Über Claire Williams
Claire Williams ist die Tochter von Sir Frank Williams und Lady Virginia Williams und schnupperte seit Kindesbeinen Motorsportluft, indem sie ihre Eltern oft zu den Rennen begleitete und schön früh während der Schulferien im Büro mitarbeitete. Sie studierte an der Universität von Newcastle Politikwissenschaften und machte 1999 ihren Abschluss. Ein Jahr später bekam sie den Posten als Pressesprecher der Rennstrecke in Silverstone.
2002 wurde Claire Williams festes Mitglied des Teams ihres Vaters, als sie die Rolle der Chefin der Kommunikationsabteilung übernahm. 2011 folgte die Beförderung zur Leiterin der Abteilung Marketing und Kommunikation. Als Frank Williams sich 2013 aus dem Tagesgeschäft des Teams zurückzog, übernahm Claire als stellvertretende Teamchefin seine Aufgaben. In dieser Rolle hat sie auch weiterhin die Verantwortung für Marketing, Kommunikation und alle kommerziellen Aspekte des Teams. Sie führt das drittälteste Formel-1-Team (nach Ferrari und McLaren) mit Umsicht und gesundem Menschenverstand.
Herbst und Winter 2016 wurden turbulent für die quirlige Engländerin: Zunächst verkündete Felipe Massa in Monza seinen Rücktritt von der Formel 1. Dann trat nach dem WM-Finale von Abu Dhabi überraschend Weltmeister Nico Rosberg zurück. Mercedes hatte von Anfang an den Williams-Piloten Valtteri Bottas auf dem Radar. Claire Williams konnte Massa zum Rücktritt vom Rücktritt bewegen, was eine Personalrochade möglich machte – Bottas von Williams zu Mercedes, Massa aus der Formel-1-Frührente für ein Jahr zurück ins Renncockpit: Er nahm 2017 seine vierte und unwiderruflich letzte Williams-Saison an der Seite des kanadischen Teenagers Lance Stroll in Angriff. Claire Williams sei Dank.
Allerdings entwickelte sich die Saison nicht wie gewünscht: Massa fuhr selten mit dem alten Feuer, und der junge Stroll machte besonders im ersten Saisonteil zu viele Fehler. Immerhin errang er in Baku mit Platz 3 auch einen Podestrang. Williams schloss den Konstrukteurs-Pokal auf dem fünften Schlussrang ab.
Claire Williams lebt mit ihrem Freund Andrew Murdoch in Newbury. Abseits der Rennstrecke waren die Geschehnisse erfreulicher: Am 10. Oktober 2017 kam ein gesunder Junge zur Welt. Der Kleine tröstete Claire in den folgenden Monaten über viele Enttäuschungen hinweg, denn 2018 erlebte der Williams-Rennstall einen Absturz ins Bodenlose. Lance Stroll und Sergey Sirotkin fuhren bei ihren insgesamt 42 Einsätzen ganze drei Mal in die Punkte, der Kanadier wurde WM-Drittletzter, der Moskauer Letzter, Williams eroberte lediglich sieben Punkte und schloss die Saison als rote Latern ab.
Williams befindet sich in der grössten Krise, seit Frank Williams sich vom Formel-1-Hungerleider zum Weltmeister gemausert hat. Frank Williams hat dieses Team zum dritterfolgreichsten Rennstall hinter Ferrari und McLaren gemacht, mit neun Konstrukteurs-Pokalen und sieben Fahrer-WM Titeln. Aber die letzte Marken-WM wurde 1997 gewonnen, also vor mehr als zwanzig Jahren, im gleichen Jahr wurde letztmals ein Williams-Pilot Weltmeister, es war Jacques Villeneuve. Der gleiche Villeneuve ist noch immer in der Formel 1, als TV-Experte, und er erhielt bei Williams Hausverbot – weil sich der Kanadier erdreistet hat, Williams an den Karren zu fahren. Der elffache GP-Sieger findet: Der Fisch stinke vom Kopfe, Claire Williams sei einfach eine Fehlbesetzung auf dem Chefsessel.
