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50 Jahre R5-Cup: Ein vermeintlich hoffnungsloser Fall

Kolumne von Rainer Braun
​R5-Cup-Kurzgeschichten zum Staunen und Schmunzeln, Episode 3: Ein vermeintlich hoffnungslose Fall … Wie der «untalentierte» Volker Strycek zum R5 Cup-Doppelmeister und DTM-Champion wurde.

Eine der erfolgreichsten Motorsport-Karrieren hierzulande beginnt im März 1976 gar nicht so verheißungsvoll. Zum Pflichtlehrgang in Hockenheim für die Teilnehmer des Renault 5-Cups mit nationaler Lizenz, damals bei der Sportbehörde ONS (heute DMSB) noch unter dem Begriff «Ausweisfahrer» geführt, sind 50 Prüflinge angetreten.

Unter den zahlreichen R5-Neulingen findet sich auch der Name des 18-jährigen Volker Strycek auch Bochum, heute 66. Der ängstlich dreinblickende, bleiche Bub fällt nicht nur Renault-Sportchef Rolf Schmidt sofort auf. Auch die Instruktoren, u.a. Rolf Stommelen und Willi Kauhsen, haben angesichts der ersten Übungseinheiten so ihre Bedenken und teilen der Cup-Führung ihre Sorgen hinsichtlich des schüchternen Jungen mit.

Als offiziell von Renault beauftragter Verbindungsmann und Beobachterder «Fördergruppe Nachwuchs» bat mich Schmidt deshalb am Abend des ersten Lehrgangstags um meine Einschätzung in Sachen Strycek. Ich konnte den Eindruck der Instruktoren nur bestätigen. «Wir sollten ihn im Auge behalten», meinte der Renault-Sportleiter daraufhin mit ernster Miene, «ich glaube, der Junge ist restlos überfordert.» Prompt war Strycek dann auch einer der Ersten des neuen Jahrgangs, der seinen Fünfer aufs Dach legte.

Die folgenden Rennen brachten keine Besserung, unser Sorgenkind Strycek turnte irgendwo zwischen Platz 30 und 45 rum und empfand ganz offensichtlich mehr Angst als Freude im harten Rennbetrieb. Deshalb wurde dem armen Kerl in einem ernsten Gespräch nahegelegt, sich doch besser nach einer für ihn geeigneteren Sportart umzusehen und die Rennerei im eigenen Interesse bleiben zu lassen.

«Spielen Sie doch Fußball, Golf oder Tennis», ergänzte Schmidt und erwartete Unterstützung meinerseits. Ich nickte zustimmend und durfte Strycek wenig später ganz offiziell den Ausschluss aus der Junior-Fördergruppe wegen Bedenken um dessen Leib und Leben mitteilen. Der war restlos bedient und verließ den Ort der Demütigung tief enttäuscht. Der verkappte Rauswurf hat ihn wohl derart gewurmt, dass er sich gesagt hat: «So, jetzt erst recht, dem Schmidt und dem Braun werd‘ ich’s schon noch zeigen.»

Und dann begann die wundersame Wandlung des Volker Strycek. Schon ein Jahr später zeigte er sich erstmals in der Spitzengruppe und 1978 gewann er bereits die Meisterschaft der Nationalen Ausweisfahrer. 1980 setzte Volker noch einen drauf, siegte auch in der Wertung der Int. Lizenzfahrer und verließ den R5-Cup somit immerhin als Doppelmeister. Danach wechselte der Bochumer1981 für drei Jahre in den R5-Turbo-Europa Cup, wo er ebenfalls eine sehr respektable Figur im Schlagabtausch gegen ruppige Franzosen und Italiener abgab und 1983 unter den Top 10 der EM landete.

1984 folgte der mutige Einstieg mit einem BMW 635 CSi des Gubin-Teams in die gerade neu geschaffene DTM. Dass ausgerechnet Volker Strycek dann auch noch fast unauffällig zum Titelgewinn pirschte und damit als erster DTM-Champion in die Geschichte einging, hatte niemand auf der Rechnung – und gleichzeitig eine Riesenblamage für all jene, die ihn wegen angeblich fehlenden Talents wieder nach Hause schicken wollten.

Volkers ganz persönliche Genugtuung bestand darin, ausgerechnet mich am Jahresende als Moderator für seine DTM-Meisterfeier beim BMW-Händler Gubin in Bochum zu engagieren. Vor einem feixenden Publikum musste ich kleinlaut erzählen, wie sehr ich mich geirrt habe und was wir uns bei Renault für eine Fehleinschätzung geleistet hatten.

Zu Weihnachten gab‘s dann noch einen Nachschlag in Form spezieller Post von Volker – auf seinem DTM-Meisterposter hatte er handschriftlich einen auf sich bezogenen Kommentar geschrieben: «Lieber Rainer, in der Hoffnung, dass Du Dich noch häufig irrst». Eine nett verpackte Retourkutsche…

So ganz nebenbei sei noch erwähnt, dass Volker eigentlich gleich mehrere Mega-Karrieren im Motorsport hingelegt hat. So gelangen ihm nicht nur viele erfolgreiche Jahre mit BMW und Opel in der DTM und der Nürburgring-Langstrecken-Rennserie VLN/NLS (über 130 Klassensiege).Auch als Opel-Sportchef, Mitinitiator am Zustandekommen der neuen DTM und als Leiter des Performance Centers OPC hat der vermeintlich so untalentierte Volker Strycek beeindruckende Arbeit abgeliefert.

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