Heinz Kinigadner: Die wilde Anfangszeit mit Red Bull
Heinz Kinigadner ist in der Motorsport-Welt eine ziemlich einmalige Figur. Der 53-Jährige misst fast zwei Meter, war zweifacher Motocross-Weltmeister auf KTM – als die Marke aus Mattighofen noch als Exot galt – machte sich einen Namen im Rallye-Sport, war Mitbegründer der Querschnittlähmung-Forschungs-Organisation Wings for Life und war einer der ersten inoffiziellen Werbeträger für Red Bull. Als einer der ersten Motorradrennfahrer zeigte «Kini» die entsprechende Büchse her und trug Anfangs der Neunziger-Jahre einen Helm mit Red-Bull-Aufklebern. Damit war er Trendsetter für ein Sponsorship, das heute allgegenwärtig ist.
Kini, was steckt genau hinter deiner langjährigen Verbindung mit Red Bull?
Ich habe keinen Job bei Red Bull, aber Dietrich Mateschitz (Anm.: Mitbegründer von Red Bull) ist ein guter Freund von mir. Ich war der erste Motorradfahrer mit einem Red-Bull-Helm und es war 1989 bei der Inca Rally in Südamerika, als ich erstmals eine Dose mit dabei hatte. Ich bin mit ihm aufgewachsen, könnte man sagen. Er mag Motorräder, also sind wir gemeinsam ausgefahren. Später brachte ich ihn in die Wüste, wo er seine Schulter und den Arm brach, danach kam er nie mehr mit mir mit! Ich habe ihn als Sponsor zu KTM gebracht. Ich habe keine offizielle Rolle, aber ich kenne eine Menge Leute.
Du bist verantwortlich, dass wir heute immer Getränkedosen am Fernsehen und auf Bildern zu sehen bekommen…
Am Anfang unterstützte mich Dietrich stark, aber ohne ein Logo oder so was. Der Kerl ist ein Marketing-Genie, das ist seine Welt. Er half mir sehr und sponserte mich, nur damit ich die normalen Dosen, nicht die grossen, dabei habe und daraus trinke. Er sagte zu mir ‹halte sie nicht in die Kamera, halte sie einfach in der Hand, das ist der natürliche Ort dafür›.
Ich entgegnete immer, ‹hei, für dieses Geld kannst du alles von mir haben was du willst!› Bei ihm war alles immer ein bisschen anders als das, was man sich gewohnt war.
Wie war das mit den Red-Bull-Sturzhelmen?
Ich wollte unbedingt den Helm lackiert haben, denn ich erklärte ihm, dass du bei den Rallies immer aus den Hubschraubern gefilmt wirst… und ausserdem war es wirklich nicht einfach, jeden Tag eine Dose 600 km mit dabei zu haben! Aber er war völlig zufrieden, wenn sie bei fünf Interviews einmal im Fernsehen zu sehen war, das war mehr wert als grosse Logos.
Ray Dulieu arbeitete damals bei Red Bull und stimmte mit mir überein, dass wir etwas Zusätzliches und Grösseres brauchen, so haben wir tatsächlich den ersten Red-Bull-Helm gemacht. Das charakteristische Dosen-Design kam erst viel später, aber ich hatte den Kinnbügel gestaltet… Und ich habe die Helme von damals noch immer zuhause.
Red Bull war aber auch in den Anfangszeiten nicht nur in den Randsportarten tätig.
Gerhard Berger war der erste gesponserte Motorsportler. Ich war beim Formel-1-Rennen in Österreich dabei, als sich Dietrich zunächst bei Gerhard erkundigte, was es kosten würde, wenn er während eines Fernsehinterviews einen Schluck aus einer Dose nehmen würde. Gerhard wollte wissen, was es für ein Getränk ist und wie lange es die Firma schon gibt, seit der Gründung war erst ein Jahr vergangen.
Es endete damit, dass er sagte, er werde es einfach versuchen und wenn er es im TV gebracht hat, soll ihn Dietrich nicht vergessen, wenn dieser zu Geld gekommen sei! Er wurde ein lebenslanger Sponsor von Gerhard Berger, denn es war sehr gut, es im Fernsehen gehabt zu haben. Jetzt schau dir an, wo Red Bull in der Formel 1 ist.
Müssen sich die Leute, die bei Red Bull in den frühen Jahren dabei waren, heute nicht manchmal ein bisschen kneifen wenn sie sehen, wie gross es geworden ist? Wie eine ganze Industrie kreiert wurde?
Für jeden der am Anfang involviert war, ist es unfassbar. Ich erinnere mich, als ich mit Dietrich mit den Motorrädern unterwegs durch Österreich war. Wir stoppten, um etwas zu trinken, und dort gab es Red Bull. Das Getränk war damals schon bekannt, aber im Vergleich zu heute war es noch gar nichts. Er sagte zu mir: ‹Realisierst du, was diese kleine Dose für uns macht?›
Ich denke, sogar er selber war überrascht, wie alles ablief. Alles was er macht, ist allen anderen weit voraus und er ist einfach eine sehr clevere Marketing-Person. Er erklärte mir auch, dass du als erfolgreicher Geschäftsmann nicht ein Arschloch sein musst. Ein Beispiel: Vor 12 oder 13 Jahren war Donovan Mitchell einer unserer jungen KTM-Fahrer, er fragte mich, ob er am «Day in the Dirt»-Event in Kalifornien teilnehmen könne. Eine Gruppe von uns Red-Bull-Leuten ist dann hingeflogen.
Auf der ersten Runde sind Ricky Johnson und Ernesto Fonseca gestürzt, Mitchel und Rodrig Thain konnten bei der Landung nach dem Sprung nicht ausweichen, nach dem Sturz waren beide gelähmt. Ich habe es beobachtet und bin sofort rüber geeilt. Fonseca war bewusstlos und Ricky hat sich irgendwas gebrochen.
Sie haben dann alle Untersuchungen gemacht, da stand Thain plötzlich wieder auf. Das war für alle eine riesige Überraschung. Donovan musste hingegen ins Krankenhaus, das war sehr hart. Red Bull hat dann danach noch für einige Jahre mit Geld für ihn ausgeholfen.