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BMW Dream Team: Mit 50 hat man noch Träume

Kolumne von Friedbert Holz
Vor 30 Jahren fand das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring statt. Aus diesem Anlass werfen wir einen Blick zurück auf einen ganz besonderen Einsatz und erinnern an das BMW Dream Team.

Da soll einer sagen, beim Bier würde nur Quatsch geredet: In der «Pistenklause», Nürburgring-Besuchern ein vertrauter Ort, trafen sich im Rahmen des 24-Stunden-Rennens 1993 in redseliger Laune drei gestandene Herren: Paul Rosche, Technischer Geschäftsführer der BMW Motorsport GmbH und besser bekannt als «Motorenpapst», der einstige Zakspeed-Formel-1-Rennstallbesitzer Erich Zakowski im (Un-)Ruhestand sowie Journalist Rainer Braun, Motorsport-Journalist und Streckensprecher.

Ein Thema war schnell gefunden: Die guten alten Zeiten. Also lag auch der gedankliche Weg zur Wiederbelebung einer netten Idee nahe: Wie wäre es denn, wenn acht ehemalige deutsche Motorsport-Größen, jede mindestens 50 Jahre jung, zusammen das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring fahren würden? Natürlich musste dafür ein Name her, bald hatte der Begriff «Dream Team Super Oldies» die Lufthoheit über dem Tisch dieser bierseligen Männer-Runde.

Nachdem Rosche, beflügelt durch das Einverständnis vom damaligen BMW-Entwicklungsvorstand Dr. Wolfgang Reitzle, den BMW-Rennleiter Karsten Engel zur Klärung aller Details beauftragt hatte, startete die Operation «Dream Team». Rosche ließ zwei BMW M3 GTR Gruppe A mit rund 350 PS aufbauen, Engel musste sich um Sponsoren-Geld und Organisation kümmern, und Schreiber Braun fiel die Aufgabe zu, potentielle Renn-Senioren für dieses automobile Abenteuer zu suchen.

Die Zusagen kamen prompt: Hubert Hahne, erster Tourenwagen-Fahrer, der in weniger als zehn Minuten einst die «Grüne Hölle» in einem BMW 2000 TI bezwungen hatte, der ehemalige BMW-Motorsportchef Jochen Neerpasch, die Rennfahrer Hans Heyer, Hans Weiss und Gerd Schüler, sowie die beiden Journalisten Karl Senne und Rainer Braun. Als «Sahnehäubchen» noch Leopold «Poldi» Prinz von Bayern – so lautete die Herrenmannschaft, die nun vor der Aufgabe stand, die beiden immerhin 260 km/h schnellen weißen Boliden erfolgreich ins Ziel zu bringen.

Erstes Wochenende im Juni 1994: Großer Medienrummel herrschte um das BMW «Dream Team». Besondere Aufmerksamkeit genoss dabei – höchst unfreiwillig – Hubert Hahne. Denn ihm folgte auf Schritt und Tritt ein Hüne von Mann, schwarz gekleidet und mit Zylinder auf dem Kopf. Auch Teamchef Rosche fiel diese sonderliche Gestalt auf, fragte mich, seinen Pressesprecher, nach dem Grund.

Ich hatte keine Erklärung, doch Streckensprecher Burkhard Bechtel aus dem Rheinland klärte auf: «Der schwarze Mann wird nach altem Brauch bei uns von Gläubigern als so genannte letzte Psycho-Maßnahme gegen hartnäckige Zahlungsverweigerer eingesetzt. Er spricht nicht mit dem Schuldner, verteilt aber dabei ständig Visitenkarten desjenigen, der ihn beauftragt hat.» Dieser Auftraggeber war kein Geringerer als der oftmalige Nürburgring-Rennleiter Peter Geishecker in der Hoffnung, etwas Spaß zu haben, sollte es schon nicht mit dem längst überfälligen Geld klappen.

Aber auch die Namen der übrigen Dream-Team-Truppe, die in einem großen Zelt außerhalb der Boxengasse werkelte, hatten ihren Klang. Neben Teamchef Paul Rosche arbeitete Erich Zakowski als Teammanager, als Chef-Zeitnehmer fungierten BMW-Marketingchef Karl-Heinz Kalbfell und Peter Falk, einst Porsche-Rennleiter.

Rennlegende Hans Herrmann und Opels ehemaliger Sportchef Helle Bein kümmerten sich um das Wohl der Piloten, unterstützt von Bernd Fischer mit seinem Feinkost-Mobil. Karl Klee von der BMW-Motorsportabteilung leitete die gesamte Organisation im Hintergrund, Richard Stolz vom Mitsponsor «Motorpresse Stuttgart» war der Medien-Manager.

