DTM-Chef Aufrecht: Mehr Kämpfe Mann gegen Mann
DTM-Chef Hans Werner Aufrecht
Wie beurteilen Sie im Rückblick die DTM-Saison 2013? Was bleibt für Sie als Erstes aus diesem Jahr hängen?
Ich glaube, wir haben fantastischen Sport gezeigt. Das sagen wir zwar oft, aber in diesem Jahr war vieles anders. Die Einführung des DRS-Flügels und der Options-Reifen hat das ganze Thema viel farbiger gemacht. Es gab viele Überholvorgänge, viele spektakuläre Szenen. Sicher hat es nicht auf allen Rennstrecken optimal funktioniert, aber der Ansatz war richtig. Ich bin stolz, dass es so geklappt hat und die Fahrer es umsetzen konnten.
Das Saisonfinale in Hockenheim war äußerst spektakulär, in diesem Rennen war alles drin. Ist das die Messlatte für die Zukunft?
Wir haben in Hockenheim schon viele spannende Rennen erlebt, aber das letztjährige Finale war der Anlass für uns, zu überlegen, was wir ändern müssen. Dieses Mal hat der Regen dafür gesorgt, dass wir ein Grip-Level hatten, bei dem die Fahrer tatsächlich zeigen konnten, was Fahrzeugbeherrschung ist. Ich muss sagen, dass ich von allen Fahrern begeistert war. Es war ein absolut faires Rennen und eines der dramatischsten, das wir je hatten. Deshalb kann der Weg für die Zukunft nur in die Richtung gehen, den Grip der Autos zu verringern, damit die Fahrer wieder zeigen können, was sie drauf haben, und sie nicht einfach wie Maschinen um die Kurven fahren.
Hat es Sie besonders gefreut, dass Timo Glock, der als Zugpferd in die DTM gekommen ist, aber dann einige Umstellungsschwierigkeiten hatte, mit seinem ersten DTM-Sieg in Hockenheim gezeigt hat, was er wirklich kann?
Das Thema Formel-1-Fahrer wird meiner Ansicht nach oft etwas despektierlich behandelt, dass einige Herren bei uns nur ihr Rentner-Dasein fristen wollen. Das stört mich. All diese Jungs wollen ihr Bestes geben und alles erreichen, stellen dann aber plötzlich fest, dass sie in der DTM vor einer ganz neuen Aufgabe stehen und vielleicht zunächst nicht wissen, wie sie diese lösen sollen. Leute wie Timo Glock, die daran aber arbeiten und kämpfen, die werden sich durchsetzen. Gute Leute schaffen das, denken wir an Jean Alesi oder Mika Häkkinen. Manche haben vielleicht zu früh aufgegeben, aber die Guten setzen sich überall durch. Timo Glock hat das in Hockenheim bewiesen.
Die DTM hat 2013 in zehn Rennen 705.500 Zuschauer an den Rennstrecken fasziniert, eine beeindruckende Zahl, aber auch leicht unter der Rekordmarke des Vorjahres nach der BMW-Rückkehr. Was ist der Schlüssel dazu, so viele Menschen vor Ort zu begeistern - denn diese Zahl liegt trotz des leichten Rückgangs sehr deutlich über den Werten von 2010 und 2011?
Der Einstieg von BMW hat im vorigen Jahr sicher für einen Boom gesorgt. Aber ich bin dennoch nicht zufrieden, weil in diesem Jahr die Lesbarkeit unserer Rennen gelitten hat. Für mich ist der entscheidende Schlüssel, um dieses Niveau zu halten oder zu verbessern, wieder mehr Kämpfe Mann gegen Mann zu zeigen. Das ist es, was die Zuschauer fasziniert - und nicht irgendwelche Strategieduelle ohne direkten Kontakt zum Gegner.
Gibt es für Sie ‚Wunsch-Fahrer’, die Sie gerne in diesen Duellen Mann gegen Mann sehen würden?
Es ist absolut richtig, dass wir auch Namen in der DTM brauchen. Wie sollen sich Fahrer wie Roberto Merhi oder Marco Wittmann profilieren, wenn sie auch nicht die großen Stars schlagen. Das ist für mich der einzige Weg, sich selbst einen Namen zu machen. Wenn wir es schaffen, dass wir große Namen und tolle Youngster haben, dann ist das die Mischung, die die DTM braucht.
Die Zeit bis zum Saisonstart 2014 überbrücken dann alle mit der DTM Experience, dem neuen DTM-PC-Spiel …
Das ist für unsere Fans eine Riesen-Geschichte. Sie können damit am Computer echte Rennen fahren und ganz dicht an der DTM dran sein. Ich bin sicher, dass die Fans das annehmen werden. Schließlich sind selbst unsere Fahrer von den Möglichkeiten und der Realitätsnähe der DTM Experience absolut begeistert.
Zum Abschluss: Wie beurteilen Sie die Saison von Mike Rockenfeller, der sich zum ersten Mal den Titel des DTM-Champions geholt hat?
Diese Saison ist dabei für mich sogar ein bisschen zu kurz gedacht. Ich glaube, Mike Rockenfeller hat genau das bewiesen, was in der DTM wichtig ist. Er hatte einen tollen Start in der Serie, danach aber verschiedene Phasen, in denen es nicht ganz so gut für ihn lief. Da hat sich Mike Rockenfeller aber in einer beeindruckenden Art durchgebissen und nie den Glauben an sich selbst verloren. Deshalb ist er ein verdienter und absolut würdiger DTM-Champion. Er hat große Konstanz bewiesen, und ich glaube, seine Vergangenheit war die Basis für einen Erfolg in diesem Jahr.