24h Spa: David gegen Goliath in den Ardennen
Die Vorjahressieger Vanthoor/Rast/Winelhock starten nun bei WRT
Die Kleinen kämpfen gegen die grossen Werksteams: Bei den 24h von Spa am kommenden Wochenende fordern Lamborghini, McLaren, Bentley und Nissan die GT3-Platzhirsche Audi, BMW und Mercedes heraus. Auf den ersten Blick wirkt das Rennen in den Ardennen wie eine Neuauflage der 24h Nürburgring. Audi und BMW sind die Favoriten auf den Gesamtsieg in Spa, nur ist dort die Schar der Nebendarsteller ist dem 58 Fahrzeuge starken Feld deutlich grösser. Im vergangenen Jahr lag BMW in Spa sieben Sekunden hinter Audi, am Nürburgring zuletzt nach 24-Stunden 40 Sekunden – das lässt auch in diesem Jahr in Spa auf Spannung bis Sonntagnachmittag hoffen.
Nach dem 24h-Rennen in der Eifel ist Audi mit dem neuen R8 LMS der grosse Favorit in Spa. Gleich vier neue R8 der Vorjahressieger von Phoenix (Lotterer/Fässler/Rockenfeller und Thiim/Mamerow/Mies) und WRT (Vanthoor/Rast/Winkelhock und Stippler/Ortelli/N. Müller) schickt Audi ins Rennen, zur Sicherheit sind auch noch zwei stark besetzte R8 der aktuellen Generation von WRT (Frijns/Vernay/Richelmi) und Sainteloc (Basseng/Sandström/Guilvert) am Start. In den bisherigen Rennen der Endurance Series und beim Testtag wusste Audi das Potenzial des neuen R8 noch zu verschleiern und auch vor dem Rennen spielt man in Ingolstadt die Chancen herunter.
«Die Rennen in Spa und am Nürburgring sind nicht vergleichbar. Die 24 Stunden von Spa zählen zur Blancpain Endurance Series, in der eine andere Einstufung gilt als auf dem Nürburgring», sagt Audi-Kundensportchef Romolo Liebchen. Nicht nur die Einstufung ist 120 km westlich vom Nürburgring anders, anstelle von Michelin-Entwicklungsreifen rüstet in Spa Pirelli das gesamte Feld mit normalen Kundenreifen in zwei unterschiedlichen Mischungen aus. Die Audi-Gegner spekulieren auf Technikärger beim R8. Bei Tests soll der R8 der zweiten Generation das eine oder andere Getriebe konsumiert haben. Am Nürburgring ging zwar alles glatt, doch in Spa sind die Belastungen auf den Antriebsstrang höher als in der Eifel.
Für BMW ist Spa die letzte Chance die maue Erfolgsbilanz des seit 2010 eingesetzten Z4 GT3 aufzupolieren. MarcVDS, am Nürburgring und in Spa scheinbar mittlerweile ewige Zweite, soll es mit Martin/Farfus/Werner und Luhr/Palttala/Catsburg richten. Für den Z4 GT3, der bei den grossen GT3-Events eine ernüchternde Erfolgsbilanz hat, ist es die finale Chance im letzten internationalen Rennen einen Sieg zu holen. BMW ist mit 21 Siegen die erfolgreichste Marke in Spa, doch der letzte Sieg der Bayern in Belgien datiert auf 1998, seit dem Beginn der GT-Ära in Spa 2001 ist BMW dort ohne Erfolg.
Neben den beiden belgischen Z4 GT3 schickt BMW über das Team von Roberto Ravaglia das Star-Trio Alex Zanardi, Timo Glock und Bruno Spengler in die Schlacht, doch die BMW-Asse müssen erst noch beweisen, mehr als ein Marketing-Gag zu sein.
Mercedes ist wie üblich nicht werksseitig vertreten, Black Falcon und Rowe halten den Stern hoch. Nominell die besten Chancen hat Black Falcon mit dem Trio Nico Verdonck/Adam Christodoulou/Andreas Simonsen. Rowe hält mit Dontje/Jäger/Sylvest und Bastian/Dusseldorp/Juncadella dagegen.
Verteufelt schnell sind Lamborghini, McLaren und Nissan – alle drei Hersteller haben in diesem Jahr bereits Läufe der Endurance Series gewonnen. Den Beweis, ein 24-Rennen durchzustehen, müssen aber alle Drei noch liefern.
Nissan hat nur einen GT-R (Reip/Buncombe/Chiyo) in der Pro-Klasse, Lamborghini beeindruckte mit schnellen Zeiten des Huracán beim Vortest, startet aber erstmals in seiner Geschichte werkseitig bei einem 24-Stunden-Rennen. McLaren hat schnelle Fahrer (Estre/Bell/van Gisbergen und Senna/Quaife Hobbs/Parente) und ein schnelles Auto, allein fehlt das Vertrauen in die Dauerhaltbarkeit der Technik bei den Briten.
Deutlich besser ist da Bentley aufgestellt. Der Continental GT3 ist sicherlich noch nicht so aussortiert wie die deutsche GT3-Konkrrenz, hat aber immerhin schon einen Spa-Auftritt aus dem vergangenen Jahr hinter sich. Der VW-Tochter ist am ehesten zuzutrauen, über die Distanz an der Spitze mitzumischen. Neben den Werks-Bentley (Smith/Kane/Meyrick und Buhk/Soulet/Soucek) startet HTP (Parisy/Abril/Primat) mit einem Continental GT3 in der Pro-Klasse und die Mannschaft um Norbert Brückner und Gerhard Ungar hat schon auf dem 24h Nürburgring und zuletzt in Le Castellet bewiesen, der Werksmannschaft in nichts nach zu stehen.
Teams aus der Pro-Am-Klasse, in der sich einige prominente Namen wie Bernd Schneider (Black Falcon), Stefan Mücke (Leonard AMR), Gianmaria Bruni (AF Corse), Dirk Müller (Tripple 8) oder Andrea Piccini (Kessel Racing) tummeln, haben keine reelle Chance auf den Gesamtsieg. Den die Bronze und Silber-Fahrer aus der Pro-Am-Klasse müssen mindestens sechs Stunden im Cockpit sitzen und davon mindestens eine Stunde in jedem Rennviertel, das vereitelt die Chance auf einen Gesamt-Podiumsplatz.
Wie üblich in Spa funktionieren die klassischen Langstreckentugenden wie geringerer Spritverbrauch und Doppelstints auf einem Reifensatz nicht. Die Stintlängen sind auf 65 Minuten limitiert, das egalisiert den Spritverbrauch.
Bei den Einheitsreifen von Pirelli sind Doppelstints nur in den frühen Morgenstunden bedingt möglich. Deutlich wichtiger wird da in Spa, wer seine Bremse schnell tauschen kann.
Dafür lauern in Belgien andere Tücken: Safety-Car-Phasen und eine launische rote Ampel an der Boxenausfahrt haben in den vergangenen Jahren schon so manche Strategie versaut, dazu kommen in diesem Jahr noch slow zones als neue Komponente – vom Wetter ganz zu schweigen.