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Wegen Bautista-Herrschaft: Dorna verlangt Revolution

Von Ivo Schützbach
Wegen Alvaro Bautista wird das Reglement auf den Kopf gestellt

Wegen Alvaro Bautista wird das Reglement auf den Kopf gestellt

Nichts ist für das Geschäft schädlicher als ein dominierender Fahrer oder Hersteller und vorhersehbare Rennen. Die Balance-Regel für die Superbike-WM wird deshalb für 2024 grundlegend überarbeitet – mit frischen Ideen.

Seit der Einführung der Ducati Panigale V4R und mit der Verpflichtung von Alvaro Bautista ist der Hersteller aus Bologna in der Superbike-WM tonangebend. Der kleine und leichtgewichtige Spanier versteht die rote Göttin so perfekt zu fahren, dass selbst Giganten wie Jonathan Rea und Toprak Razgatlioglu ihn kaum noch besiegen können – Kawasaki und Yamaha hinken technisch schon länger hinterher. Und BMW sowie Honda haben den Anschluss an die Spitze seit der Geburt ihrer Werksteams 2019 und 2020 bis heute nicht geschafft.

Seit 2018 gibt es in der seriennahen Weltmeisterschaft eine Balance-Regel. Diese soll für ausgeglichene Performance der Motorräder sorgen und außerdem dazu beitragen, dass technisch ins Hintertreffen geratene Hersteller nicht alle paar Jahre neue und kostspielige Homologationsmodelle bringen müssen, um sich zu verbessern.

«Die jetzigen Regeln helfen jenen Herstellern, die sehr straucheln, mit den Super-Concession-Parts», erklärte Yamahas Road-Racing-Manager Andrea Dosoli SPEEDWEEK.com. Das sind Änderungen am Chassis, die laut normalem Reglement verboten sind und nur bei anhaltendem Misserfolg zugestanden werden. «Letztes Jahr erhielten sie Honda und BMW. Die Schwierigkeit mit den jetzigen Regeln ist, wenn du gute Arbeit leistest und aufs Podium fährst, weil du einen starken Fahrer hast, der Schwachpunkte des Motorrads kompensieren kann, dann ist es dir so lange nicht erlaubt am Motor zu arbeiten, bis die Ergebnisse schlecht sind. Wenn du um Podestplätze und Siege kämpfst, selbst wenn dein Motorrad Verbesserungen nötig hat, kannst du mit den jetzigen Regeln keine Verbesserungen bringen – nicht einmal für die nächste Saison. Wir kamen nie in die Situation, zum Beispiel eine neue Nockenwelle entwickeln zu dürfen.»

«Es gibt einige Ideen, wie wir das System für die Vergabe von Concession- (spezielle Änderungen am Motor – der Autor) und Super-Concession-Teilen anpassen können», so Dosoli. «Diesbezüglich rechnen wir durch, was sich ändert, wenn wir nur den Besten eines Herstellers als Referenz heranziehen oder zum Beispiel drei Fahrer. Wir arbeiten erst ein Jahr mit dem Algorithmus, das darf man nicht vergessen. Wir müssen genau unter die Lupe nehmen, was er auswirft und wo wir eine Feinabstimmung vornehmen können. Es gibt viel Druck von der Dorna, weil sie fürchten, dass jemand die Meisterschaft dominiert und dadurch das Interesse nachlässt. Die Dorna hat deutlich an die Hersteller adressiert, was sie sich vorstellen. Vielleicht können wir das jetzige Concession-Punktesystem anpassen, damit Hersteller, die nicht gewinnen, aber nahe an der Spitze sind – wie Yamaha und Kawasaki –, früher in eine Situation kommen, in welcher sie bei der Entwicklung etwas mehr Freiheit haben. Denn nur so lässt sich die Lücke zur Spitze schließen. Wir müssen einen Weg finden, den gesamten Prozess zu beschleunigen. Mit Toprak waren wir immer bei der Musik, deshalb bekamen wir nie Konzessionsteile.»

Mit der Erhöhung der Maximaldrehzahl um 250/min seit Most bekam Yamaha zum ersten Mal seit der Einführung der Balance-Regel ein technisches Zugeständnis. Und das geschah nur, weil Ducati-Star Alvaro Bautista so eine dominante Saison erlebt.

Inzwischen gibt es auch Ideen des Weltverbands FIM und der Dorna, welche weg von einem Balance-System rein über die Drehzahl gehen. Angedacht ist, die Spritdurchflussmenge mittels eines Sensors zu überwachen, der zu Versuchszwecken bereits in verschiedenen Motoren im Einsatz war. Der Vorteil dieser Methode gegenüber einer Begrenzung des Tankinhalts ist, dass die Leistungsreduzierung so immer gleich ist: Egal, ob über eine fliegende Runde im Qualifying, im Sprintrennen oder im Hauptrennen, wenn die Fahrer mit ganz unterschiedlichen Benzinmengen unterwegs sind.

Über die Durchflussmenge könnten überlegene Motorräder gedrosselt werden; im Automobilrennsport ist das gängige Praxis, um die Maximalleistung und das Drehmoment zu begrenzen.

Ein Zusatznutzen ist, dass die Superbikes so insgesamt verlangsamt werden können. Die Sturzräume der meisten Rennstrecken genügen für die Geschwindigkeit der heutigen Maschinen nicht mehr, deshalb werden auch die MotoGP-Bikes ab 2027 deutlich eingebremst.

Mit der Einführung der Kontrolle der durchfließenden Spritmenge kann den Rennmotoren außerdem ein hellgrüner Anstrich verpasst werden, weil es dann auch auf die Effizienz ankommt. Das passt zum Beschluss, dass ab nächster Saison in der Superbike-WM E40-Benzin vorgeschrieben ist, also Sprit, der zu 40 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird.

Zusammengefasst sorgt das dafür, das der Rennsport für die Hersteller an Wichtigkeit gewinnt, weil dort Technologien entwickelt werden, die für die Nachhaltigkeit von Bedeutung sind.

Sollte die Begrenzung der Spritdurchflussmenge für den erwarteten Effekt sorgen, würde die Limitierung der Maximaldrehzahl überflüssig.

Für Promoter Dorna ist nur wichtig, dass die Motorräder aller Hersteller siegfähig sind und die Show stimmt.


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