ein Reifen. Ein nachfolgender Lkw fuhr in den havarierten Wagen, Kutschke trug schwere Kopfverletzungen davon. Starke Geste: Die Gespannteams formierten sich am Samstag in Reutlingen zu einem Gruppenfoto mit Plakaten für Genesungswünsche.

Die Wetterkapriolen der letzten Woche ließen auch für Reutlingen Schlimmstes befürchten. Doch während an anderen Orten in der Region teils schwere Gewitter tobten, staubte es beim samstäglichen Training. So trugen die erst in der Nacht einsetzenden Regenschauer zunächst zu einer Verbesserung der Pistenverhältnisse bei. Dies änderte sich jedoch, als ein neuerlicher Regenguss kurz vor dem Start zum ersten Wertungslauf die Steigungen in Rutschbahnen verwandelte. Opfer wurden vornehmlich die Teams, die aus der zweiten Reihe starten mussten und damit im Gedränge der ersten Linkskurve nicht genügend Schwung für die Bergaufpassage nehmen konnten. Mehrere Gespanne rutschten haltlos rückwärts und verkeilten sich ineinander. Die Räder setzten sich mit dem zähklebrigen Modder zu und die Betroffenen gerieten schon dadurch in Rundenrückstand. Auch in der Folge blieb so manches Gespann in den teils tiefen Spuren stecken.

Kristof Santermans/Elvijs Mucenieks, Jan Hendrickx/Ben van den Bogaart und die Lokalmatadoren Tobias Garhammer/Bruno Kälin waren dagegen bereits vor dem Chaos an der Steilauffahrt enteilt. Garhammer musste in der Folge Brett Wilkinson/Daniel Chamberlain und Daniël Willemsen/Peter Beunk ziehen lassen. Dahinter folgten Andreas Clohse/Christian Verhagen. «Wir fahren hier auf Punkte, nicht um einen Podiumplatz», machte Verhagen vor dem Rennen klar. Mit Platz 6 vor den DM-Zweiten Marcel Faustmann/Andres Haller ging die Rechnung auf. Alle anderen Teams verloren im Schlamm wichtige Sekunden und sahen das Ziel erst mit Rundenrückstand.

Der zweite Start erfolgte ohne Glätte-Handicap. Mit Santermans, Hendrickx, Garhammer und Wilkinson lagen wieder die Gewinner des ersten Durchgangs vorne. Wilkinson konnte sich von Garhammer absetzen, der danach Clohse, Benjamin Weiss/Patrick Schneider und Faustmann im Nacken hatte. Faustmann wiederum wurde in der Schlussphase von Remo Inderbitzin/Stefan Forster bedrängt. Die blieben jedoch bei einer Attacke kurz stecken, sodass die Schweizer Landsleute Kevin Battaglia/Phillip Furrer noch auf Tuchfühlung kamen. Willemsen/Beunk waren schlecht vom Start weggekommen. Auf dem Weg nach vorne nicht zimperlich, zog sich der Multiweltmeister den Unmut von Bruno Kälin zu, der ihm als Warnung auf den Lenker schlug. «Mit mir kann er das nicht machen! Wäre er mir nochmal in den Rücken gefahren, hätte ich an seinem Gespann den Notaus-Schalter gezogen», stellte der Schweizer klar.

Tobias Blank/Michael Klooz schafften diesmal nur neun Runden, nachdem sie im zähen Dreck mehrfach steckenblieben. Auch Nick Uhlig/Phillip Oettel mussten vorzeitig aufgeben. In der Pokalwertung konnten Timo Hannuschke/Uwe Friedrisszyk zu den führenden Robin Ohl/Patrick Reinert aufschließen, die bei mehreren Havarien im ersten Lauf viel Zeit verloren. «Für solche Bedingungen fehlt mir noch die Erfahrung», konstatierte Youngster Ohl.

Derweil konnten Clohse/Verhagen ihren Erfolg feiern. «Beim Finale in Schenkenhorst sind wir trotzdem am Start», versprach Verhagen. Zunächst geht es für die neuen Meister allerdings zum Grand Prix ins südbadische Schopfheim, der am kommenden Wochenende stattfindet. Infos: msc-schopfheim.org.

Motocross-Gespann-DM Reutlingen/D:

1. Lauf: 1. Santermans/Mucenieks(B/LV), WSP-KTM. 2. Jan Hendrickx/van den Bogaart (B/NL), WSP-Husqvarna. 3. Wilkinson/D.Chamberlain (GB), WSP-Zabel. 4. D. Willemsen/Beunk (NL), WSP-Zabel. 5. Garhammer/Kälin (D/CH), VMC-Zabel. 6. Clohse/Verhagen (B/NL), WSP-Zabel. 7. Faustmann/Haller (D), VMC-Zabel. 8. T. Blank/Klooz (D), VMC-Zabel. 9. Heinzer/R. Betschart (CH), WHT-KTM. 10. Uhlig/Oettel (D), VMC-Mega. 11. Engelbrecht/Hegewald (D), WHT-KTM. 12. Weiss/Schneider (A), VMC-Zabel. 13. Hartmann/T. Lange (D), WSP-Zabel. 14. T. Hannuschke/U. Friedrisszyk (D), Mefo-Zabel. 15. Prokesch/Hildebrandt (D), VMC-Zabel. 16. Peter/Schlinnertz (D/B), WSP-KTM. 17. Huber/Gobs (D), VMC-Zabel. 18. Inderbitzin/Forster (CH), VMC-Yamaha. 19. Hey/M. Friedrisszyk (D), WHT-Zabel. 20. Ohl/Reinert (D), WSP-Zabel.

2. Lauf: 1. Jan Hendrickx. 2. Santermans. 3. D. Willemsen. 4. Wilkinson. 5. Clohse. 6. Garhammer. 7. Weiss. 8. Faustmann. 9. Inderbitzin. 10. Battaglia/Furrer (CH), VMC-KTM. 11. Heinzer. 12. Peter. 13. Engelbrecht. 14. Prokesch. 15. Ohl. 16. Hartmann. 17. J. Keuben/Rietmann (NL), VMC-Zabel. 18. T. Hannuschke. 19. Zaugg/Schreiber (CH/D), JET-Jawa. 20. Hey.

DM-Stand nach 14 von 16 Läufen: 1. Clohse, 255 Punkte (Deutscher Meister). 2. Faustmann 193. 3. Santermans 186. 4. Weiss 176. 5. Inderbitzin 162. 6. Wilkinson 160. 7. T. Blank 157. 8. Garhammer 139. 9. D. Willemsen 138. 10. Engelbrecht 135.

DMSB-Pokal-Stand nach 14 von 16 Läufen: 1. Ohl 190. 2. T. Hannuschke 186. 3. Hartmann 176. 4. Hey 138. 5. Kutschke 124.