Klar geht die Krise von Williams an der Engländerin nicht spurlos vorbei, die im Oktober 2017 erstmals Mutter geworden ist. Claire Williams gibt zu: «Natürlich denke ich daran, alles hinzuschmeissen. Jeder würde das an meiner Stelle. Aber es geht nicht darum, ob ich mir das noch länger antun will. Es geht darum, dass ich mir die Frage stellen muss – bin ich für diesen Job die Richtige? Ich bin jedenfalls nicht am Punkt, an dem ich in den Spiegel gucke und das Problem sehe.»
«Wenn mich Menschen im Fahrerlager oder in den sozialen Netzwerken kritisieren, dann können sie das tun vom Morgen bis zum Abend. Aber wenn mir jemand bei Williams ins Gesicht sagt, dass ich diesem Rennstall Schaden zufüge, dann gehe ich. Bis dann habe ich jede Menge zu tun, und ich gebe nicht auf. Wir liegen auf dem zehnten Platz, ich muss den Kopf dafür hinhalten, es liegt an uns, das zu korrigieren.»
Seit 2013 hat Claire Williams diesen Posten inne, offiziell heisst ihr Job stellvertretende Teamchefin. Claire weiter: «Es ist demütigend. Wir treten jedes Wochenende an, im Geiste von Williams. Ich hatte vor einigen Monaten eine längere Diskussion mit Vater, und er hat mich mehr unterstützt als ich es erwartet hätte. Ich dachte, er würde etwas sagen wie: „Um Himmelswillen, was machst du eigentlich?“ Aber das hat er nicht. Er war überaus philosophisch und hat gemeint: „Claire, wir haben schon früher besch..... Zeiten, und wir haben das überwunden. Du musst weitermachen.“»
«Ich möchte Vater beeindrucken, denn er hat mir diesen Posten anvertraut. Ich will ihn nicht beschämen, ich will dieses Team nicht kaputtmachen. Das wäre grauenhaft.»
Williams steht gewaltig unter Druck. Im Sommer 2018 wurde Force India gerettet – von einer Gruppe von Investoren um Lawrence Stroll, des Vaters von Williams-Fahrer Lance Stroll. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Stroll und seine Millionen weiterziehen. Jacques Villeneuve, vor mehr als zwanzig Jahren letzter Weltmeister mit Williams, hielt fest: «Nicht nur der Verlust von Lawrence Stroll, auch das Aus des Martini-Sponsorings ist wohl der letzte Sargnagel für Williams. Williams wird danach viele Einnahmen aus den TV-Rechten verlieren, weil sie am hinteren Ende des Feldes kämpfen. Selbst Bezahlfahrer werden dann ihr Geld nicht dort ausgeben wollen.»
Die angebliche Fehlbesetzung gibt sich kämpferisch. «Wir sind an der Börse, unsere Zahlen liegen offen. Es gibt viele Spekulationen über die finanzielle Lage von Williams. Aber wir haben ein gesundes Budget, mit dem wir die Saison 2018 bestreiten, und wir werden auch im kommenden Jahr ein gesundes Budget haben.»
Williams gibt zu, dass der 2018er Renner vom Typ FW18 aerodynamisch verpatzt wurde und dass auch andere Fehler gemacht worden seien. Ins Details geht die Britin dabei nicht. «Aber das hat uns ermöglicht, alles unter die Lupe nehmen zu müssen. Das hätten wir vielleicht nicht getan, würden wir auf WM-Rang 5 liegen.»
Gegenüber den Kollegen von Autosport gibt Williams zu, dass «wir von den Erfolgen 2014 und 2015 geblendet worden sind. Uns wurde nicht klar, dass wir Probleme haben. Aber die packen wir jetzt an.»