SuperEnduro-WM: Billy Bolt vorzeitig Champion
Weltmeister Billy Bolt
Erstmals ist das sächsische Riesa der Schlusspunkt einer SuperEnduro-Weltmeisterschaft, als weiteres Novum geht ein Indoor-WM-Event der Stollenritter erstmalig über zwei Tage. Dabei machte Billy Bolt bereits am Samstagabend mit einem Strike alles klar: Schnellster im Superpole-Qualifying sowie dreifacher Heat-Sieger – mehr ging wieder nicht.
Wieder, weil der Husqvarna-Werksfahrer seit Saisonbeginn alle punkterelevanten Sessions dominierte, bis auf eine. Lediglich beim Rennen in Budapest Anfang Februar musste der 24-Jährige nach einer kleinen Unachtsamkeit einen Heat-Sieg an den sechsfachen SuperEnduro-Weltmeister Taddy Blazusiak herschenken.
Dieser hätte gern, wie zwei weitere Häscher, den derzeit Besten am vorzeitigen Titelgewinn gehindert, doch war sein Abend schon zu Beginn des ersten Heats beendet. Bei einem an sich harmlos anmutenden Crash zog sich das GASGAS-Ass aus Polen einen Handgelenksbruchs zu.
Unabhängig davon bleibt wieder festzuhalten, dass, wenn Billy Bolt sich nicht selbst schlägt, das ein ziemlich mühsames und unrealistisches Unterfangen gewesen wäre. Der 24-Jährige fegte auch durch die Riesaer Halle in einer eigenen Liga und ließ den Rest wie schmückendes Beiwerk seiner One-Man-Show aussehen.
Im ersten Heat hatte Bolt zwar nicht den besten Start, schob sich aber innerhalb des ersten Umlaufs auf die Spitzenposition nach vorn. Nach der obligatorischen Rennzeit von sechs Minuten plus einer Runde kam sein US-amerikanischer Markenkollege Colton Haaker knapp 23 Sekunden nach ihm ins Ziel. Gar knapp 46 Sekunden nach ihm ging der Beta-Pilot Jonny Walker, ebenfalls aus Großbritannien, über den Zielhügel, dicht gefolgt vom deutschen Beta-Piloten Tim Apolle sowie Cody Webb.
In Lauf Nummer 2 war Bolt nach dem Start sowie einem Niedergang Letzter, schnitt aber erneut wie ein heißes Messer durch Butter. Zwei Runden vor Schluss hatte er zum bis dahin führenden Haaker aufgeschlossen und verzichtete sogleich auf ein Zurechtlegen. Ranfahren und überholen waren im Prinzip eins, bis zum Fallen des schwarz-weiß-karierten Tuchs brummte er dem zuletzt Degradierten noch neun Sekunden auf.
Im dritten Heat übernahm der Überflieger in Runde 3 wieder die Führung, strauchelte einmal kurz und begnügte sich danach mit einem Sechs-Sekunden-Polster.
Damit hatte er seine Riesa-Mission, seinen zweiten SuperEnduro-Weltmeistertitel nach der Corona-Abbruch-Saison 2019/2020 einzufahren, vorzeitig erfüllt und sagte: «Mir fehlen die Worte. Beim ersten Mal konnte ich diesen Moment des Sieges nicht erleben. Deshalb ist es großartig, ihn hier in Deutschland zu haben. Dadurch fühlt es sich natürlich noch viel realer an. Ich wusste, dass es möglich war, den Titel in Riesa vorzeitig zu gewinnen, aber ich habe versucht, nicht daran zu denken. Ich wollte einfach nur das Fahren genießen und sehen, was passiert. Ich habe mich auf der Strecke gut gefühlt und bin nicht an meine Grenzen gegangen. Zweimaliger SuperEnduro-Weltmeister zu sein, ist unglaublich. Aber es ist auch eine Teamleistung von Husqvarna, meiner Familie und meinen Freunden. Wir haben am Sonntag noch ein Rennen, also konnten wir nicht viel feiern. Das Saisonfinale will ich vor allem genießen, aber trotzdem weiter gewinnen.»
