Fühlt sich Ken Roczen schon als Amerikaner?
Ken Roczen mit seinem Sohn Griffin
In diesen Tagen hält sich Ken Roczens Vater Heiko Klepka wieder bei seinem Sohn in den USA auf. Die Vorbereitungszeit auf die Saison mit dem neuen Team HEP Progressive war extrem kurz und so wird jetzt auch mitten in der Saison weiter getestet. Beim letzten Rennen in Oakland heuerte Roczen neue Fahrwerkstechniker an. Statt wie bisher mit 'Factory Connection' arbeitete er mit Matt Andruk vom Fahrwerksspezialisten 'Active Ride' aus Florida. In Oakland fehlte auch Kens Team-Mechaniker Travis Soules, der sich wegen seiner Hochzeitsreise eine Auszeit nahm. Payton Stevenson übernahm den Job. Mit Stevenson arbeitete Ken bereits zu Honda-Zeiten erfolgreich zusammen. Er war sein Mechaniker bei Genuine Honda Ende letzten Jahres.
Das letzte Rennen in Oakland war eine Berg- und Talfahrt. Nach einem katastrophalen Qualifying gewann Ken den Vorlauf. Im Finale rangierte er im Bereich von P4 und P5, bevor er am Ende wieder bis auf Rang 11 zurückfiel, was sein schlechtestes Ergebnis in diesem Jahr markierte.
Ken Roczen hat Deutschland vor mehr als 10 Jahren in Richtung USA verlassen und hat sich in Amerika ein völlig neues Leben aufgebaut. Er ist dort zum Star avanciert und hat eine deutlich höhere Bekanntheit als in seiner deutschen Heimat. Ich habe den Test gemacht und wildfremde Passanten in den Straßen Atlantas angesprochen, die mit dem Namen Ken Roczen auch prompt etwas anzufangen wussten. In Deutschland wäre ein solches Experiment wohl von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Trotz seiner Bekanntheit hat Kenny zu keinem Zeitpunkt seine Bodenhaftung verloren, was ihm sein Vater Heiko Klepka von Kindheit an beigebracht hat. Er bekennt sich bis heute zu seinen Wurzeln. Wenn er auf dem Podium gelegentlich vom coolen Ami-Slang auf Deutsch wechselt, kommt noch immer sein Thüringer Akzent durch. Inzwischen hat er geheiratet und eine Familie gegründet. Sein Sohn Griffin wird bald 3 und übt schon fleißig auf dem Minibike.
Fühlt sich Kenny also noch als Deutscher, oder wird er die amerikanische Staatsbürgerschaft annehmen? Vater Heiko Klepka erklärte im Interview mit SPEEDWEEK.com: «Man kann sich gar nicht vorstellen, was ein Deutscher für Probleme hat, die Staatsbürgerschaft zu behalten. Es ist brutal, was Kenny in Amerika durchmachen muss, um seine deutsche Staatsbürgerschaft zu behalten. Ich habe es schon zigmal gesagt: Er lebt dort drüben und wird dort akzeptiert und hat nur Ärger, die deutsche Staatsbürgerschaft zu halten. Das kann sich niemand vorstellen.»
Ken möchte also vorerst deutscher Staatsbürger bleiben. Zu Hause gab es in den letzten Jahren immer wieder Diskussionen wegen seiner (Nicht)-Teilnahme am Motocross der Nationen. Immerhin hatte er einen bedeutenden Beitrag zum historischen Sieg der deutschen Nationalmannschaft in Lommel 2012 geleistet. 2013 startete er für die Nationalmannschaft auf deutschem Boden, danach machte er sich aber rar und trat erst wieder 5 Jahre später in RedBud für Team Deutschland an.
«Die Teilnahme an einem Nationencross muss passen», gibt Heiko zu bedenken. «Es ist nicht so, dass die Hersteller wegen des Nationencross' Hurra schreien. Wenn ein Fahrer zum Beispiel gerade das Team wechselt, er aber in dem neuen Team noch nichts geleistet hat, ist das ein Problem. Das Team gibt Millionen für den Fahrer aus und er verletzt sich, so wie Kenny sich verletzt hatte und fällt vielleicht für ein ganzes Jahr aus.»
Die Entscheidung zur Teilnahme am MXoN ist also auch eine Teamentscheidung und die amerikanischen Teams haben ihrerseits ein Interesse, dass Team USA das prestigeträchtige MXoN gewinnt, denn es stärkt das gesamte Renommee der US-Liga. «Wie es aber ist, wenn du dich als Fahrer über Teamentscheidungen hinweg setzt, sieht man jetzt an der WSX. Hier hat Honda America Partei für die AMA ergriffen. Erst ist für den Sport nie Geld da. Jetzt gibt es mit der WSX eine zweite Meisterschaft, wo viel Geld ausgeschüttet wird und die AMA zieht nach. Plötzlich ist überall viel Geld da, jeder will noch mehr machen, aber alles findet auf dem Rücken der Fahrer statt.»