DTM-Reglement: Sensibel an den Schrauben gedreht?
In dieser Saison gibt es nur noch einen Pflichtstopp
Ein verkürztes Qualifying ohne Shootout der vier besten Fahrer, nur noch ein Pflichtstopp und Performance-Gewichte. Nach der Einführung von DRS und den Optionsreifen im vergangenen Jahr erneut ein Einschnitt. Für mehr Ausgeglichenheit und Übersichtlichkeit, wie die Verantwortlichen unisono betonen.
«Jedes Reglement benötigt eine beständige Pflege. Wir haben in der vergangenen Saison gesehen, dass die Rennen für den Zuschauer nicht mehr so lesbar waren. Die Überholvorgänge sind uns etwas zu gut gelungen. Wir brauchten einen Experten für den Experten, um zu wissen, wie der Stand ist», so Aufrecht. In der vergangenen Saison hatten zwischenzeitlich sogar die Piloten den Überblick verloren, wer im bereinigten Feld, sprich nach den bislang zwei Pflichtstopps, wo liegt.
«Die Änderungen sind auch wichtig, damit die Taktik der Ingenieure nicht mehr so aufgeht, sondern der Fahrer die Taktik bestimmt», erklärte Aufrecht. Damit meinte der DTM-Chef in erster Linie die Reduzierung auf nur noch einen Pflichtboxenstopp, der im zweiten Renndrittel absolviert werden muss sowie die auf 50 Prozent des Rennens begrenzte Nutzung der Options-Reifen.
Jeder soll um den Sieg fahren
Durch die Performance-Gewichte soll die Ausgeglichenheit der DTM gewährleistet bleiben. Gleichzeitig soll so aber auch verhindert werden, dass es durch nur noch einen Stopp zu Kolonnenfahrten wie in der Vergangenheit kommt. «Wir wollen ein Feld haben, das zusammen ist. Und dass keiner weg- oder hinterherfährt. Jeder soll um den Sieg fahren können», so Aufrecht.
Durch die verkürzte Sendezeit beim Qualifying musste ebenfalls eine Lösung her. 2014 dauert die Zeitenjagd nur noch 50 statt 70 Minuten, Q4 fällt deshalb weg. Hier war die Formel 1 Vorbild, die in drei Quali-Abschnitten die Pole ermittelt. Im letzten Abschnitt werden in der DTM acht Piloten um die Pole Position kämpfen.
«Ich denke, dass wir ein gutes Ergebnis haben. Wenn es aufgeht, werden wir wieder lesbare Rennen haben», sagte Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich. Die Bedürfnisse der Zuschauer mit einbezogen werden, betonen die Verantwortlichen immer. Daran habe man sich jetzt auch orientiert, unterstrich BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt. In der vergangenen Saison hatte beispielsweise der Wegfall des Freitagstrainings für Unmut bei den Zuschauern gesorgt.
«Der Fan steht im Vordergrund. Ich denke, dass wir uns Jahr für Jahr dem Optimum nähern. Man weiß es vorher natürlich nie, aber ich denke, dass wir den nächsten Schritt gemacht haben», so der BMW-Boss. «Ich denke, dass wir sensibel an den richtigen Schrauben gedreht haben, um eine spannende Serie und spannende Rennen zu liefern. Im letzten Jahr ist es dann doch ein ganz klein wenig zu strategisch geworden», sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.
Zusatzgewicht als Strafe
Ob die DTM diesmal den Nerv der Fans getroffen hat, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen. Denn viele Piloten empfinden vor allem die Zusatzgewichte als Strafe. Hinzu kommt, dass aufgrund der Änderungen im Jahrestakt die Kontinuität fehlt. «Ich verstehe die Gründe hinter der Regel nicht ganz, aber ich denke, es macht keinen großen Unterschied», so Paffett zu den Gewichten, die je nach Leistung der Hersteller be- oder entladen werden. Es gebe grundsätzlich sehr viele Regulierungen. «Als Fahrer möchtest du dich frei fühlen, um die Strategie anzuwenden, die du möchtest und einfach versuchen die beste Rennperformance zu zeigen, die du kannst. Aber es ist wie es ist, wir müssen Boxenstopps machen», erklärte der Brite.
Auch die neue Regel, dass nur noch höchstens 50 Prozent des Rennens auf dem schnelleren Optionsreifen gefahren werden darf, hält er für streng. «So werden wir möglicherweise gezwungen, eine Strategie zu fahren, die eigentlich nicht optimal ist. Das ist kein ideale Situation», so Paffett.
