Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Fluch ausgelöscht, Bonhomme siegt

Von Nadja Zele
Der Bonhomminator ganz oben am Podium

Der Bonhomminator ganz oben am Podium

Paul Bonhomme ist der Sieger des Windsor-Rennens. Der Brite hat sich vom ewig zweiten Platz verabschiedet. Doch fast wäre daraus nichts geworden...

Mit 1:08,16 flog Paul Bonhomme über dem Detroit-River in seinem sauberen, ruhigen Flugstil auf Platz eins. Spielend einfach sah das aus...

«Das war extrem harte Arbeit. Von allen Rennen, die ich bisher geflogen bin, war das die herausforderndste Strecke. Der Wind war in jedem Lauf anders. Wir mussten mit vier verschiedenen Windverhältnissen zurecht kommen. Aber wir haben es geschafft. Ich bin glücklich», so Bonhomme, der den 290,000 Zusehern am Ufer des Grenzflusses zwischen den USA und Kanada die Sensation lieferte.

Hannes Arch, der die WM mit einem Punkt Vorsprung auf Bonhomme nach wie vor anführt, attackierte in den Final 4 eine Spur zu stark. Die Rennrichter verhängten dem Österreicher eine Zwei-Sekunden-Strafe für einen unsauberen Horizontalflug. Das konnte Arch unmittelbar nach dem Rennen nicht ganz nachvollziehen: «Das war ein sehr strenges Urteil. Ich werde mir die Aufnahme vom Lauf genau ansehen. Erst dann kann ich sagen, ob ich glücklich oder enttäuscht bin. Irgendwie bin ich über den zweiten Platz enttäuscht, mit der Leistung aber trotzdem zufrieden.»

Auf Platz drei, hinter Arch und Bonhomme, reihte sich etwas unerwartet der Amerikaner Kirby Chambliss ein. Chambliss, in den ersten beiden Saisonrennen, alles andere als mit dabei (Platz 9 in Abu Dhabi, Platz 12 in San Diego) war hier in Kanada die ganze Rennwoche über die starke Überraschung. Mit einem neuen Motor, der zunächst nicht ganz regelkonform war (über der Kompressionsrate), sorgte er für unglaubliche Laufzeiten. Zum Qualifying hin waren die Kolben geschliffen, dass Zurücktunen tat der Maschine nicht weh. Mit 1:07,95 schaffte Chambliss im Qualifying mit seiner um fast 50 PS stärkeren Edge 540 den Streckenrekord. Der Bonus: Ein Weltmeisterschaftspunkt für die Pole und ein sicherer Startplatz im Top 12-Bewerb.

Chambliss ging jedoch am Renntag eine Spur zu aggressiv in die erste Session. Es roch stark nach Übertreten des Geschwindigkeitslimits. Die Daten seines Fliegers wurden unmittelbar nach der Landung gecheckt und für okay befunden. Grünes Licht für Chambliss, rein in die Super 8. Locker war er danach aber nicht mehr unterwegs. Sein überaus aggressiver Flugstil wurde konservativ, der Speed am Start-Gate lag plötzlich weit unter dem Limit. «Ganz klar, ich wollte den ersten Platz, aber der dritte ist schon einmal ein guter Anfang. Wir sind am richtigen Weg, ich habe für den Rest der Saison grosse Erwartungen», so Kirby Chambliss.

Platz vier krallte sich vollkommen unerwartet Mike Mangold. Der zweifache Champion (2005 und 2007) köpfte in der Super 8-Session eine Pylone, was sich in einer schwachen Zeit von 1:18,61 wiederspiegelte. Ungewöhnlich für den Routinier mit dem nicht ganz konkurrenzfähigen Flieger. Doch Mangold hatte Glück. Die Konkurrenz machte in der schwierigen Strecke einen Fehler nach dem anderen, Mangold zog in die Final 4 ein. «Unglaublich! Es zeigt, das im Red Bull Air Race einfach alles möglich ist. Es war ein gutes Rennen, mit jeder Menge seltsamen Turns, aber wir sind zufrieden. Wir sind wie kleine Vögel, die die Krümel aufpicken, die andere vom Tisch fallen lassen.»

Nicolas Ivanoff, jetzt auf Platz drei der Gesamtwertung, hatte im Windsor-Rennen Pech. In der Top 12 Session löste sich ein Teil der Folie am Flügel ab, die den Luftfluss besser machen sollte. Die Folie schlug gegen das Cockpitdach, irritierte den Rennpiloten und machte das Flugzeug unstabil. «Wir haben mit dieser kleinen Modifikation einen Fehler gemacht. Die Folie ging runter. Immer, wenn ich am Steuerknüppel gezogen habe, aber auch im Quadro und in der Schikane war das Fluggefühl schlecht. Um einen Strömungsabriss zu verhindern, war ich im Quadro und in der Schikane sehr konservativ unterwegs. Ich bremste sozusagen bei jedem Pylonen in der Schikane leicht ab», so der Franzose, der nun in der Gesamtwertung neun Punkte hinter dem amtierenden Weltmeister und WM-Führenden Arch liegt.

Der Kurs über dem Detroit-River war ohne Zweifel höchst anspruchsvoll. Speziell das Wendemanöver nach beziehungsweise vor dem Quadro wurde vielen zum Verhängnis. Am Renntag gab es vier spektakuläre Pylon-Hits, zwei Safety Climb Outs (Sicherheitsausstieg), zwei Disqualifikationen, zahlreiche Strafsekunden und zwei Piloten, die von Haus aus nicht an den Start gingen. Der Japaner Yoshihide Muroya beschädigte im dritten Training seinen Flügel bei einem Pylon-Hit und musste am Boden bleiben. Peter Besenyei hatte abseits der Trainingssessions, bei einem Flug zu einem Foto-Shooting grosses Glück im Unglück. «Ein technisches Problem. Der Öldruck war plötzlich weg, dann hat der Motor versagt. Ich musste ausserhalb des Flugfeldes notlanden. Mir ist glücklicherweise nichts passiert, aber der Flieger ist beschädigt und konnte zum Rennen nicht rechtzeitig repariert werden», so ein enttäuschter Besenyei, der zum ersten Europa-Stopp der Saison nach Budapest ohne Punkteplus kommt.

Auch Deutschlands Air-Race-Hoffnung Matthias Dolderer ist enttäuscht. Er war in der Wild Card Session ganz gut dabei, hätte vielleicht sogar Glen Dell gepackt, und wäre damit in die Top 12 eingezogen, wenn ihn die Schikane nicht aus der Ruhe gebracht hätte. Er flog etwas zu tief und wurde disqualifiziert. «Ich kann es nicht ganz nachvollziehen, wieso man mich disqualifiziert hat. Aber okay, daran kann man jetzt nichts mehr ändern.» Zum Budapest-Rennen (19. und 20. August) will Dolderer sein Flugzeug modifizieren und seinen Fans zeigen, was er wirklich drauf hat.

Windsor, Ontario ist Geschichte. Jetzt geht das Red Bull Air Race in eine kurze Sommerpause. Die Teams werden kurz von der Bildfläche verschwinden, im Hintergrund aber werden sie mit Vollgas weiter arbeiten. Denn jetzt ist definitiv Halbzeit!

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