Ducati-Analyse: Sturz mit Superbike am gefährlichsten
Der zweifache Superbike-Weltmeister Alvaro Bautista hat sich als Leichtester im Feld – natürlich – immer gegen ein Mindestgewicht für den Fahrer in voller Montur ausgesprochen. Denn diese ab 2024 gültige Regel bedeutet für ihn, dass er Stand heute 6,5 kg Ballast an seine Ducati packen muss.
Bautista argumentiert über die Gesundheit. «Ich glaube nicht, dass viel Zusatzgewicht am Motorrad sicher ist», sagt der 59-fache Laufsieger. «Im Fall eines Crashs braucht es mehr Sturzraum, sie haben es trotzdem beschlossen. Stand jetzt fahre ich 2024 Rennen. Aber wenn ich das Gefühl habe, dass das Motorrad damit gefährlicher als nötig ist, dann bleibe ich vielleicht daheim. Ich will mein Leben nicht mehr als notwendig riskieren.»
Während des ersten Wintertesttags am Dienstag hatten die Fahrer lediglich zwei Stunden Fahrzeit auf trockener Strecke am Vormittag, dann kam der Regen. Die Wettervorhersage für Mittwoch ist hervorragend, über dem Circuito de Jerez strahlt bereits die Sonne im blauen Himmel. Es wird aber dauern, bis die Strecke auftrocknet.
Bautista fuhr am Dienstag mit einem etwas schwereren Motorrad als während der Saison, Ducati wird bezüglich Gewicht auch heute nicht ans Maximum gehen, wie Technikchef Marco Zambenedetti im Exklusiv-Interview von SPEEDWEEK.com verriet. «Unglücklicherweise haben wir dafür noch nicht alles vorbereitet, wir reden von einer ordentlichen Menge Ballast. Deshalb haben wir uns für einen Mittelweg entschieden. Wir müssen das Gewicht richtig verteilen und sicher anbringen. Unsere erste Idee war, es dort anzubringen, wo der Schwerpunkt ist, aber das geht nicht.»
Bevor die technischen Regeln für die Superbike-WM 2024 vom Weltverband FIM und Promoter Dorna verlautbart wurden, gab es monatelange Gespräche innerhalb der Herstellervereinigung MSMA. Letztlich einigten sich die Werke auf einen Kompromiss: Statt ein Minimumgewicht für die Kombination aus Fahrer und Motorrad vorzuschreiben und sich damit am schwersten zu orientieren, wurde ein Mindestgewicht für den Fahrer in voller Montur eingeführt. Das Durchschnittsgewicht der diesjährigen Fahrer betrug 80 Kilogramm, dieses wird als Richtwert genommen. Wer darunter liegt, muss 50 Prozent der Differenz als zusätzliches Gewicht an sein Motorrad packen. Wiegt ein Fahrer beispielsweise 66 kg, betrüge die Differenz 14 kg, es würde also ein Zusatzgewicht von 7 kg fällig.
Dem Beschluss vorausgegangen waren intensive Analysen. Zambenedetti: «Wir haben uns angeschaut, welche Energie in Misano, Assen und Barcelona an bestimmten Bremspunkten entsteht. Die Energie ist abhängig von der Masse des Motorrads und der Geschwindigkeit – das ist entscheidend, wenn ein Fahrer stürzt. Verglichen mit Moto2, Supersport, MotoGP und MotoE produziert ein Superbike die meiste Energie, wenn wir zehn Kilogramm Ballast hinzuladen. Das liegt daran, dass ein Superbike recht schnell ist, schneller als Moto2 oder MotoE, und schwerer als eine MotoGP-Maschine. Das MotoE-Bike ist schwerer, aber viel langsamer.»
Der Italiener kritisiert, dass die Sturzräume auf vielen Rennstrecken schon heute nicht genügend sind, durch zusätzlichen Ballast wird diese Problematik verschlimmert. «Alvaro hat auch mit mir darüber geredet, er macht sich Sorgen», bemerkte Zambenedetti. «Er meint, dass die Verzögerung des Motorrads mit dem zusätzlichen Gewicht schwieriger wird. Wir müssen daran arbeiten, genau das zu verhindern. Wir geben unser Bestes, um ihm die bestmögliche Konfiguration hinzustellen, damit er entspannt Weihnachten feiern kann.»
Ducati ging am Dienstag auf die neue Maximaldrehzahl von 16.100/min zurück, zum Saisonende waren nur 15.600/min erlaubt. Neuzugang Nicolo Bulega fuhr am ersten Testtag mit verschiedenen Spezifikationen des nächstes Jahr vorgeschriebenen E40-Sprits; den neuen Tank mit 21 statt 24 Liter Inhalt bringt Ducati erst für die Tests im Januar.