Wir haben weitere Stimmen zu den Regeländerungen gesammelt:
Daniel Juncadella: «Wir werden sehen, wie es funktioniert oder wie sich das Feld ändert. All diese kleinen Änderungen sind interessant und machen es spannend. In den vergangenen beiden Jahren waren die Änderungen immer positiv: Optionsreifen, DRS, alles sehr positive Änderungen. In der vergangenen Saison hatten wir in ein paar Rennen eine harte Zeit und nicht den richtigen Weg gefunden. Das kann auch in diesem Jahr passieren bei einer Marke und für das nächste Rennen hast du durch das Gewicht einen kleinen Vorteil.»
Bruno Spengler: «Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin gegen das Gewicht. Wenn ein Fahrer eine Performance herausgearbeitet hat über die Zeit, dann hat er es auch verdient zu gewinnen. Ich würde das nicht fair finden, ihn mit Gewicht zu bestrafen. Wenn im Fußball jemand gut spielt, bekommt er auch kein Gewicht auf seine Füße, um ihn schlechter zu machen.»
Augusto Farfus: «Es gibt so viele Änderungen. Deshalb habe ich noch nicht so viel Energie darauf verwendet, alles komplett zu verstehen. Die Leute, die die Regeln machen, wissen, was sie tun. Wir haben auch schon oft diskutiert, die Stopps komplett zu öffnen wie in der Formel 1. Es geht in der DTM auch immer darum, eine gute Show zu liefern. Was die Pflichtboxenstopps betrifft, sind das aber zwei Seiten: Vielleicht sind die Rennen für die Fans nun besser zu verstehen, möglicherweise dafür aber auch langweiliger. In der DTM ist es nicht einfach zu überholen. Natürlich fahren dann alle Autos zusammen, aber wie viele Überholmanöver sieht man, wenn alle auf dem gleichen Reifen unterwegs sind? Es geht um die Balance. Es ist schwer zu sagen, welcher Weg der Richtige ist. Ich habe die Regeln vom letzten Jahr sehr gemocht. Im letzten Jahr war die Show gut.»
Timo Scheider: «Das sind Dinge, die die Szene interessiert. Ob das über die Grenzen hinaus die Leute interessiert, weiß ich nicht. Wir dürfen nicht alles schlechtreden. Wir haben eine Weltklasse-Meisterschaft mit Potenzial. Am Ende ist die Frage: Wie macht man das Beste daraus? Dass man es nicht jedem recht machen kann, ist auch klar. Man muss auch mal die Ohren offen haben für Meinungen und Kritiken von Fans und Menschen, die nicht die Marketingbrille eines Herstellers auf haben. Und damit probieren, eine Veränderungen reinzubringen.»
Mattias Ekström: «Meine persönliche Meinung hat ja eh keinen Einfluss darauf. Ich bin einer, der das Reglement liest und es wie alle anderen befolgt. Ich folge ihm so gut es geht zu meinem Vorteil. Es ist egal was ich sage, das Reglement würde eh nicht geändert werden. Ich spare mir die Energie.»
Mike Rockenfeller: « Wenn es besser ist für die Zuschauer, dann ist es gut. Wenn es nicht besser ist, ist es schlecht. Man muss jetzt auch mal abwarten, ob es denn den Effekt hat, den man sich davon auch verspricht. Ich finde grundsätzlich gut, dass man versucht, da was zu tun und einzugreifen. Das Gewicht hatten wir schon. In einer anderen Form, etwas, aber im Prinzip gab es das schon. Es gab auch schon ein eingeschränkteres Boxenstoppfenster. Jetzt haben wir einen Boxenstopp, das ist neu. Aber das ist jetzt auch nicht so, dass man sagt, das Rad ist jetzt neu erfunden. Aber ich glaube, man reagiert. Wir haben immer noch zwei Reifenmischungen, man kann immer noch versuchen, da einen Unterschied zu machen. Es wird sicher interessant für alle, weil es eine neue Herausforderung wieder ist, damit umzugehen.»
Jamie Green: «Ich bin mir nicht sicher, ob die Ein-Stopp-Regel so gut für die Show ist. Es könnte ein bisschen vorhersehbar werden. In der Vergangenheit hatten wir Rennen, in denen wir einfach nur den anderen sehr lange hinterhergefahren sind. Allerdings hatten wir damals kein DRS, aber auch damit wird es schwierig werden zu überholen. Ich mochte die Strategie des letzten Jahres, denn da gab es so viele verschiedene Wege, um ein spannendes Rennen zu fahren und jetzt gibt vielleicht zwei Optionen. Ich denke, es könnte ein bisschen langweilig beim Zuschauen werden. Aber du musste es dem normalen Fan auch verständlich machen. Und ich denke, das war letztes Jahr das Problem. Ich verstehe, warum sie es geändert haben, aber irgendwie denke ich, dass es eine Überreaktion war, wenn es darum geht, es etwas einfacher zu machen.»