Formel 1: Abschied in der Unterhose

Mercedes-Sorgenkind: Was wird aus Pascal Wehrlein?

Von Andreas Reiners
Pascal Wehrlein

Pascal Wehrlein

Pascal Wehrlein hat den DTM-Titel abgehakt. Sein großes Ziel hat der Mercedes-Fahrer aber noch nicht aus den Augen verloren. Welche Möglichkeiten hat der 23-Jährige?

Pascal Wehrlein kann nur schlecht vergessen. Rennen wie in Budapest, als er beste Chancen auf seinen ersten Sieg seit seiner Rückkehr in die DTM hatte, die jedoch durch den Regen und das Chaos in der Boxengasse mit drei Unfällen und dem Rennabbruch zunichte gemacht wurden.

Wehrlein ist einer, dem so etwas lange nachhängt. Der Ehrgeiz halt. Wehrlein hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass der Charakterzug bei ihm extrem ausgeprägt ist. Für einen Rennfahrer ist das sicher nicht die schlechteste Charaktereigenschaft, auch wenn sie ihm nicht überall Sympathien einbringt.

Man kann durchaus sagen, dass der Deutsche polarisiert, was vor allem an seinem Meisterjahr 2015 liegt, als er mit dem «Schieb-ihn-raus»-Skandal, Zoff mit Audi und Timo Scheider und streitbaren Funksprüchen für Schlagzeilen sorgte.

Damals stand er als Aufsteiger im Fokus, wurde der jüngste DTM-Champion in der Geschichte der Serie, mit 20 Jahren. 2018 machte er den Schritt zurück in die DTM, um sich zu empfehlen, am besten für ein Comeback in der Formel 1. Nach sechs Rennwochenenden ist klar: Wehrlein muss für den Rest der Saison den Wasserträger für die Mercedes-Titelkandidaten spielen, Tabellenführer Gary Paffett (177 Punkte) und der Zweite Paul di Resta (148) sind enteilt, Wehrlein ist nur Gesamtsiebter mit 84 Zählern, Mercedes-intern auch nur besser als Daniel Juncadella.

«Wäre nicht in dieser Position»

«In der DTM ist es so, dass man den besser platzierten Teamkollegen irgendwann helfen muss. Ich weiß aber, dass ich nicht in dieser Position wäre, wenn die Saison normal verlaufen wäre», sagte er Auto Bild Motorsport. In der Tat lief bei ihm eine Menge schief. Das besagte Budapest-Rennen, dazu der Norisring, wo sein Auto als einziges von Mercedes gar nicht lief. Warum? Wissen sie bis heute nicht. Verpatzte Boxenstopps kosteten ihn ebenfalls Punkte. Und damit auch eine intern bedeutendere Rolle. Und auch er selbst kann Dinge besser machen. «Beim Setup kann ich noch mehr Risiko eingehen. Mir fehlen in einigen Fällen die Referenzdaten aus dem Vorjahr, deshalb tue ich mich da noch etwas schwer. Und auch im Qualifying habe ich noch Luft nach oben.»

Grundsätzlich zufrieden ist Wehrlein mit sich schon: Er hat bewiesen, dass er schnell ist. Er hat sich schnell wieder an die DTM und den Mercedes gewöhnt. Ihm reicht das aber natürlich nicht, er wollte um den Titel fahren. Doch wenn es nicht läuft wie gewollt, muss man die Ziele neu ausrichten. Gesamtdritter ist jetzt das, was es am Ende noch werden kann und soll.

Wichtiger noch: Endlich wieder ein paar echte Highlights setzen. Sprich: Siege feiern. Denn an einem Ziel hat sich weiterhin nichts geändert: «Mein Ziel ist die Formel 1, das hat für mich oberste Priorität und ich werde dafür auch alles geben. Klar gibt es Wunschvorstellungen. Mal sehen, was in den kommenden Wochen passiert. Die werden sehr interessant und wichtig.» Wichtig dabei: «Ich habe im Moment keinen Vertrag für nächstes Jahr.» Heißt: Mercedes kann nicht mehr über seine Zukunft bestimmen.

Fest steht: Der überraschende Wechsel von Daniel Ricciardo von Red Bull zu Renault hat in der Formel 1 für Wirbel gesorgt. Und für ein Stühlerücken: Red Bull hat Pierre Gasly von Toro Rosso befördert. Beim Schwesterteam ist somit ein Platz frei. Red-Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko bestätigte bei ServusTV, dass man bis Monza, also bis Anfang September, einen Nachfolger präsentieren wolle.

Gespräche will Wehrlein nicht bestätigen. Er weiß aber, dass er in einem Toro Rosso mehr zeigen kann, was er drauf hat, als 2016 und 2017 bei den Hinterbänklern von Manor und Sauber. «Man möchte immer in ein konkurrenzfähiges Team. Je konkurrenzfähiger, desto besser für den Fahrer.»

Wehrlein weiß, dass er den Sprung schaffen kann

Wehrlein will es jetzt wissen: «Ich bin motivierter als je zuvor, ich bin reifer, besser trainiert und ehrgeiziger. Und hoffentlich auch schneller als früher.» Seit 2012 wird er von Mercedes gefördert. Vielleicht wäre der Schritt weg tatsächlich der richtige, um auch in seiner Karriere den nächsten Schritt zu machen. Wehrlein: «Es geht darum, was für einen selbst Priorität hat. Und das ist die Formel 1. Dafür habe ich mit dem Motorsport angefangen. Davon träume ich, seit ich ein kleiner Junge bin. Deswegen würde ich gern zurück. Und ich weiß, dass ich den Sprung schaffen kann.»

Seine Devise: «Man muss proaktiv sein. Man sollte nie warten, bis das Glück zu einem kommt, sondern es in die eigene Hand nehmen. Man muss immer das Gefühl haben, dass man alles gegeben und versucht hat. Dann kann man sich keine Vorwürfe machen. Ich werde auf der Strecke versuchen, mit guten Resultaten auf mich aufmerksam zu machen. Ich bin offen für Gespräche und versuche natürlich auch, meine Zukunft selbst zu beeinflussen.»

Für 2019 gibt es aber auch andere Optionen. Weil in Saison fünf (2018/19) bereits HWA in die Formel E einsteigt, ehe Ende 2019 auch das Werksteam folgt, liegt die Elektroserie als Alternative nahe.

Wehrlein wird sich bald ein Bild von den Elektrorennern machen, absolviert Testfahrten. «Um zu wissen, wie es sich anfühlt und ob ich mir das grundsätzlich vorstellen kann», sagt er. «Mein liebstes Ziel, mein Plan A ist die Formel 1. Klappt das nicht, ist alles eine Option. Ich bin sicher niemand der mit Scheuklappen durch die Welt läuft.»

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