Im Wissen, gegen Bolt in dieser Form kaum eine Chance zu haben, erklärte sein Markenkollege Haaker: «Das war mit einem 2-2-2-Ergebnis mein bisher bestes Rennen der Saison. Ich bin jetzt Tabellenzweiter und will das auch bleiben – das wäre cool und ist das derzeit maximal Mögliche. Aber um ehrlich zu sein, ist es auch ein bisschen schwierig. Ich kämpfe viel mit Armpump, nach etwa drei Runden bin ich schon fast im Überlebensmodus. Ich versuche, positiv zu bleiben und will am Sonntag mein Bestes geben und die Saison mit einem Erfolgserlebnis beenden.»
Ebenso geradlinig ist das Tagesergebnis für Billy Bolts Landsmann Jonny Walker ausgefallen. Er kam drei Mal als Dritter ins Ziel und stand am Ende auch auf dieser Podeststufe. Dabei hatte er vor allem im letzten Lauf gute Aussichten auf den zweiten Heat-Platz, musste sich nach packendem Fight mit Colton Haaker aber wieder knapp geschlagen geben. «Ich glaube, dass ich insgesamt stärker bin als die letzten Jahre. Aber ich muss noch besser werden, denn so etwas wie im dritten Lauf, darf mir einfach nicht passieren», so der Beta-Pilot.
Etwas begünstigt vom Ausscheiden Taddy Blazusiaks und eines weiteren Pleiten-Pech-und-Pannen-Tages des Ex-Weltmeisters Cody Webb, durfte sich Tim Apolle über den vierten Platz freuen und fasste das so zusammen: «Der erste Tag des SuperEnduro-Grand-Prix in Deutschland war einfach nur geil und lief echt gut für mich. Ich war zum zweiten Mal in der Superpole. Die Strecke hat richtig Spaß gemacht. Sie war sehr flüssig, aber auch anspruchsvoll. In den Rennen schaffte ich mit den Plätzen 4, 5 und 4 meine bisher besten Heats und mit Rang 4 auch mein bestes Overall-Ergebnis in der großen Klasse. Klar gehört immer ein bisschen Glück dazu. Ich habe mein gestecktes Ziel für Riesa fürs Erste erreicht. Mal auf dem Podest zu stehen, wäre natürlich noch ein Traum. Das wird verdammt schwer, aber beim SuperEnduro ist nichts unmöglich.»
Der zweite Deutsche im Feld, Ex-Junioren-Weltmeister Kevin Gallas, hatte sich nur für Riesa zu einer Teilnahme in dieser SuperEnduro-WM-Saison entschlossen und wurde deutlich unter Wert geschlagen. Nach Platz 9 im ersten Rennen, kam er im zweiten kurz vor Schluss auf Platz 6 liegend zu Fall und verließ mit schmerzverzerrtem Gesicht die Strecke. Zum dritten Lauf trat er wieder an, stieg aber vorzeitig aus.
In der Junior-WM steht der Pole Dominik Olszowy kurz vorm Titelgewinn. In deren mittleren Heat gelang es Milan Schmüser, den bisherigen Seriensieger die erste Saisonniederlage beizufügen. Mit Tagesrang 2 hinter Olszowy rückte er in der Tabelle vom vierten auf den zweiten Platz vor, hat aber Leon Hentschel dicht im Nacken. Somit geht es für beide am Sonntag primär um den Vize-WM-Titel sowie den Junior-Nummer-1-Status in Deutschland.
Der krönende Saisonabschluss beginnt auf der über Nacht umgebauten Strecke um 14 Uhr.
WM-Stand nach 4 von 5 Läufen:
1. Billy Bolt (GB), Husqvarna, 249 Punkte
2. Colton Haaker (USA), Husqvarna, 181, (-68)
3. Jonny Walker (GB), Beta, 181, (-68)
4. Taddy Blazusiak (PL), GASGAS, 129, (-120)
5. Diogo Vieira (P), GASGAS, 115, (-134)
6. Cody Webb (USA), Sherco, 109, (-140)
7. Tim Apolle (D), Beta, 106 (-143)
8. Diego Herrera (RCH), TM, 75, (-174)
9. William Hoare (GB), GASGAS, 56, (193)
10. Manuel Lettenbichler (D), KTM, 48, (-201)