Go Eleven Ducati: «Iannone der talentierteste Fahrer»
Andrea Iannone, Denis Sacchetti, Freundin Elodie und Vater Regalino (v.l.)
Nach vier Jahren Dopingsperre wusste niemand, was von Andrea Iannone in der Superbike-WM zu erwarten ist. Sicher, er fuhr für die MotoGP-Werksteams von Ducati, Suzuki und Aprilia und hat einen Sieg sowie elf Podestplätze in der Königsklasse vorzuweisen. Und dass er schnell Motorradfahren kann, stand nie im Zweifel. Aber vier Jahre sind im Rennsport eine Ewigkeit, den in Australien gezeigten Speed haben ihm wohl nur seine größten Fans zugetraut.
Sein neues Team Go Eleven Ducati jedenfalls nicht: Es hoffte im Winter auf Punkte und vielleicht ab Saisonmitte auf Top-10-Platzierungen.
Dann der Paukenschlag auf Phillip Island: Iannone wurde sensationell Dritter im ersten Hauptrennen, nach einem nicht alltäglichen Problem 14. im Superpole-Race und Vierter im zweiten Hauptrennen. Gesamt eroberte der 34-Jährige 29 Zähler und liegt damit vor dem Europa-Auftakt in Barcelona (22.–24. März) punktgleich mit dem Dritten Andrea Locatelli (Pata Yamaha) auf WM-Rang 4.
«Unsere Leistungen waren besser als erwartet», sagte Iannones Teammanager Denis Sacchetti im Vier-Augen-Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Das war sein erstes Rennen in der Superbike-WM, unser erstes gemeinsames. Und nach vier Jahren ohne Rennen ist es nicht einfach für ihn. Unser Ziel waren die Top-10, deshalb sind diese Resultate unglaublich. Er ist ein sehr talentierter Fahrer, vielleicht der talentierteste im Moment.»
«Für ihn sind sehr viele Dinge anders, als er es aus der MotoGP kannte», ergänzte der 38-Jährige. «Er kannte keine Boxenstopps mit Radwechsel. Und das Team machte Fehler. Wir müssen auch herausfinden, weshalb sich für ihn das Motorrad in den Rennen unterschiedlich anfühlte, eventuell hatte das mit den Reifen zu tun. Dass wir jetzt Vierter in der Weltmeisterschaft sind, ist erstaunlich.»
Aus seinen Jahren im MotoGP-Paddock hat Iannone den Ruf, ein sehr schwieriger Charakter zu sein. In der Superbike-WM präsentiert er sich bislang äußerst freundlich höflich und zuvorkommend, der 13-fache GP-Sieger nimmt sich für jeden Fan und auch die Medien viel Zeit.
Hat ihn die erzwungene Auszeit verändert, ist Iannone als Persönlichkeit gereift? «Für mich ist das schwierig zu beurteilen, weil ich nicht genau weiß, wie er in seiner MotoGP-Zeit war», meinte Sacchetti. «Fest steht für mich, er ist ein Verrückter, er will alles perfekt haben. Das macht es nicht einfach für uns, aber die Stimmung im Team und mit ihm ist sehr gut. Ich kann nichts gegen ihn sagen, er ist ein guter Mensch. Dass er sich nach dem Superpole-Race aufregte, ist ganz normal. So ist jeder Rennfahrer, wenn er heiß ist und etwas schiefläuft. Nach zehn Minuten war er wieder normal.»
Iannone genießt nicht nur unter den Fans viel Rückhalt, auch Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna hält große Stücke auf ihn und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Deal mit dem Go-Eleven-Team zustande kam.
«Wir hatten schon in den vergangenen Jahren viel Unterstützung von Ducati, jetzt haben wir noch beim Personal nachgelegt», verriet Sacchetti. «Einer kam von Ducati dazu, einer von Öhlins. Das sorgt dafür, dass wir als Team besser wurden. Andrea verdient das Beste, er stellt sich einer großen Herausforderung.»
Kann sich der Teammanager vorstellen, dass Ducati Iannone für 2025 ins Aruba-Werksteam holt, sollte Alvaro Bautista den Rücktritt erklären? «Wenn es dazu kommt», so Sacchetti, «dann wäre das ein Vergnügen für uns. Weil das bedeuten würde, dass wir eine sehr gute Saison mit ihm hatten.»