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Jeffrey Herlings: «Gajser vielleicht sogar besser»

Von Frank Weeink
Tim Gajser, Tony Cairoli und Jeffrey Herlings (v.l.) vorne weg

Tim Gajser, Tony Cairoli und Jeffrey Herlings (v.l.) vorne weg

Hat im Vorjahr mit Tim Gajser (Honda) der beste Fahrer den MXGP-Titel geholt? Diese und weitere Fragen beantwortet Red Bull-KTM-Star Jeffrey Herlings im Interview.

Vor der Saison 2020 hatte Jeffrey Herlings im Hinblick auf den MXGP-Titelkampf noch angekündigt, er müsse nicht mehr jedes Rennen gewinnen. Trotzdem endete die Saison für den vierfachen Weltmeister einmal mehr frühzeitig, in Faenza zog er sich eine Wirbelverletzung zu.

So steht beim Red Bull-KTM-Star trotz seines außergewöhnlichen Speeds erst ein MXGP-Titel zu Buche (2018). Im letzten Teil unseres großen Interviews spricht der 26-jährige Niederländer über die verpassten Chancen und seine stärksten Gegner – von Tim Gajser bis Glenn Coldenhoff.

Jeffrey, wirst du deine Strategie für die neue Saison noch einmal ändern?

Eine Garantie bekommt man nie, aber sind wir ehrlich: Ich hatte eine sehr gute Chance auf den Titel, hätte es den Sturz [in Faenza] nicht gegeben. Für mich war 2020 eine verlorene Saison. Für mich war 2017, als ich den ersten Grand Prix mit einer gebrochenen Hand fuhr, genauso eine verlorene Meisterschaft. So wie 2014, als ich den Titel wegen des gebrochenen Oberschenkels um vier Punkte verpasst habe. Ich habe also mindestens drei WM-Titel verloren. Und da reden wir noch nicht mal von verlorenen Rennen oder von 2019.

Ohne diese Verletzungen wäre ich ein siebenfacher Weltmeister und ich hätte mehr als die 101 Grand Prix [von Everts] gewonnen. Jetzt sind es nur 90.

Das ist alles «wenn dies, dann das». Aber so ist es eben nicht gelaufen. Cairoli hat 92 Grand Prix gewonnen und er hat neun Weltmeistertitel, Stefan Everts hat diese 101 Siege und er ist zehnfacher Weltmeister; ich habe nur vier Titel und 90 Siege – da stimmt etwas nicht.

Natürlich versucht man immer vernünftiger zu fahren, aber ich fahre nicht mit dem Gedanken «jetzt soll aber nichts passieren». Auch wenn man so fährt – so bin ich 2020 teilweise unbewusst gefahren – kann man sich verletzen. Auch ohne Schuld.

Hat 2020 der beste Fahrer den Titel geholt?

Ich möchte nicht sagen «der Beste», aber wenn man sich die ganze Saison anschaut und wer an jedem Wochenende schnell war, dann war er [Tim Gajser] der Beste. Er war meiner Meinung nach besser als Cairoli, viel besser als Seewer und über die ganze Saison auch besser als Prado.

Prado war bei einigen Grand Prix nicht dabei wegen Corona, aber auch unter normalen Umständen hätte er Gajser den Titel nicht abgejagt. Prados Starts haben ihm sehr geholfen. Daher glaube ich, Gasjer war der beste Fahrer.

Ich habe mir zu Hause die meisten Rennen angeschaut und manchmal – wie in Lommel und auch bei den letzten Rennen in Arco di Trento – waren die Rennen mit so wenigen Fahrern an den Startgattern nicht gerade sehr aufregend. Ich war nicht groß beeindruckt.

Aber Gajser hat einen guten Job gemacht. Ich kann es drehen wie ich will, aber er ist ein vierfacher Weltmeister, und er hat drei Titel in der MXGP-Klasse geholt. Dass er 2015 [in der MX2] und 2020 Weltmeister geworden ist, als ich nicht dabei war, ist nicht sein Problem, das war meine Schuld. Also ist er gleich gut wie ich. Oder vielleicht sogar besser.

Welche Fahrer siehst du 2021 als deine stärksten Gegner? Denn ich gehe davon aus, dass der Titel dein Ziel ist.

Ja, klar. Natürlich rechne ich mit Gajser und Prado. Aber ich glaube nicht, dass Prado in diesem Feld von Platz 15 auf Platz 1 fährt; Gajser schon. Und Gajser verletzt sich nicht so schnell. Wenn man sieht, wie oft er 2020 gestürzt ist und es mit mir vergleicht... Mein erster Sturz bedeutete sofort das Saisonende und dieser Kerl verletzt sich selten. Das freut mich, denn ich wünsche keinem Fahrer Verletzungen. Ich glaube, er hat in seiner Karriere weniger Rennen verpasst als ich. Vielleicht ist er fitter als ich, denn er hat im Gegensatz zu mir nicht diese Einschränkung am Fuß. Vielleicht hat er auch mehr Vertrauen als ich.

Glenn [Coldenhoff] habe ich auf der Yamaha noch nicht gesehen. Ich glaube, alle Maschinen sind gut. Ich glaube schon, dass das ein guter «Move» von Glenn war. Ich wünsche ihm alles Gute, denn er ist ein toller Kerl.

Willst du den Gegnern wieder das Fürchten lehren?

Ich glaube, diese Jahre sind vorbei. 2018 haben sie sich vielleicht gefürchtet, da hat alles geklappt, ich war so dominant. Ich glaube aber, diese Zeit ist vorbei.

Ich habe gezeigt, dass ich gewinnen kann, ich habe jedoch auch gezeigt, dass ich manchmal eine Saison nicht zu Ende bringen kann. Dann verliert man Bonuspunkte und Respekt. Angst haben sie keine mehr, aber sie wissen, ich kämpfe um die Top-3 oder den Titel.

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