Bosch und Ligier präsentieren Wasserstoffrennfahrzeug
In einem gemeinsamen Innovationsprojekt haben Experten von Bosch Engineering und Ligier Automotive in wenigen Monaten ein Hochleistungs-Fahrzeug mit Wasserstoffmotor aufgebaut. Die Basis bildet der Rennwagen Ligier JS2 R, der für den Wasserstoffbetrieb umgerüstet wurde.
Mit dem Innovationsträger zeigen beide Unternehmen das Potenzial eines alternativen klimafreundlichen Antriebs für High-Performance-Anwendungen wie den Motorsport. Im Rahmen des 100. Jubiläums der 24 Stunden von Le Mans, wurde der Ligier JS2 RH2 heute zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert.
«Der Wasserstoff-Motor bietet großes Potenzial für High-Performance-Anwendungen, gerade im Motorsport. Mit dem Aufbau des Demonstrator-Fahrzeuges zeigen wir unsere langjährige Expertise als Ingenieursdienstleister und insbesondere unsere Kompetenz im komplexen Umfeld Wasserstoff», sagt Dr. Johannes-Jörg Rüger, Geschäftsführer Bosch Engineering GmbH.
Jacques Nicolet, Geschäftsführer von Ligier Automotive, fügt hinzu: «Der Ligier JS2 RH2 zeigt, dass Bosch Engineering und Ligier Automotive bereit sind, sich den Herausforderungen von morgen zu stellen, indem sie innovative Lösungen zur Integration neuer Energien anbieten.» Der Ligier JS2 RH2 wurde bereits auf Teststrecken in Deutschland gefahren und wird im Laufe des Sommers weiter entwickelt und getestet.
Im Projekt hat Bosch Engineering die Gesamtfahrzeugkonzeption verantwortet und maßgeblich die Entwicklung des Motor- und Tankkonzepts sowie eines umfassenden mehrstufigen Wasserstoff-Sicherheitssystems umgesetzt. Ligier Automotive war verantwortlich für die Gesamtdynamik des Fahrzeugs, die Konstruktion des Monocoques und die Anpassung des Chassis des bestehenden Ligier JS2 R. Das Unternehmen optimierte außerdem die mechanischen Komponenten für den Wasserstoffbetrieb und übernahm deren Integration in das neue Fahrzeug.
Das Fahrzeug verfügt über einen V6-Wasserstoffmotor und ein Carbon-Monocoque, in das drei 700 bar Typ IV Wasserstoffzylinder von Hexagon Purus integriert sind. Diese Tanks entsprechen den Anforderungen in Bezug auf Abmessungen, Leistung und Sicherheit für den Hochleistungs-Demonstrator. Der 3,0-l-V6-Motor mit Biturbo-Aufladung leistet bereits 420 Kilowatt und soll in den kommenden Wochen weiter optimiert werden.
Er basiert auf einem Serien-Benzinaggregat, das die Experten von Bosch Engineering auf die Verwendung von Wasserstoff umgerüstet haben. Angepasst wurden insbesondere die Zündung und das gesamte Einblassystem. Das Motorkonzept gewährleistet sowohl eine sehr magere, besonders stickoxidarme Verbrennung bis in die Teillast, als auch eine sehr hohe spezifische Leistung. Eine weitere Herausforderung bei der Motorentwicklung war die stabile Verbrennung ohne Vorentflammungen bei hohen Lasten und Motordrehzahlen von über 7000/min.
Das mehrstufige Wasserstoff-Sicherheitskonzept des Fahrzeugs schließt sowohl das Speichersystem mit den Hochdrucktanks als auch die Druckregler und Zuleitungen zum Motor und das Einblassystem mit ein. Beispielsweise gewährleistet die Integration der Hexagon Purus Wasserstoffbehälter in das Carbon-Monocoque des Fahrzeugs eine hohe Crashsicherheit sowie ein optimiertes Packaging. Die Trennung von Tank, Gassteuerungskomponenten und Motorraum sowie ein passives Entlüftungskonzept über Leitungen und Kamine sorgen für eine gezielte Abfuhr von Gasen nach außen, sodass diese nicht in die Fahrgastzelle oder zu heißen Motorraumkomponenten gelangen können. Leckagen im System werden darüber hinaus durch eine umfangreiche Sensorik detektiert.
«Je nach Art und Schwere des Defekts wird dann ein mehrstufiges aktives Sicherheitskonzept ausgelöst, das von einer Warnung des Fahrers im Display über die Abschaltung einzelner Leitungskreise bis hin zur Gesamtsystemabschaltung reicht», erklärt Rüger.
Die Anpassung des Ligier JS2 R zur Integration des Wasserstoffsystems war ein zentraler Faktor für den Erfolg des Projekts. «Wir haben uns entschieden, die bestehende Struktur durch ein Carbon-Monocoque zu ersetzen und arbeiteten bei diesem Aspekt des Projekts eng mit unserer Schwesterfirma HP Composites und dem F&E-Spezialisten Carbon Mind zusammen», erläutert Julien Jehanne, Werksleiter bei Ligier Automotive. «Wir haben uns auf unsere ganze Erfahrung als Rennwagenbauer verlassen und ein maßgeschneidertes Carbon-Monocoque entwickelt. Mit unserer aktuellen Ligier-Baureihe und dem Know-how, das wir in den letzten Jahren entwickelt haben, verfügen wir über alle Mittel, um zuverlässige Hochleistungsfahrzeuge zu entwickeln und zu bauen, die neue Energien integrieren.»
Bosch Engineering arbeitet bereits seit 2016 an Konzepten für Wasserstoffmotoren und erbringt Dienstleistungen unter anderem für High-Performance-Anwendungen. Neben der langjährigen Erfahrung als Entwicklungspartner für Supersportwagen und den Motorsport kommt Bosch Engineering dabei das umfangreiche spezifische Know-how beim Umgang mit Wasserstoff zugute. Für die Entwicklung und Applikation von Wasserstoffantrieben, sowohl als Verbrennungsmotor als auch mit Brennstoffzellen, stehen speziell ausgestattete Prüfstände, die von zertifiziertem, geschultem Personal bedient werden, eine Wasserstoff-Tankstelle sowie Werkhallen mit entsprechender Belüftungstechnik zur Verfügung.