Gerhard Berger: Der richtige Mann für die DTM?
Gerhard Berger
Gerhard Berger hat es am Montag selbst bestätigt: Der DTM-Dachverband ITR hat Gespräche mit dem Österreicher geführt, um ihn nach der geplanten Ablösung des bisherigen DTM-Chefs Hans Werner Aufrecht in die Führungsspitze einzubinden.
«Sie haben mich gefragt, was ich mache, und ob ich Interesse hätte. Ich habe gesagt, dass ich mir momentan nicht sicher bin, ob ich mich auf so ein Abenteuer einlassen möchte. Es gibt nichts wirklich Konkretes», sagte er den Kollegen von «Autosport».
Er wisse, dass es eine Möglichkeit gebe, aber er habe so viele andere Dinge auf seinem Schreibtisch, dass er gar nicht wisse, wo er anfangen solle, so Berger weiter: «Wir sind noch weit von einer Entscheidung entfernt.»
Ein Dementi ist das allerdings nicht, die Möglichkeit, dass Berger eine leitende Funktion in der ITR übernimmt, besteht weiterhin. Wäre Berger denn ein geeigneter Kandidat, um die DTM in eine bessere Zukunft zu führen? SPEEDWEEK.com zählt Punkte auf, die für Berger sprechen.
Erfahrung:
Der 57-Jährige übernahm nach dem Ende seiner aktiven Karriere in der Formel 1 bei BMW den Job des Motorsportdirektors und bereitete die Rückkehr der Münchner in die Motorsport-Königsklasse vor. 2003 stieg er aus, um 2006 wieder in die Formel 1 zurückzukehren, diesmal als Teilhaber (50 Prozent) des Toro-Rosso-Teams. 2008 gab er seinen Anteil an Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz zurück.
2011 übernahm er das Amt des Präsidenten der FIA Single Seater Commission. In dieser Funktion hatte er unter anderem Anteil an der Einführung der Formel-3-EM und der Gründung und dem Aufbau der Formel 4. Ende 2014 legte er sein Amt nieder. Grundsätzlich weiß Berger also, wie man eine Serie aufbaut oder weiterentwickelt.
Dazu ist er knallharter Geschäftsmann, er führt das Logistikunternehmen seines Vaters weiter. Im vergangenen Jahr handelte er zudem etwas überraschend Nico Rosbergs Vertrag bei Mercedes aus.
Die dafür nötigen Eigenschaften bekam er von seinem Vater mit, der «mit allem gehandelt hat», wie Berger mal verriet. Und mit jedem, auch mit seinem eigenen Sohn. An Weihnachten verglichen Vater und Sohn zum Beispiel ihre Jahresbilanzen. Berger war zwar nicht der erfolgreichste Fahrer seiner Ära, dafür aber nicht ohne Grund einer der Bestverdiener.
Nähe:
Eine gewisse Nähe zur DTM hat Berger auch, er müsste also nicht bei Null anfangen. Die goldene Ära kennt er aus eigener Erfahrung, er versuchte sich 1985 in einem BMW 635 CSi in der DTM. In den vergangenen beiden Jahren verfolgte er die DTM zudem sehr intensiv, da seit 2015 sein Neffe Lucas Auer in der Tourenwagenserie unterwegs ist.
Bergers Bestandsaufnahme: «Die DTM ist eine gute Plattform. Im Motorsport ist es ganz normal, dass die Dinge manchmal besser und manchmal schlechter laufen. Die DTM-Autos sind spektakulär. Es gibt drei starke Hersteller, und es wäre schön, wenn es sie noch eine lange Zeit gäbe.»
Name:
Keine Frage, Berger ist ein Name, der zieht, der Aufmerksamkeit generiert. Ein Typ, wie ihn auch das Fahrerfeld gut gebrauchen könnte. Er wäre nach außen das neue Gesicht der Serie, daneben scheut er sich auch nicht, die Dinge offen anzusprechen. So wie er das seit Jahren mit der Formel 1 macht, die er mal als «zu wenig emotional, zu technisch, zu kompliziert» bezeichnete.
Alles verbunden mit der Hoffnung, dass er nicht nur Vermittler zwischen den drei derzeit engagierten Herstellern Audi, BMW und Mercedes ist, sondern auch Reformer, der seine Ideen durchsetzt und erfolgreich die Fäden zieht. Sein über die Jahrzehnte aufgebautes Netzwerk sollte ihm dabei hilfreich sein.
Ideen:
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Aufrecht war seit 1986 an der Spitze der DTM, er hat sicherlich viel bewegt. Doch in den vergangenen Jahren bewegte sich in der Tourenwagenserie zu wenig, um wichtige Schritte nach vorne zu machen. Stattdessen ging es mal seitwärts und auch rückwärts.
Neue Köpfe bringen automatisch frischen Wind, frische Ideen, schlagen einen neuen Ton an, eine neue Richtung ein. Berger würde einen neuen Blick von außen in die Arbeit mit einbringen und könnte im Idealfall verkrustete Strukturen aufbrechen und festgefahrene Entwicklungen vorantreiben.