Alex Zanardi: Die bittere Seite der Geschichte
Alex Zanardi
Alex Zanardi kennt seine Pappenheimer. Klar, nach all den Jahren ist das auch kein Wunder. Und wenn man beide Beine verloren hat und trotzdem unvorstellbare sportliche Leistungen vollbringt, dann legt man halt selbst die Latte sehr hoch. Die Vorfreude bei ihm ist riesig, und nicht nur bei ihm.
Am Mittwoch stimmte er seine Landsleute auf seinen Gaststart in der DTM ein. Nach einem 30-minütigen Live-Interview, das von dem italienischen DTM-TV-Partner Sky Italia ausgestrahlt wurde, und weiteren Interviews mit zahlreichen lokalen Medienvertretern, trat Zanardi vor einen Konzert auf der Bühne des landesweiten Radiosenders Deejay am Strand von Riccione auf – einem Urlaubsort nur einen Steinwurf von Misano entfernt.
«Ich bin von dem Zuspruch meiner Landsleute überwältigt», war der Italiener vom Feedback der rund 1.500 Zuschauer angetan. «Meine Geschichte scheint viele Menschen zu berühren. In einer Zeit, wo es vornehmlich Bad-News in die Schlagzeilen schaffen, ist es schön zu sehen, dass meine positive Lebensgeschichte für so viel Aufmerksamkeit sorgt.»
Immer wieder streut er bei seiner Pressekonferenz am Freitag in Misano Scherze ein. Die Aufmerksamkeit sei groß, «weil sie mich noch nicht haben fahren sehen. Hoffentlich ändern sie danach ihre Meinung nicht».
Zanardi weiß das Interesse zu schätzen, will seine Rolle aber nicht Inspiration, sondern Referenzpunkt nennen. «Egal, was im Leben passiert: Du kannst immer neu starten und deine Vorteile daraus ziehen, was passiert ist, das als Möglichkeit sehen. Wie bei mir, denn ich mache all diese Dinge heute wegen dem, was passiert ist. Sonst hätte ich das alles nie gemacht, wie die Paralympics», so der Italiener, der betont, er sei gar nicht so speziell. Er sei sehr dankbar, dass er so gesehen werde. Aber: «Ich habe viele Menschen getroffen, die noch stärker sind als ich. Ich verdiene die ganze Aufmerksamkeit eigentlich gar nicht.»
Doch da wäre dann noch «die bittere Seite der Geschichte», wie Zanardi es selbst nennt. «Ich bin hier kein Lehrer, sondern Schüler. Es fühlt sich etwas seltsam an, in meinem Alter ein Rookie zu sein», meinte der 51-Jährige.
Doch da er vor allem ein sehr erfolgreicher Sportler ist, sind die Erwartungen beziehungsweise Hoffnungen dementsprechend. Doch er weiß, dass er gegen 18 andere Profis antritt. Seine Testfahrten verliefen in Vallelunga bestens, mit Rennsimulationen, Longruns und rund 300 Runden. Das ist aber auch schon alles. «Es kommt auf Perfektion an, exzellent zu sein, denn gut alleine reicht nicht. Ich kann nicht erwarten, exzellent zu sein. Man muss einräumen, dass die Wetten eher gegen mich stehen, wenn es um ein gutes Resultat geht. Aber warum nicht träumen?», so Zanardi.
Er weiß, wie seine Landsleute ticken: «Wenn ich hier aufs Podium fahren würde, was unrealistisch ist, dann würden die italienischen Fans sagen: „Nicht schlecht, das ist ein guter Start. Dann wird er wohl am Sonntag gewinnen!“ Ich bin einfach sehr glücklich und das werde ich auch sein, wenn ich am Ende Letzter oder Vorletzter werde.»