Kompetenzgerangel: Was SBK-WM in China im Weg steht
China ist für alle Motorradhersteller ein sehr wichtiger Markt
Mit Kove, seit 2023 in der Supersport-WM 300 dabei, und Supersport-Neuling QJ Motor mischen zwei chinesische Hersteller in der seriennahen Motorrad-Weltmeisterschaft mit. Die Landsleute von CFMOTO arbeiten am Einstieg in die Superbike-WM, Stand heute für 2026. Auch QJ will in absehbarer Zeit in der höchsten Kategorie mitmischen.
Das Interesse der chinesischen Hersteller am Motorradrennsport wächst, diesen Schwung will SBK-Promoter Dorna nutzen. Die spanische Agentur sucht händeringend nach einem Austragungsort in Asien, nachdem sich die Rennen in Malaysia (Sepang), Thailand (Buriram) und Indonesien (Mandalika) nicht im Kalender behaupten konnten, weil die örtlichen Veranstalter lieber einen wesentlich teureren MotoGP-Event haben wollen, der dafür aber ein Vielfaches an Aufmerksamkeit bringt.
«In China leben 1,4 Milliarden Menschen, das Land könnte sich für den Rennsport zu einem massiven Markt entwickeln und sehr wichtig werden», sagt Manuel Puccetti, Manager des QJ-Werksteams in der Supersport-WM. «Sie träumen von einem eigenen Rennen. In China könnte ein neues Kapitel für die Superbike-WM aufgeschlagen werden, das wäre sehr schön.»
Derzeit verfügt keine Rennstrecke in China über die für die Superbike-WM notwendige Stufe-A- oder -B-Homologation des Weltverbands FIM, doch diese wäre für große Strecken wie Shanghai oder Zhuhai leicht zu bekommen.
Wie SPEEDWEEK.com erfuhr, geht es bei den Dorna-Plänen nicht um einen der genannten Austragungsorte, sondern um eine neue Strecke im Großraum Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan. Chengdu liegt nordwestlich von Chongqing, dem Sitz vieler chinesischer Motorradhersteller, und hat über 20 Millionen Einwohner.
Dort wurde 2023 mit dem Bau einer neuen Rennstrecke begonnen, welche inzwischen weitgehend fertiggestellt ist, aber kürzer als die für die WM vorgeschriebenen 3,4 Kilometer Länge aufweist. Derzeit misst die Strecke 3 km und soll auf 5 km erweitert werden.
Manager der Dorna nahmen die Piste vergangenen September erstmals in Augenschein, eine SBK-Veranstaltung in China wird es voraussichtlich aber nicht vor 2026 geben.
Denn im Land des Lächelns herrschen Spannungen zwischen der nationalen Motorsportföderation und der Vereinigung der Motorradhersteller. Diese werfen dem Verband vor, er würde sich nur um den Automobilsport kümmern. Am liebsten würden sie die SBK-Veranstaltung selbst ausrichten.
Im September wird FIM-Präsident Jorge Viegas den Motocross-GP in Shanghai besuchen und will vor Ort versuchen, die Wogen zwischen den Herstellern und der Föderation zu glätten und zu vermitteln. Denn nur, wenn sie gemeinsam an einem Strang ziehen, kann ein SBK-Event in China Wirklichkeit werden.
«Mit bald drei chinesischen Herstellern werden wir einen Weg finden, in China anzutreten», unterstrich ein hochrangiger Dorna-Mitarbeiter gegenüber SPEEDWEEK.com. «Es sollte auch egal sein, dass die Strecke nur 3 km lang ist, dann fahren wir halt mehr Runden. Denn jeder wird zustimmen, dass China ein wichtiger Markt ist. Aber dafür braucht es auch Leute, um den Event vor Ort zu managen. Und es braucht Streckenposten, was wegen der Sprachbarriere nicht einfach ist. Wir haben eine Meisterschaft und eine Strecke – der Rest ist Politik.»
Die Formel 1 ging von 2004 bis 2019 auf dem Shanghai International Circuit an den Start, die MotoGP von 2005 bis 2008. Die Asia Road Racing Championship (ARRC), in welcher Markus Reiterberger im Vorjahr mit BMW den Titel gewann, fährt in Zhuhai. Der Motocross-GP kehrt 2024 nach fünfjähriger Pause nach Shanghai zurück.