Marco Wittmann: So tickt der DTM-Champion
Marco Wittmann mit seinem Team
Den Begriff Eichhörnchen mag Marco Wittmann eigentlich nicht so gerne. Im Laufe der Saison wurde ihm dieser Spitzname zuteil. Man kann ihn durchaus negativ auslegen, weshalb er dem neuen DTM-Champion wohl auch nicht wirklich gefällt. «Ich denke, ihr könnt euch einen anderen einfallen lassen», lachte er, gab aber auch zu: «Es trifft schon zum Teil zu. Ich kann aber auch angreifen. Man muss einfach abwägen, was man aus seinem Paket machen kann.»
Das ominöse «Paket». Das Auto inklusive Setup also, das ihm sein Team zur Verfügung stellt, das er in Zusammenarbeit mit RMG auf seine Bedürfnisse abstimmt. Mit dem BMW-Team RMG hat er bereits den Titel 2014 geholt. Nach einem schwachen Jahr 2015 wurde im Winter viel analysiert, an den notwendigen Stellschrauben gedreht. Ob nun der Reifenmann, der Mechaniker oder sein Ingenieur - die Chemie stimmt. Seine Mannschaft sorgt dann auch dafür, dass das Setup seinen Vorlieben entspricht und seinen Fahrstil unterstützt.
Wittmann selbst hat sich verändert, zum Positiven. Er ist souveräner geworden, mit smarten Entscheidungen im Auto. Leidenschaft kombiniert mit kühler Taktik, zwischen vorsichtigem und klugem Abwägen und zielgenauer Kaltschnäuzigkeit. Wittmann ist kein jugendlicher Haudrauf, sondern ein gereifter Rennfahrer.
«Am Ende bin ich vielleicht cleverer. Zumindest gibt es in der DTM andere, die hitzköpfiger sind. Da waren Aktionen bei dem einen oder anderen dabei, die nicht notwendig waren. Ich kann auch attackieren, aber eben auch in gewissen Phasen auch zurückstecken und nicht immer den Kontakt suchen», sagte Wittmann.
Die Familie ist sein Rückzugsort, sein Halt und seine Stärke im Hintergrund. Die Menschen, die ihm am meisten bedeuten. «Familie war schon immer wichtig für mich. Sie lebt mit dem Motorsport von Kindesbeinen an», so Wittmann.
Sein Vater Herbert schraubte früher am Kart, seine Mutter Angelika hat gekocht und sein Bruder Nico die Zeiten gestoppt. Mit seiner besseren Hälfte Anna-Lena lebt er in Fürth zusammen. «Die volle Unterstützung ist da, ob in guten oder schlechten Zeiten. Man bekommt auch ehrliche Meinungen, die man sonst vielleicht nicht so bekommt. Es ist mein Rückzugsort, wo ich mich wohlfühle und Energie aufladen kann», so Wittmann.
Bodenständig wie er ist, hat er nicht nur die Mittlere Reife absolviert, sondern arbeitet als gelernter Karosseriebauer auch im elterlichen Betrieb mit. Schließlich konnte er ja nicht wissen, ob es was wird mit der Motorsport-Karriere. Und parallel lernte er dadurch auch Dinge wie Teamwork, Präzision und das technische Verständnis.
Seine Laufbahn hat wie bei vielen Rennfahrern im Kart begonnen, über die Formel BMW und Formula BMW Europe und der Formel 3 landete 2012 parallel zu Einsätzen im GT-Sport als Test- und Entwicklungsfahrer im Umfeld der DTM. 2013 stieg er komplett in die Tourenwagenserie ein: Rookie des Jahres sowie zweimal Meister in vier Jahren sprechen eine ebenso deutliche wie erfolgreiche Sprache.
Und jetzt in die Formel 1? Die Frage hört er nicht zum ersten Mal. «Es muss nicht immer die Formel 1 sein. Das Fahrerniveau ist in der DTM höher als in der Formel 1. Wenn ich die Situation mit den Paydrivern sehe, ist es schwierig», sagte er: «Ich finde es für die vielen Nachwuchstalente extrem schade, die alle Nachwuchsserien gewonnen haben und nicht hochkommen, weil sie die Kohle nicht haben. Das finde ich schade für den Sport.»
Welcher Spitzname darf es denn nun sein? «Mega Marco» wird er seit seinem Titelgewinn 2014 genannt. Zumindest bei BMW. Ob das wiederum der Konkurrenz gefällt, ist dann eine andere Frage.