Der Auftritt der acht reiferen Herren in ihren zwei hervorragend präparierten Autos blieb ein Hingucker im Fahrerlager. Zumal bei dieser Auflage des Langstrecken-Klassikers die schnellen GT-Autos verbannt worden waren, um den Zweiliter-Tourenwagen einmal Sieg-Chancen einzuräumen. Auf einem Werks-BMW saß, als weitere Attraktion, zudem ein ehemaliger Formel-1-Weltmeister: Nelson Piquet teilte sich das Cockpit mit seinem brasilianischen Landsmann Ingo Hofmann sowie den beiden Werksfahrern Altfrid Heger und Joachim «Jockel» Winkelhock. Sie fuhren prompt auf Pole-Position, wenngleich Piquet sich mit der nassen Fahrbahn ganz offensichtlich schwer tat.

Damit die ärztliche Betreuung stimmte, schaute hin und wieder BMW-Doktor Vincenzo Tota vorbei. Er hatte aber am Wochenende des 4./5. Juni 1994 auch noch die professionelle Mannschaft der bayerischen Marke zu betreuen, gleiches galt für Rennleiter Karsten Engel. Selbstverständlich war vor dem «Dream-Team»-Einsatz Testen angesagt, an drei Tagen hatten sich die Fahrer-Teams Heyer/von Bayern/Weiss/ Braun sowie Neerpasch/Schüler/Hahne/Senne an die Nordschleife und die Autos gewöhnen dürfen, dabei wurden erste Sätze der kostenlosen Dunlop-Reifen ausprobiert.

Zeittraining am Freitag: Nachdem einer der beim Foto-Shooting leicht ondulierten M3 wieder heil war, brachten Poldi und Heyer dieses Auto mit der Startnummer 6 auf den vierten Startplatz, Hubert Hahne konnte die Nummer 7 auf Position 12 stellen. Kaum war Poldi am Samstag gestartet, gings auch schon in die Leitplanken, die erste Reparatur wurde fällig. Das Wetter zeigte sich von seiner typischen Eifel-Laune, es stürmte und regnete in Strömen, nach acht Rennstunden lag Profi Poldi aber immerhin auf dem ersten Platz – doch leider nicht lange.

«Es hat mich in Aremberg erwischt, ich bin in die Leitplanken geflogen und wurde von dort, mit dem Dach nach unten, über die Strecke zurückgeschleudert», schilderte Poldi später seinen Abflug. Dabei traf er, welch’ ein Pech, beinahe den unter ihm durchfahrenden Joachim Winkelhock, hatte gerade noch dessen Scheibenwischer abgerissen. Dem etwas zu schnellen Bayern-Prinz war dabei die Hand gebrochen, seine teure Uhr war verschwunden, das Auto nur noch Schrott. Auch der Einsatz von Nummer 7 sollte nicht gut enden: Drei Stunden vor Rennende segelte sie ins Aus. Wenigstens retteten die Privatfahrer Karl-Heinz Wlazik, Frank Katthöfer und Fred Rosterg noch die BMW-Ehre und gewannen das 24-Stunden-Rennen – auf einem fast serienmäßigen Gruppe-N-M3.

Doch ein echter Racer wie Paul Rosche, der seine Wunden nach dem Rennen bei einem Weißbier kühlte, wollte deswegen nicht aufgeben. Und so versprach er für 1995 wieder einen BMW-Einsatz für schnelle Senioren, diesmal mit «Rallye-Professor» Rauno Aaltonen, Porsche-Testfahrer Günter Steckkönig und Gerhard Schüler auf einem BMW 320i. Das zweite Auto wurde bewegt von Hans Heyer, Rainer Braun und Klaus Fritzinger, einst zügig mit einem Rallye-BMW M1 unterwegs.

Das Training lief auch diesmal wieder gut, Paul Rosche kam zu mir ins BMW-Pressezelt und fragte: «Holz, wieso heuern wir eigentlich so teure junge Fahrer an, wenn Leute wie Hans Heyer genau so schnell fahren können?» Ich konnte ihm die Antwort damals (noch) nicht geben, doch der Verlauf des Rennens klärte dann manches. Erst flog Rauno Aaltonen am Schwedenkreuz ab, Hubert Hahne küsste die Mauer an der Breitscheid-Brücke, bei Hans Heyer platzte der Motor. Das 24-Stunden-Rennen aber wurde trotzdem von einem BMW 320i gewonnen: Alexander Burgstaller, Roberto Ravaglia und Marc Duez hießen die Profi-Sieger auf dem einzig noch verbliebenen Werksauto.

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